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Cyberpunk-Gerechtigkeit: Gleichgewichtsskalen in einem Neon-Metaversum, das futuristische Leuchten des digitalen Rechts
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Rechtliche Grundlagen im Metaverse

Welche Gesetze gelten im Metaverse und wie beeinflussen sie Geschäftsabschlüsse?

Lesedauer: 4 Minuten

30.06.2025

Einordnung des Metaverse im rechtlichen Rahmen

Die Einordnung des Metaversums im rechtlichen Rahmen ist komplex, da es sich um eine neue digitale Realität handelt, die traditionelle rechtliche Konzepte herausfordert. Es ist wichtig, die Unterschiede zwischen realen und virtuellen Transaktionen zu erkennen und die spezifischen rechtlichen Fragestellungen zu analysieren.

Eine Vielzahl von Gesetzen und Vorschriften ist auf das Metaversum anwendbar und Unternehmen müssen sich dieser Rechtslage bewusst sein. Die wichtigsten relevanten Bereiche umfassen:

  • Gerichtsstandort und anwendbares Recht
  • Vertragsrechtliche Aspekte und Haftungsfragen
  • Urheberrecht und geistiges Eigentum
  • Arbeitsrechtliche Grundlagen
  • Steuerrechtliche Aspekte
  • Datenschutz und Datensicherheit

Relevanz des Gerichtsstandorts im digitalen Raum

Der Gerichtsstand spielt eine zentrale Rolle bei der Durchsetzung rechtlicher Ansprüche im Metaversum. Er bestimmt, welches Gericht für die Beilegung von Streitigkeiten zuständig ist und welches Recht zur Anwendung kommt. Im digitalen Raum gestaltet sich diese Frage jedoch oft komplizierter als im traditionellen Geschäftsleben, da die Aktivitäten im Metaversum häufig grenzüberschreitend und anonym ablaufen.

Verschiedene Faktoren und Regelungen müssen berücksichtigt werden, um den passenden Gerichtsstandort und das anwendbare Recht zu bestimmen:

  • Gerichtsstandklauseln: Häufig enthalten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Metaverse-Plattformen Klauseln zum Gerichtsstand oder sie bieten plattforminterne Mechanismen zur Streitbeilegung an, was die Bestimmung des Gerichtsstandes erleichtern kann.
  • Allgemeine Bestimmungen: Fehlen solche speziellen Regelungen, greift in Österreich die allgemeinen Regeln der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie die Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung (EuGVVO). Dies wirft jedoch neue Herausforderungen auf, etwa wenn der Gerichtsstand nach dem Wohn- oder Geschäftssitz der Parteien festgelegt werden soll, während sich Nutzer im Metaversum durch Avatare anonym bewegen.
  • Spezielle Gerichtsstände: Spezielle Gerichtsstände, die sich etwa am Erfüllungsort eines Vertrags orientieren, werfen ebenfalls neue Fragen auf. Ist beispielsweise der Serverstandort, auf dem digitale Vermögenswerte wie NFTs gespeichert sind, als Erfüllungsort zu werten oder bleibt – wie bei klassischen Online-Verträgen – der Sitz des Verkäufers entscheidend? Auch bei gewerblichen Schutzrechten wie Marken-, Design- und Patentrechten, bei dem sich der Gerichtsstandort aus dem Ort der Nutzungshandlung ergibt, stellt sich die Frage, wie dieser in einer digitalen Welt ohne physische Grenzen zu bestimmen ist.

Hinweis
Beispiel:
Ein Wiener Unternehmen mietet die neuesten virtuellen Brillen bei einem US-Unternehmen. Als es später zu einem Rechtsstreit kommt, stellt sich heraus, dass im Vertrag kein Gerichtsstand vereinbart wurde.
Die US-Firma besteht darauf, dass der Streit in den USA vor Gericht gebracht werden muss, während die österreichische Firma ein österreichisches Gericht als zuständig erachtet. Ohne eine klare Gerichtsstandvereinbarung drohen teure und komplizierte internationale Rechtsstreitigkeiten – allein die Klärung, welches Gericht überhaupt zuständig ist, kostet Zeit und Geld.

Fazit:
Eine klare Gerichtsstandvereinbarung im Vertrag kann helfen, solche Unsicherheiten zu vermeiden und gibt beiden Parteien Rechtssicherheit im Streitfall.

Anwendbares Recht

Die Frage, welches Recht im Metaversum gilt, ist von entscheidender Bedeutung für Geschäftsabschlüsse. Folgende Punkte sind hierbei relevant:

  • Rechtswahlklausel: Wie beim Gerichtsstand kann auch das anwendbare Recht durch Vereinbarungen bestimmt werden. Solche Klauseln finden sich oft in den Nutzungsbedingungen („Terms of Use“) der Plattformen, können aber auch individuell zwischen den Nutzern vereinbart werden. Die Wirksamkeit dieser Klauseln richtet sich nach dem Recht des zuständigen Gerichts.
  • Allgemeine Bestimmungen: Ohne Rechtswahlklausel wird das anwendbare Recht gemäß den Grundsätzen des Internationalen Privatrechts bestimmt, die in der Regel am Sitz des zuständigen Gerichts gelten. Für vertragliche Ansprüche innerhalb Europas kommt hier die Rom-I-Verordnung zur Anwendung. Diese enthält auch den sogenannten „Ordre public“-Vorbehalt, der es ermöglicht, die Anwendung ausländischen Rechts abzulehnen, wenn es gegen die öffentliche Ordnung des Staates verstößt.
  • UN-Kaufrecht (CISG): Im internationalen Handel kann das UN-Kaufrecht eine Rolle spielen, welches jedoch vertraglich ausgeschlossen werden kann.
  • Verbraucherschutzrechte: Besonders im Verbraucherrecht gilt es, den Schutz der Verbraucher zu beachten. In vielen Ländern, so auch in Österreich, aber auch in EU-Bestimmungen gibt es spezielle Vorschriften, die es Verbrauchern ermöglichen, das Recht ihres Wohnsitzstaates zur Anwendung zu bringen. Diese Regelungen können nicht einfach durch Rechtswahlklauseln umgangen werden.

Das oben bei Punkt 5.1 angeführte Beispiel veranschaulicht auch hier sinngemäß die Vorteile einer vorab getroffenen Vereinbarung.

Angesichts der komplexen Rechtslage im Metaversum ist es daher ratsam, sich vorab rechtlich beraten zu lassen. Wo keine zwingenden Schutzvorschriften wie das Verbraucherrecht entgegenstehen, sollte eine Rechtswahl- und Gerichtsstandklausel getroffen werden, um spätere Unklarheiten und Streitigkeiten zu vermeiden.

Konfliktlösungsmechanismen für Unternehmen

Die oben genannten Ausführungen haben gezeigt, dass die rechtlichen Herausforderungen im Metaversum effektive Konfliktlösungsmechanismen erfordern. Um diesen Problemen so gut wie möglich entgegenzutreten, sollten Unternehmen unter anderem Folgendes in Erwägung ziehen:

  • Transparenz: Nutzer könnten Pseudonyme im Metaverse verwenden, aber verpflichtet werden, ihre reale Identität bei den Plattformbetreibern zu hinterlegen, die diese im Bedarfsfall offenlegen könnten.
  • Know Your Business Partner: Gerade bei größeren Transaktionen ist es ratsam, die Identität des Vertragspartners zu überprüfen, um den Gerichtsstand und das anwendbare Recht bestimmen zu können.
  • Schiedsverfahren: Schiedsverfahren können eine praktikable Alternative zu traditionellen Gerichtsverfahren sein. Sie bieten den Vorteil, dass sie oft schneller und kostengünstiger sind und eine höhere Vertraulichkeit gewährleisten. Unternehmen können in ihren Verträgen festlegen, dass Streitigkeiten durch Schiedsverfahren gelöst werden.
  • Gerichtsstand- und Rechtswahlklauseln: Unternehmen sollten in ihren Verträgen sehr klare Gerichtsstands- und Rechtswahlklauseln aufnehmen, die bestimmen, welches Gericht im Falle von Streitigkeiten zuständig ist und welches Recht anzuwenden ist. Diese Klauseln sollten so formuliert sein, dass sie in verschiedenen Rechtsordnungen durchsetzbar sind (siehe Punkt 5.1 und 5.2)
  • Mediation: Mediation ist eine weitere Möglichkeit, um Konflikte im Metaversum beizulegen. Ein neutraler Dritter kann helfen, eine Einigung zu erzielen, bevor der Fall vor Gericht geht. Dies kann für Unternehmen eine kostengünstige und zeitsparende Lösung darstellen.
  • Aktualität: Regelmäßige Beobachtung der rechtlichen Entwicklungen in diesem Bereich ist wichtig, da das Rechtsgebiet zum Metaversum sich noch im Aufbau befindet und jederzeit wesentliche Veränderungen eintreten können.

Fazit

Die Bestimmung des Gerichtsstandortes und des anwendbaren Rechts im Metaversum ist eine komplexe Herausforderung, die Unternehmen nicht ignorieren sollten. Eine sorgfältige Planung und rechtliche Beratung sind erforderlich, um sicherzustellen, dass Unternehmen im digitalen Raum rechtlich abgesichert sind. Durch die Implementierung klarer vertraglicher Regelungen und die Berücksichtigung internationaler Standards können Unternehmen rechtliche Risiken minimieren und sich auf die Chancen konzentrieren, die das Metaversum bietet.