Lächelnde Person mit Zopf in grauem Gilet und weißem Hemd hält leere Weinglas mit weißem Tuch umfasst in die Luft und blickt darauf
© Christian Vorhofer

Behaltezeit bzw. Weiterbeschäftigung von Lehrlingen

Bestimmungen im Überblick

Lesedauer: 3 Minuten

Mit der BAG-Novelle 2020 wurde der Begriff Weiterverwendung in Weiterbeschäftigung umformuliert, um einen wertschätzenderen Ausdruck zu verwenden.

Der Lehrberechtigte ist grundsätzlich verpflichtet, den Lehrling nach Beendigung der Lehrzeit (der erfolgreich abgelegten Lehrabschlussprüfung ) drei Monate in seinem erlernten Beruf im Betrieb weiter zu beschäftigen.

Die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung entsteht jedoch nur dann, wenn das Lehrverhältnis durch Ablauf der vereinbarten Lehrzeit endet oder der Lehrling innerhalb der Lehrzeit zur Lehrabschlussprüfung antritt und diese erfolgreich ablegt.

Reduzierte Weiterbeschäftigungszeit

Wenn der Lehrling beim Lehrberechtigten nur einen Teil der festgesetzten Lehrzeit absolviert hat und dieser Teil höchstens der halben Lehrzeit entspricht, so ist der Lehrberechtigte nur zur Weiterbeschäftigung im halben Ausmaß verpflichtet. 

Erweiterte Weiterbeschäftigungszeit

Verschiedene Kollektivverträge sehen eine Erweiterung der Behaltezeit vor (z.B. Kollektivvertrag der Handelsangestellten oder der KV für Arbeiter im eisen- bzw. metallverarbeitenden Gewerbe).

Weiterbeschäftigung

Das Berufsausbildungsgesetz sieht vor, dass ausgelernte Lehrlinge nach Beendigung des Lehrverhältnisses im erlernten Beruf mindestens drei Monate im Betrieb weiterbeschäftigt werden müssen. Diese Weiterbeschäftigungszeit wird auch Weiterbeschäftigung genannt.

Metallgewerbe

Gewerbliche Lehrlinge (Arbeiter-Lehrlinge) sind 6 Monate im Betrieb weiter im erlernten Beruf zu beschäftigen. Kaufmännische Lehrlinge und technische Zeichnerlehrlinge müssen nach ordnungsgemäßer Beendigung der Lehrzeit ebenfalls 5 Monate als Angestellte weiter beschäftigt werden.

Industrie

Die gesetzliche Weiterbeschäftigungszeit wird z.B. verlängert

  • in Rahmenkollektivverträgen für Angestellte der Industrie,
  • im Kollektivvertrag für Arbeiter der metalltechnischen Industrie sowie
  • in der Elektro- und Elektronikindustrie.

Lehrlinge müssen nach ordnungsgemäßer Beendigung der Lehrzeit noch 6 Monate als Arbeitnehmer beschäftigt werden. Endet die Weiterbeschäftigungszeit nicht mit dem Monatsletzten eines Kalendermonates, ist sie auf diesen zu erstrecken.

Handel

Für im Bereich des Handels beschäftigte Lehrlinge beträgt die Weiterbeschäftigungszeit 5 Monate, wobei die Beschäftigung stets auf den Monatsletzten zu erstrecken ist. Hat der Lehrling beim Lehrberechtigten die für den Lehrberuf festgesetzte Lehrzeit bis zur Hälfte zurückgelegt, beträgt die Weiterbeschäftigung 2,5 Monate.

Transport und Verkehr

Die gesetzliche Weiterbeschäftigungszeit verlängert sich für kaufmännische Lehrlinge bzw. Bürolehrlinge

  • im Kleintransportgewerbe und
  • im Güterbeförderungsgewerbe.

Der Lehrberechtigte hat den ausgelernten Lehrling in diesen Branchen 3 Monate in seinem Betrieb weiter zu beschäftigen. Endet diese Weiterbeschäftigungszeit nicht mit dem Monatsletzten, ist sie auf diesen zu erstrecken.

Die Weiterbeschäftigung kann vom Lehrberechtigten im Rahmen eines 

  • befristeten oder
  • unbefristeten

Arbeitsverhältnisses erfüllt werden.

Ein befristetes Arbeitsverhältnis endet grundsätzlich automatisch und ohne weiteres Zutun mit Ablauf der Befristung.

Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis kann vom Lehrberechtigten in der Regel nur unter Einhaltung der vorgeschriebenen Kündigungsbestimmungen beendet werden. Kollektivverträge enthalten häufig Sonderbestimmungen über Kündigungsfristen und Kündigungstermine.

Weiterbeschäftigung und Kündigungsschutz

Grundsätzlich besteht aus der Weiterbeschäftigung allein heraus kein Kündigungsschutz. Die Kündigung kann daher schon während der Weiterbeschäftigung vom Lehrberechtigten ausgesprochen werden.

Weiterbeschäftigung und einvernehmliche Lösung

Die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses während der Weiterbeschäftigung ist grundsätzlich möglich und zulässig.

Die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Arbeitnehmern, die den Schutz des Mutterschutz- bzw. Väterkarenzgesetzes genießen, muss schriftlich erfolgen. Bei minderjährigen Lehrlingen muss zusätzlich eine Belehrung durch das Arbeits- und Sozialgericht erfolgen.

Die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Präsenz- und Zivil- oder Ausbildungsdienern muss ebenfalls schriftlich erfolgen, wobei für die Gültigkeit der Auflösung jedenfalls eine vorherige Rechtsbelehrung des Arbeits- und Sozialgerichtes oder der Arbeiterkammer über den Kündigungsschutz notwendig ist.

Stand: 28.05.2020