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Wann muss ein Unternehmen Insolvenz anmelden

Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung, Frist

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Pflicht und Recht zur Insolvenzanmeldung

Jeder Einzelunternehmer bzw. jedes vertretungsbefugte Organ bei Gesellschaften ist gesetzlich verpflichtet, ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim örtlich zuständigen Landesgericht (in Wien beim Handelsgericht) zu stellen.

Vertretungsbefugte Organe sind bei

der/die unbeschränkt haftende(n), vertretungsbefugte(n) Gesellschafter, bei

der/die handelsrechtliche(n) Geschäftsführer, bei

  • Aktiengesellschaften

der Vorstand.

Kapitalgesellschaften sind auch bei Eintritt der Überschuldung zur Antragstellung verpflichtet. Auch jeder Gläubiger kann einen solchen Antrag stellen.

Frist für die Insolvenzanmeldung

Die Insolvenz muss ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber binnen 60 Tagen nach Eintritt der Voraussetzungen beantragt werden.

Schuldhaft verzögert ist der Antrag dann nicht, wenn die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung sorgfältig betrieben worden ist.

Nach der Rechtsprechung darf diese Frist nur dann ausgenutzt werden, wenn und solange die Sanierungsbemühungen nicht aussichtslos sind. Nur bei einer durch eine Naturkatastrophe eingetretenen Zahlungsunfähigkeit verlängert sich die Anmeldefrist auf maximal 120 Tage. 

Zahlungsunfähigkeit

Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner mangels bereiter Zahlungsmittel nicht in der Lage ist, alle seine fälligen Schulden zu bezahlen, und er sich die erforderlichen Zahlungsmittel voraussichtlich auch nicht alsbald verschaffen kann. Dabei besteht ein Spielraum bis 5 %, d.h. wenn 95 % der fälligen Schulden bezahlt werden können, liegt noch keine Zahlungsunfähigkeit vor. Künftig fällig werdende Schulden sind bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit nicht zu berücksichtigen. Wurde mit einem Gläubiger eine Stundung vereinbart, ist diese Forderung auch nicht fällig.

Nur die Fälligkeit der Forderungen ist maßgeblich, nicht aber auch, dass die Gläubiger schon „andrängen“. Der Mangel bereiter Zahlungsmittel liegt vor, wenn liquide Zahlungsmittel (Bargeld, Buchgeld, offene Kreditlinien) nicht vorhanden sind bzw. leicht und kurzfristig verwertbares Vermögen nicht zur Verfügung steht.

Praxisbeispiel

Nach einem z.B. von Finanzamt oder ÖGK eingebrachten Konkursantrag wird nun versucht, durch die Zahlung der Schulden gegenüber dem antragstellenden Gläubiger die Eröffnung des Konkursverfahrens zu verhindern. Bestehen aber noch weitere Schulden, die nicht bezahlt werden können, dann liegt trotzdem Zahlungsunfähigkeit vor und das Konkursverfahren wird eröffnet (oder mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen).

Abgrenzung Zahlungsunfähigkeit / bloße Zahlungsstockung

Eine bloße Zahlungsstockung liegt nur dann vor, wenn der Schuldner „voraussichtlich“ und „alsbald“ seine fälligen Schulden zur Gänze bezahlen wird können. Grundsätzlich beträgt die Maximalfrist hierfür drei Monate.  

Beispiel Zahlungsstockung

Bei einem großen Auftrag des Malerunternehmens Müller kommt es zu Verzögerungen, er kann nicht mehr alle seine Gläubiger bezahlen und erhält schon Mahnbriefe. Herr Müller weiß aber, dass der Auftrag in einem Monat erledigt sein wird und er dann wieder in der Lage ist, alle seine Schulden zu begleichen. Hier liegt also bloß eine vorübergehende Zahlungsstockung vor. Er muss keinen Insolvenzantrag stellen bzw. kann sich gegen einen Gläubigerantrag vor dem Gericht wehren.

Beispiel Zahlungsunfähigkeit

Anders sieht es bei Schlosserei Peter aus. Die Auftragslage ist seit längerem schlecht und er schafft es nicht, alle Gläubiger zu befriedigen. Auch die Mitarbeiter warten auch schon auf ihren Lohn. Neue lukrative Aufträge sind nicht in Sicht. Er hat auch keine Möglichkeit, sich die nötigen Mittel zu beschaffen, da er keinen weiteren Kredit bekommt. Hinweise darauf, dass er in den nächsten drei Monaten alle seine laufend fällig werdenden Schulden zahlen kann, liegen keine vor. Bei Herrn Peter liegt somit keine kurzfristige Zahlungsstockung und er muss daher sofort ohne schuldhaftes Zögern einen Insolvenzantrag stellen.  

Überschuldung

Diese liegt vor, wenn die Schulden des Unternehmens größer sind als die Vermögenswerte (rechnerische Überschuldung) und eine negative Fortbestehensprognose besteht.

Ausgangspunkt ist die buchmäßige Überschuldung. Wenn das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht ist, ist der diesbezügliche Bilanzposten von „Eigenkapital“ auf „negatives Eigenkapital“ umzubenennen. Weiter ist im Anhang zu erläutern, ob eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts vorliegt. Bei negativem Eigenkapital ist einerseits der Vermögensstatus zu erheben und andererseits eine Fortbestandsprognose zu erstellen.

Bei der Aufstellung des Vermögensstatus sind die Vermögensgegenstände und Schulden der Gesellschaft so zu bewerten, als würde das Unternehmen aufgelöst werden. Dabei ist auf die erzielbaren Erlöse bei einem fiktiven Verkauf des Unternehmens abzustellen (Liquidationswerte). In der Regel werden bei dieser Prüfung die Schulden die Vermögenswerte übersteigen. Die rechnerische Überschuldung führt jedoch noch nicht zur insolvenzrechtlichen Überschuldung, wenn eine positive Fortbestehensprognose vorliegt.

Die Fortbestehensprognose hat im Ergebnis eine begründete Aussage darüber zu treffen, ob das Unternehmen in Zukunft mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine geschäftlichen Aktivitäten unter Einhaltung seiner Zahlungsverpflichtungen fortführen kann. Betrachtungszeitraum sind dabei mindestens die nächsten 12 Monate.

Rechtsfolgen einer Fristversäumung

Versäumen die vertretungsbefugten Organe die Frist für die Insolvenzanmeldung, dann haften sie persönlich unmittelbar den Gläubigern für jenen zusätzlichen Schaden, der durch die Verzögerung entstanden ist. Sie können also diesbezüglich unmittelbar geklagt werden.

Stand: 12.02.2021

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