Dienstverhinderung bei Elementarereignissen

Sphäre des Arbeitgebers - Sphäre des Arbeitnehmers - Elementarereignis - Lokales Ereignis

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08.08.2023

Bei Eintritt von Elementarereignissen, wie Hochwasser, Schneechaos, großflächigen Stromausfällen (Blackout) oder Verkehrsstreiks können Arbeitskräfte daran gehindert sein, ihre Arbeitsplätze (zumindest rechtzeitig) zu erreichen.

Daraus resultiert die Frage, ob Betriebe ihren Mitarbeitern, die an einem solchen Tag nicht zur Arbeit kommen können, das Entgelt trotz unterbliebener Arbeitsleistung fortzahlen müssen. Die Rechtsprechung macht die Lösung dieser Frage davon abhängig, welcher Sphäre die Dienstverhinderung zuzuordnen ist. 

Sphäre des Arbeitgebers

Liegt ein Dienstverhinderungsgrund in der Sphäre des Arbeitgebers, besteht bei Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers Anspruch auf Entgeltfortzahlung. In die Sphäre des Arbeitgebers fallen z.B. Arbeitsmangel durch Auftragsrückgänge, Schäden am Betriebsgebäude, die streikbedingte Einstellung eines mit dem Arbeitgeber vertraglich vereinbarten Abholdienstes.

Sphäre des Arbeitnehmers

Dienstverhinderungsgründe, die der Sphäre des Arbeitnehmers zuzuordnen sind, lösen dann einen Entgeltfortzahlungsanspruch aus, wenn sie wichtige persönliche Gründe darstellen, die vom Arbeitnehmer nicht verschuldet und zeitlich begrenzt sind. Solche Gründe sind z.B. familiäre und moralische Beistandspflichten.

Neutrale Sphäre

In die neutrale Sphäre fallen in erster Linie Elementarereignisse, welche die Allgemeinheit treffen. Der Arbeitnehmer wird durch „höhere Gewalt“ daran gehindert, an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen. Dies hat zur Folge, dass kein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht.

Nach der Rechtsauffassung des Obersten Gerichtshofes sind z.B. Seuchen, Krieg, Revolution und Terror (der sich nicht nur gegen das Unternehmen richtet) der neutralen Sphäre zuordenbar. Solche Elementarereignisse treten zwar auf der Seite des Arbeitnehmers ein, treffen aber in ihren Auswirkungen über die Arbeitgebersphäre hinaus die Allgemeinheit.

„Umfassendes Elementarereignis“

Ist ein Arbeitnehmer durch  ein Ereignis höherer Gewalt (wie zB Hochwasser oder Blackout) am rechtzeitigen Arbeitsantritt gehindert, so ist zunächst zu prüfen, ob dieses Ereignis die Allgemeinheit trifft und daher in die neutrale Sphäre fällt.

Dies ist der Fall, wenn

  • eine große Zahl von Arbeitnehmern
  • von einem umfassenden (also nicht lokal begrenzten) Ereignis

betroffen ist.

Bei einem solchen Elementarereignis entfällt grundsätzlich die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers. Kollektivverträge können abweichende Regelungen enthalten.


Beispiel:
Betrifft ein Elementarereignis alle oder die überwiegenden Teile eines Bundeslandes, so sind die dadurch bedingten Dienstverhinderungen in der Regel der neutralen Sphäre zugehörig. Der Arbeitnehmer erhält für die durch das Elementarereignis ausgefallene Arbeitszeit kein Entgelt.


„Lokales Elementarereignis“ 

Ist nicht die Allgemeinheit, sondern nur eine beschränkte Anzahl von Arbeitnehmern durch ein Ereignis höherer Gewalt betroffen, fällt dieses Ereignis in die Sphäre des Arbeitnehmers. In einem solchen Fall ist für die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers maßgeblich, ob wichtige persönliche Gründe ein Fernbleiben des Arbeitnehmers vom Arbeitsplatz rechtfertigen.

Ob solche persönlichen Gründe für das Fernbleiben vom Arbeitsplatz vorliegen, ist bei Angestellten nach dem Angestelltengesetz, bei Arbeitern und Lehrlingen nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch und dem jeweiligen Kollektivvertrag zu beurteilen.


Vorsicht!
Der Arbeitgeber ist aber selbst im Fall einer begründeten Dienstverhinderung, die der Sphäre des Arbeitnehmers zuzuordnen ist, nur dann zur Entgeltfortzahlung verpflichtet, wenn kein Verschulden des Arbeitnehmers vorliegt.


Das Verschulden ist anhand der besonderen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Es besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn

  • das Ereignis vorhersehbar ist und
  • der Arbeitsplatz durch rechtzeitig getroffene Maßnahmen erreicht werden kann. 

Beispiel:
Befindet sich der Wohnort des Arbeitnehmers in einem Gebiet, in dem in kürzeren Abständen mit Hochwasser zu rechnen ist, so sind tatsächlich eintretende Hochwässer als voraussehbar anzusehen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Jahrhunderthochwässer sind hingegen als nicht vorhersehbar anzusehen und schließen ein Verschulden des Arbeitnehmers aus.
 
Vorsicht!
Falls Arbeitnehmer auf Grund eines Katastropheneinsatzes im öffentlichen Interesse dem Dienst fernbleiben, trifft den Arbeitgeber keine Pflicht zur Entgeltfortzahlung. Es ist vielmehr Aufgabe der öffentlichen Hand, dem Arbeitnehmer den entgangenen Verdienst zu ersetzen.