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Die rechtlichen Fragen der Lehrlingsausbildung

Ist der passende Lehrling gefunden, steht einer erfolgreichen Ausbildung nichts mehr im Wege. Doch dabei muss der Ausbildungsbetrieb die besonderen gesetzlichen Regeln für Lehrlinge und Minderjährige beachten.

Lesedauer: 5 Minuten

24.08.2023

Der Lehrvertrag zwischen dem:r Lehrberechtigten und dem Lehrling muss auf jeden Fall in schriftlicher Form abgeschlossen werden. Ist der Lehrling noch minderjährig, muss auch sein:e gesetzliche:r Vertreter:in den Lehrvertrag unterschreiben. Die Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Wien bietet dafür die Möglichkeit an, die Lehrvertragsanmeldung (auch Lehrvertragsänderungen und Auflösungen) digital im Online-Portal unkompliziert zu erledigen.

Der Lehrvertrag ist möglichst schnell, jedenfalls aber binnen drei Wochen nach Beginn der Ausbildung, der Lehrlingsstelle zur Eintragung vorzulegen. Er kann bereits vor Beginn der Lehrzeit angemeldet werden. Die Lehrlingsstelle empfiehlt dies zu tun, weil das in Folge eine raschere Bearbeitung ermöglicht.

Der Lehrvertrag ist möglichst schnell, jedenfalls aber binnen drei Wochen nach Beginn der Ausbildung, der Lehrlingsstelle zur Protokollierung vorzulegen. Die Lehrlingsstelle prüft die Daten des Lehrvertrags und die Eignung des Lehrbetriebs. Die Protokollierung des Lehrvertrags ist Voraussetzung zur späteren Zulassung zur Lehrabschlussprüfung.

Begünstigungen bei der Bezahlung

Die Lehrlingsentschädigung ist im jeweiligen Kollektivvertrag festgelegt. Wenn keine kollektivvertragliche Regelung vorliegt, muss die Lehrlingsentschädigung individuell im Lehrvertrag vereinbart werden. Sie steigt in jedem Lehrjahr an und beträgt im letzten Lehrjahr durchschnittlich etwa 80% des entsprechenden Fachkräftegehalts.


In den ersten zwei Lehrjahren entfallen sowohl für den:die Dienstgeber:in als auch für den Lehrling die Beiträge für die Krankenversicherung. Die Lehrlinge sind dennoch voll versichert. Die Beiträge zur Unfallversicherung entfallen bei aufrechtem Versicherungsschutz für alle Lehrjahre. Zudem gibt es für die Lehrlingsausbildung verschiedene Förderungen. Informationen dazu erhalten Unternehmen bei der Lehrlingsstelle (siehe Infokasten). Die ersten drei Monate der Lehrzeit gelten als Probezeit. Während dieser Zeit können sowohl der Lehrling als auch der:die Arbeitgeber:in das Lehrverhältnis ohne Angabe von Gründen lösen. Wesentlich für die Rechtswirksamkeit der Auflösung ist die Schriftform. Wird das Lehrverhältnis vorzeitig aufgelöst, müssen Sie dies der Lehrlingsstelle Ihres Bundeslandes ohne unnötigen Aufschub, spätestens jedoch binnen vier Wochen mitteilen. 

Nach Ablauf der Probezeit ist eine einseitige Auflösung des Lehrverhältnisses aus schwerwiegenden, im Berufsausbildungsgesetz (BAG) angeführten Gründen möglich. Ein Grund wäre etwa, wenn ein Lehrling stiehlt, sich einer Veruntreuung oder sonstigen strafbaren Handlung schuldig macht.

Jederzeit möglich ist eine einvernehmliche Auflösung des Lehrverhältnisses. Allerdings muss sich der Lehrling zuvor vom Arbeits- und Sozialgericht oder einer Kammer für Arbeiter:innen und Angestellte über den für ihn bestehenden Kündigungsschutz belehren lassen. Vorsicht: Die einvernehmliche Auflösung ist nur dann rechtswirksam, wenn sie schriftlich vereinbart wurde und zuvor die schriftliche Bescheinigung über die erfolgte Belehrung des Lehrlings vorliegt. Bei einem minderjährigen Lehrling müssen für eine einvernehmliche Lösung beide Elternteile beziehungsweise der:die sonstige gesetzliche Vertreter:in unterschreiben.

Überdies besteht die Möglichkeit einer außerordentlichen Auflösung (Ausbildungsübertritt gem. § 15a Berufsausbildungsgesetz) am Ende des zwölften Monats bzw. bei drei- und mehrjährigen Lehrberufen auch am Ende des 24. Monats der Lehrzeit. Diese Möglichkeit gilt sowohl für den:die Lehrberechtigte:n als auch für den Lehrling. Wichtig ist es dabei, die vorgeschriebenen Fristen und den Verfahrensverlauf einzuhalten sowie die damit verbundene verpflichtende Mediation. Der:die Lehrberechtigte muss dieses Verfahren jedenfalls volle drei Monate vor dem möglichen Auflösungszeitpunkt einleiten.

Arbeits- und Ruhezeiten unter 18 Jahren

Für die Beschäftigung von Jugendlichen unter 18 Jahren, die in einem Dienst-, Lehr- oder sonstigen Ausbildungsverhältnis stehen, gelten besondere Schutzbestimmungen, die im Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz (KJBG) geregelt sind. Für Lehrlinge, die bereits 18 Jahre alt sind, gilt das Arbeitszeitgesetz.


Überblick der wichtigsten Bestimmungen:

Wie lange dürfen jugendliche Lehrlinge arbeiten?

Die tägliche Arbeitszeit beträgt acht Stunden, die Wochenarbeitszeit 40 Stunden. Innerhalb einer Woche kann die tägliche Arbeitszeit auf bis zu neun Stunden ausgedehnt werden, wenn dadurch eine längere Wochenfreizeit, z.B. ein längeres Wochenende, erreicht wird. Eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit auf bis zu 45 Stunden ist erlaubt, wenn innerhalb eines mehrwöchigen Durchrechnungszeitraumes die Wochenarbeitszeit im Durchschnitt 40 Stunden nicht übersteigt. Die Durchrechnung ist jedoch nur zulässig, wenn

  • der Kollektivvertrag eine solche Durchrechnung zulässt,
  • für vergleichbare Erwachsene Arbeitnehmer:innen des Betriebes eine solche Arbeitszeiteinteilung besteht und
  • eine abweichende Arbeitszeiteinteilung für Jugendliche dem:der Arbeitgeber:in nicht zugemutet werden kann.


Welche Arbeitszeitregelungen gelten in Verbindung mit der Berufsschule?

Der:die Arbeitgeber:in muss dem Lehrling zur Erfüllung der Berufsschulpflicht die erforderliche Zeit freigeben. Beginn und Ende der Berufsschulpflicht richten sich nach der im Lehrvertrag vereinbarten Lehrzeit. Der Unterricht ist als Arbeitszeit zu werten und entsprechend zu bezahlen.

Wann dürfen Jugendliche länger arbeiten?

Jugendliche dürfen nur maximal eine halbe Stunde pro Tag für Vor- und Abschlussarbeiten Überstunden machen. Der Lehrling muss dafür über 16 Jahre alt sein.

Welche Ruhezeiten gelten für Jugendliche?

Ist die Tagesarbeitszeit länger als viereinhalb Stunden, haben Jugendliche Anspruch auf eine halbe Stunde Pause. Die Ruhepause ist spätestens nach sechs Stunden zu konsumieren. Nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit steht dem Jugendlichen eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden zu. Jugendlichen unter 15 Jahren ist eine Ruhezeit von mindestens 14 Stunden innerhalb von 24 Stunden nach Arbeitsbeginn zu gewähren.

Wann dürfen Jugendliche nicht arbeiten?

Jugendliche dürfen in der Nacht zwischen 20 und sechs Uhr nicht arbeiten. Ausnahmeregelungen gibt es zum Beispiel für das Gastgewerbe, den Lehrberuf Bäcker sowie für mehrschichtig arbeitende Betriebe. An Sonn- und Feiertagen gibt es ein grundsätzliches Beschäftigungsverbot für Jugendliche. Auch hier gibt es allerdings Ausnahmeregelungen für das Gastgewerbe.

Die Jugendlichen unterliegen zudem weiteren besonderen Schutzbestimmungen. Die wichtigsten Punkte:

Gefahrenbelehrung: Der:die Dienstgeber:in muss über Gefahren, Sicherheitseinrichtungen und -maßnahmen im Betrieb informieren und die Lehrlinge entsprechend unterweisen. Das muss nachweislich und während der Arbeitszeit erfolgen.

Beschäftigungsverbote: In der Verordnung über Beschäftigungsverbote und -beschränkungen für Jugendliche (KJBG-VO) ist geregelt, mit welchen gefährlichen Arbeitsstoffen und Arbeitsmitteln sowie unter welchen besonderen Belastungen Jugendliche nicht arbeiten dürfen. Die Arbeit mit gefährlichen Arbeitsmitteln ist in vielen Fällen nach einer gewissen Ausbildungszeit und mit dem Nachweis einer entsprechenden Gefahrenunterweisung in der Berufsschule für Jugendliche in Ausbildung erlaubt.

Beförderung von Geld: Außerhalb des Betriebs dürfen Jugendliche nicht zur Beförderung höherer Geld- und Sachwerte unter eigener Verantwortung herangezogen werden.

Aushangpflichtige Gesetze: Das KJBG sowie die KJBG-VO müssen so aufgelegt werden, dass diese Vorschriften für die Jugendlichen leicht zugänglich sind. Da Lehrlinge als Dienstnehmer:in gelten, sind auch alle anderen aushangpflichtigen Gesetze im Betrieb für die Lehrlinge zugänglich aufzulegen (z.B. Arbeitnehmerschutzgesetz). Aushangpflichtige Gesetze sind zusammengefasst in einer Broschüre im Fachbuchhandel erhältlich.  

Coaching für Lehrlinge und für Lehrbetriebe

Bei persönlichen Problemen in der Lehrlingsausbildung bietet das Coaching-Angebot Unterstützung für Lehrlinge und Lehrbetriebe: Ein professionelles Coaching hilft bei der Suche nach Lösungen und bei der Umsetzung.

Damit sollen die Chancen auf eine erfolgreiche Berufsausbildung erhöht und Ausbildungsabbrüche verhindert werden.  Ziel ist die Steigerung der Anzahl der Lehrabschlüsse.

Das Coaching ist anonym und wird kostenlos im Umfang von elf Stunden angeboten.

Sowohl Lehrbetriebe als auch die Lehrlinge selbst können ein Lehrlingscoaching bei der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Wien beantragen.


Information

Die Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Wien stellt für Betriebe ein vielfältiges Beratungs- und Serviceangebot bereit. Dazu zählen unter anderem die Erstellung von Lehrverträgen, Beratung - auch im Betrieb - zu Förderungen, Bildungsangeboten, Qualität in der Ausbildung etc. 
Weitere Informationen unter:

Wirtschaftskammer Wien Lehrlingsstelle - Förderungen
T   +43 1  514 50 - 2460
E  lehre.foerdern@wkw.at
W www.lehre-foerdern.at


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