Verschiedene Fahnenmasten mit unterschiedlichen Flaggen Europas wehen im Wind bei einem blauen Himmel
© judge75 | stock.adobe.com

Steuerliche Besonderheiten bei grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung

Die wichtigsten Vorschriften für Unternehmen

Lesedauer: 6 Minuten

Bei grenzüberschreitenden Mitarbeiterentsendungen im Allgemeinen und bei grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung im Besonderen sind eine Reihe von Steuerrechtsvorschriften zu beachten. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes brachte obendrein Änderungen für die Besteuerung der Löhne der überlassenen Arbeitskräfte.

Die in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) vorgesehene 183-Tage-Regelung kommt seitdem nur mehr in Ausnahmefällen zur Anwendung. Die Löhne der überlassenen Arbeitskräfte unterliegen daher unabhängig von der Dauer der Überlassung in dem Land der Lohn-/Einkommensteuer, in dem die Tätigkeit verrichtet wird (Tätigkeitsstaat).

In diesem Infoblatt werden die wichtigsten steuerlichen Sondervorschriften bei grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung behandelt, die Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen (in der Folge Überlasser) und Unternehmen, die überlassene Arbeitskräfte beschäftigen (in der Folge Beschäftiger) beachten müssen. Die zu beachtenden Vorschriften sind unterschiedlich für Überlassungen von Arbeitskräften ins Inland (Inbound-Fälle) und Arbeitskräfteüberlassungen ins Ausland (Outbound-Fälle).


Arbeitskräfteüberlassung ins Inland (Inbound-Fall) 

Bei Inbound-Fällen sind insbesondere folgende Vorschriften zu beachten:

Lohn-/Einkommensteuer 

Die Löhne der Arbeitskräfte unterliegen unabhängig von der Dauer der Überlassung grundsätzlich der Lohn-/Einkommensteuer. Zur Sicherung des Steueranspruches sind zwei Möglichkeiten vorgesehen:

Quellensteuer 

Inländische Beschäftiger müssen grundsätzlich eine Quellensteuer einbehalten. Die Quellensteuer beträgt 20 % des Gestellungsentgeltes. Sie ist bei der Auszahlung des Gestellungsentgeltes einzubehalten und spätestens am 15. des Folgemonats an das Finanzamt unter der Bezeichnung „Steuerabzug gem. § 99 EStG“ abzuführen. Der Beschäftiger hat die dem Steuerabzug unterliegenden Beträge, den Zeitpunkt der Zahlung oder Gutschrift, sowie die Höhe und den Zeitpunkt der Abfuhr der einbehaltenen Steuer laufend aufzuzeichnen.

Mit der Quellensteuer ist die Lohnsteuer der überlassenen Arbeitskräfte abgegolten. Eine Veranlagung auf Antrag ist möglich.

Beachte: Für Einkünfte, die ab dem 1.1.2023 zufließen gilt, dass der Beschäftige nur mehr 70 % der Abzugssteuer (in Höhe von 20 % des Gestellungsentgelts) an die Finanz abführen muss. Mit diesen 70 % ist der Lohnanteil des Gestellungsentgelts besteuert. Diese direkte Entlastung ist möglich, wenn ein befristeter Befreiungsbescheid auf Antrag des Steuerpflichtigen ausgestellt wurde. Dafür muss beim Finanzamt für Großbetriebe eine elektronische Vorausmeldung erfolgen. Das dafür notwendige Formular ist auf bmf.gv.at zu finden und kann zusammen mit der ausländischen Ansässigkeitsbestätigung elektronisch übermittelt werden.

(Freiwilliger) Lohnsteuerabzug 

Anstelle der Quellensteuer wird der inländische Steueranspruch auch durch den Lohnsteuerabzug sichergestellt. Eine gesetzliche Verpflichtung zum Lohnsteuerabzug trifft den ausländischen Überlasser nur dann, wenn er im Inland eine Betriebsstätte hat. Für unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer ist eine Lohnbescheinigung auszustellen. Wurde die Lohnsteuer nicht (korrekt) abgeführt, führt dies für die Dienstnehmer zu einem Pflichtveranlagungstatbestand.

Es ist jedoch zulässig, dass der ausländische Überlasser, ein von diesem befugter inländischer Vertreter oder der inländische Beschäftiger die lohnsteuerlichen Pflichten übernimmt und den Lohnsteuerabzug freiwillig vornimmt.

Wichtig: Der inländische Beschäftiger darf erst dann vom Quellensteuerabzug absehen, wenn der ausländische Überlasser einen vom Finanzamt für Großbetriebe ausgestellten Befreiungsbescheid vorlegt. Ein befristeter Befreiungsbescheid wird auf formlosen Antrag des ausländischen Überlassers dann ausgestellt, wenn die lohnsteuerliche Erfassung der überlassenen Arbeitskräfte sichergestellt ist.

Sonderfall Deutschland 

Aufgrund einer Sondervorschrift im DBA Deutschland gilt die 183-Tage-Regelung für die gewerbliche Arbeitskräfteüberlassung weiter. Das bedeutet, dass die Löhne für die ins Inland überlassenen Arbeitskräfte nicht steuerpflichtig sind, sofern die Überlassung nicht länger als 183-Tage im Kalenderjahr dauert. Dafür ist ein Nachweis erforderlich.

Hat die gewerbliche Arbeitskräfteüberlassung im Kalenderjahr nicht länger als 183-Tage gedauert und hat der inländische Beschäftiger Quellensteuer abgezogen, wird dem deutschen Überlasser auf Antrag die einbehaltene Quellensteuer vom Finanzamt für Großbetriebe zurückerstattet.

Kommunalsteuer 

Unternehmer, die Arbeitnehmer in einer inländischen Betriebsstätte beschäftigen, haben an die Gemeinde Kommunalsteuer zu entrichten. Diese Verpflichtung gilt grundsätzlich auch für ausländische Überlasser, die Arbeitskräfte ins Inland überlassen, sofern sie im Inland eine Betriebsstätte haben. Hat der ausländische Überlasser im Inland keine Betriebsstätte, gelten die ins Inland überlassenen Arbeitskräfte kommunalsteuerrechtlich als Arbeitnehmer des inländischen Beschäftigers. Die Kommunalsteuer beträgt in solchen Fällen 3 % von 70 % des Gestellungsentgeltes.

Dienstgeberbeitrag (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) 

Ist der Überlasser in einem anderen EU-Land ansässig, besteht im Inland solange keine DB-Pflicht als nicht eine Sozialversicherungspflicht der überlassenen Mitarbeiter im Inland eintritt. Ist der Überlasser in einem Drittland ansässig, besteht allerdings DB-Pflicht im Inland. Schuldner ist der Überlasser.

Ein Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag kommt solange nicht in Betracht als der ausländische Überlasser im Inland über keine aufrechte Gewerbeberechtigung verfügt.

Umsatzsteuer 

Bei der Überlassung von Arbeitskräften handelt es sich um eine sonstige Leistung. Die Leistung ist im Inland steuerbar und steuerpflichtig. Hat der ausländische Überlasser im Inland keine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte, geht die Umsatzsteuerschuld für das Gestellungsentgelt auf den inländischen Beschäftiger über. Der ausländische Überlasser darf in diesem Fall keine österreichische Mehrwertsteuer verrechnen. Das österreichische Unternehmen hat die Umsatzsteuer selbst zu berechnen und darf – bei Vorsteuerabzugsberechtigung – die selbstberechnete Umsatzsteuer im selben Voranmeldungszeitraum als Vorsteuer abziehen.


Arbeitskräfteüberlassung ins Ausland (Outbound-Fälle) 

Lohn-/Einkommensteuer 

Bei Überlassung von Arbeitskräften ins Ausland hängen die steuerlichen Auswirkungen davon ab, ob ein DBA gilt.

Es gilt kein DBA 

In diesen Fällen ergibt sich durch die neue Rechtslage keine Änderung. Solange die überlassene Arbeitskraft im Inland ansässig ist und der Überlasser im Tätigkeitsstaat keine Betriebsstätte hat, unterliegen die Arbeitslöhne der inländischen Besteuerung. Macht auch der Staat, in den die Arbeitskraft überlassen worden ist (Tätigkeitsstaat), ein Recht auf Besteuerung des Arbeitslohnes geltend, käme es zu einer Doppelbesteuerung. Je nach Höhe der Steuer im Tätigkeitsstaat wird in Österreich die Doppelbesteuerung durch die Anwendung der Befreiungs- oder Anrechnungsmethode vermieden. 

Details dazu finden Sie in auf unserer Infoseite Maßnahmen zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung

Es gilt ein DBA 

Sieht das anzuwendende DBA als Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnungsmethode vor, ist von den ins Ausland überlassenen Arbeitskräften weiterhin die volle Lohnsteuer abzuziehen. Die vom Arbeitnehmer im Ausland gezahlte Steuer wird im Veranlagungswege auf die Lohnsteuer angerechnet. Zur Vermeidung einer unterjährigen Doppelbesteuerung hat der Überlasser das Recht – aber nicht die Pflicht - die ausländische Steuer bereits bei der laufenden Lohnsteuerberechnung zu berücksichtigen, unter der Voraussetzung, dass nachgewiesen werden kann, dass vom Arbeitslohn im Ausland laufend die Steuer gezahlt wird.

Gilt nach dem anzuwendenden DBA die Befreiungsmethode, hat Österreich aufgrund der anfangs erwähnten Rechtsprechung bereits ab dem 1. Tag der Auslandsüberlassung kein Besteuerungsrecht am Arbeitslohn mehr (Ausnahme Deutschland, wo die 183-Tage-Regelung für die gewerbliche – nicht konzerninterne – Arbeitskraftüberlassung weiter gilt). Zur Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung muss der inländische Überlasser weiterhin den Lohnsteuerabzug vornehmen, solange nicht nachgewiesen werden kann, dass der Tätigkeitsstaat sein Besteuerungsrecht wahrnimmt.

Endet während eines Lohnzahlungszeitraumes (Kalendermonat) die Lohnsteuerpflicht, ist für den Rumpflohnzahlungszeitraum die Lohnsteuer nach der Tagestabelle zu ermitteln.

Kommunalsteuer 

Für die ins Ausland überlassenen Arbeitskräfte muss der inländische Überlasser grundsätzlich weiterhin Kommunalsteuer zahlen. Keine Kommunalsteuerpflicht besteht allerdings dann, wenn

  • der inländische Überlasser selbst eine ausländische Betriebsstätte gründet, der die überlassenen Arbeitskräfte zuzuordnen sind, oder
  • die überlassenen Arbeitskräfte in einer ausländischen Betriebsstätte des Beschäftigers eingesetzt werden (bis 31.12.2016),
  • einem ausländischen Beschäftiger Arbeitskräfte für länger als sechs Monate überlassen werden (ab 1.1.2017).

Details dazu finden Sie in auf unserer Infoseite Kommunalsteuer bei Arbeitskräfteüberlassung .

Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 

Solange aufgrund der Auslandsüberlassung Sozialversicherungspflicht im Inland weiterbesteht, sind auch der Dienstgeberbeitrag und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag zu entrichten.

Umsatzsteuer 

Für die Umsatzversteuerung des Gestellungsentgeltes sind die Rechtsvorschriften des Leistungsortes maßgebend. Die Überlassung von Arbeitskräften an Unternehmer ist eine sonstige Leistung, die dort als ausgeführt gilt, wo der Beschäftiger sein Unternehmen betreibt. Erfolgt die Überlassung an eine Betriebsstätte des Beschäftigers, ist der Ort der Betriebsstätte maßgebend. Liegt danach der Leistungsort in einem EU-Land, muss ohne Mehrwertsteuer abgerechnet werden. Die Umsatzsteuerschuld geht auf den Beschäftiger über (Reverse Charge). Auf der Abrechnung ist die UID-Nummer des Beschäftigers anzugeben sowie auf den Übergang der Steuerschuld hinzuweisen. Das Gestellungsentgelt ist dem Finanzamt gesondert in der zusammenfassenden Meldung mitzuteilen.

Erfolgt die Überlassung von Arbeitskräften an einen Beschäftiger im Drittland, sind die Rechtsvorschriften des Drittlandes zu beachten.

Stand: 01.01.2024

Weitere interessante Artikel
  • An Schreibtisch sitzende lächelnde Person mit Brillen blickt auf Blatt in Händen, am Tisch aufgeklappter Laptop, im Hintergrund Zimmerpflanze
    Anwendung und Auslegung von Doppelbesteuerungsabkommen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie
    Weiterlesen
  • Arbeitsplatz in Büro mit Computerbildschirm und diversen Arbeitsutensilien, im Hintergrund Regal mit Aktenordnern
    Grenzüber­schreitendes Home­office aus lohnsteuer­­rechtlicher Sicht
    Weiterlesen