Aufgeklappter Laptop auf einem Tisch mit Schriftzug Besitzstörung und Icon Paragraph daneben stehen weitere Paragraphen auf der Tastatur und eine goldene Waagschale links dahinter
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Besitzstörung - allgemeiner Überblick - FAQs

Antworten auf die wichtigsten Fragen

Lesedauer: 4 Minuten

  1. Wann liegt eine Besitzstörung vor?
  2. Sind Parkverbotsschilder Voraussetzung für eine Besitzstörung?
  3. Sind Dauer und Tageszeit der Störung für die Besitzstörungsklage von Bedeutung?
  4. Wie kann man gegen eine Besitzstörung vorgehen?
  5. Wann muss die Besitzstörungsklage beim Bezirksgericht einlangen?
  6. Welche Besonderheiten gibt es beim Besitzstörungsverfahren?
  7. Was mache ich, wenn eine unmittelbare Gefahr droht?
  8. Was muss ich in der Besitzstörungsverhandlung beweisen?
  9. Wie entscheidet das Bezirksgericht in einem Besitzstörungsverfahren?
  10. Wann ist Selbsthilfe erlaubt?
  11. Kann ich ein Fahrzeug auch einfach abschleppen lassen?
  12. Was ist der Unterschied zwischen Innehabung, Besitz und Eigentum?   

1. Wann liegt eine Besitzstörung vor?

Der Besitz einer Sache muss entweder eigenmächtig beeinträchtigt bzw verletzt oder ganz entzogen werden (z.B. Behinderung der Zufahrt zu einem Parkplatz). Besitzer einer Sache ist derjenige, dem die Sache gehört oder der sie ordnungsgemäß benützen darf (z.B. Mieter, Pächter, Leasingnehmer). 

2. Sind Parkverbotsschilder Voraussetzung für eine Besitzstörung?

Nein, Parkverbotsschilder sind keine Voraussetzung für eine Besitzstörung. Es genügt z.B. sogar eine deutlich ersichtliche Abschrägung in der Gehsteigkante. Parkverbotsschilder erleichtern allerdings den Beweis für das Vorliegen des Störungsbewusstseins des Lenkers. Dem Störer muss es nämlich möglich gewesen sein, den rechtswidrigen Eingriff in fremde Besitzrechte zu erkennen. 

3. Sind Dauer und Tageszeit der Störung für die Besitzstörungsklage von Bedeutung?

Nein. Sogar ein sehr kurzes Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Privatparkplatz wird schon als ausreichend für eine Besitzstörung angesehen. 

4. Wie kann man gegen eine Besitzstörung vorgehen?

Dazu ist es erforderlich, beim Bezirksgericht im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens mit einer Klage den Schutz und die Wiederherstellung des letzten ruhigen Besitzstandes zu verlangen. 

5. Wann muss die Besitzstörungsklage beim Bezirksgericht einlangen?

Die Besitzstörungsklage muss binnen dreißig Tagen ab Kenntnis der Besitzstörung und der Identität des Störers bei Gericht einlangen (Postaufgabe genügt nicht!). Über die Identität des Störers muss sich der Gestörte innerhalb angemessener Frist informieren. Ansonsten hindert die Unkenntnis den Fristenlauf nicht.

6. Welche Besonderheiten gibt es beim Besitzstörungsverfahren?

Ich kann mich - muss mich aber nicht - von einem Anwalt vertreten lassen. Behauptungen zur Störung können schriftlich oder mündlich zu Protokoll gegeben werden. Schriftlich überreichte Klagen sind als Besitzstörungsklagen zu bezeichnen. Das Verfahren wird aufgrund der Dringlichkeit der Erledigung besonders schnell abgewickelt (z.B. rasche Anberaumung der Verhandlung).

7. Was mache ich, wenn eine unmittelbare Gefahr droht? 

Während der Verhandlung kann der Richter "einstweilige Vorkehrungen“ (z.B. Betretungsverbot, Abschleppen des Autos) anordnen, wenn dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr der widerrechtlichen Beschädigung, zur Verhütung von Gewalttätigkeiten oder eines unwiederbringlichen Schadens nötig ist. Die Erlassung einer derartigen Verfügung kann von der Leistung einer angemessenen Sicherstellung (z.B. vorläufige Übernahme der Abschleppkosten) abhängig gemacht werden. 

8. Was muss ich in der Besitzstörungsverhandlung beweisen? 

In der Verhandlung muss ich nur den letzten ruhigen Besitz und die erfolgte Störung beweisen (z.B. unbefugtes Betreten der angemieteten Wohnung durch den Vermieter). Das Recht auf Besitz, Eigentum, Redlichkeit und Unredlichkeit des Besitzes oder etwaige Entschädigungsansprüche werden nicht verhandelt. 

9. Wie entscheidet das Bezirksgericht in einem Besitzstörungsverfahren? 

Das Bezirksgericht verkündet einen Beschluss (Endbeschluss), in dem ein Gebot oder Verbot (z.B. Verbot des neuerlichen Parkens auf dem Privatparkplatz) und gegebenenfalls eine Sicherstellung (z.B. Beschlagnahme) ausgesprochen werden. 

10. Wann ist Selbsthilfe erlaubt?

Prinzipiell ist die Selbsthilfe zur Abwehr eines rechtswidrigen Zustandes nur ausnahmsweise erlaubt. Das Selbsthilferecht dient der Absicherung und Rechtsdurchsetzung. Die eigenmächtige Herstellung eines rechtskonformen Zustandes ist nur im Fall des Zuspätkommens behördlicher Hilfe zulässig. Damit erlaubte Selbsthilfe vorliegt, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Bestehen eines zivilrechtlichen Anspruchs
  • Ernste Gefahr für die Bewahrung oder Durchsetzung des Anspruchs = das Zuspätkommen staatlicher Hilfe
  • Einsatz des unbedingt notwendigen (=gelindesten) Mittels. Dieses darf zum eigenmächtigen Eingriff nicht außer Verhältnis stehen.

11. Kann ich ein Fahrzeug auch einfach abschleppen lassen? 

Das Abschleppen eines fremden Fahrzeuges von einem Privatgrundstück stellt in der Regel einen Akt der unzulässigen Selbsthilfe dar und ist als Besitzstörung zu qualifizieren. Deshalb sind zuerst zumutbare Erkundigungen nach der Person des Lenkers einzuholen, um ihm die Möglichkeit zu geben, das Fahrzeug selbst zu entfernen. Dabei ist ein Zettel auf der Windschutzscheibe i.d.R. nicht ausreichend, empfohlen wird eine Anfrage bei der Behörde nach dem Zulassungsbesitzer und eine schriftliche Verständigung desselbigen, verbunden mit der Aufforderung, das Fahrzeug zu entfernen.


Beispiel aus der Rechtsprechung:        
Auf dem Privatparkplatz einer Mieterin wurde ohne deren Zustimmung ein Fahrzeug abgestellt, obwohl dort das Verkehrszeichen Halten und Parken verboten aufgestellt wurde. Zusätzlich wurde am Parkplatz darauf hingewiesen, dass es sich um Privatgrund handle und widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge kostenpflichtig entfernt werden. Somit ließ die Mieterin das Fahrzeug von einem Abschleppdienst kostenpflichtig entfernen. Das Gericht entschied jedoch, dass das Abschleppen eines Fahrzeuges, als nicht angemessen eingestuft wurde, weil vor dem Abschleppen nicht versucht wurde, über die Zulassungsevidenz den Zulassungsbesitzerherauszufinden. Hätte die Mieterin über die Zulassungsevidenz den Lenker ausfindig gemacht und ihm durch persönliche Kontaktaufnahme die Möglichkeit gegeben das Fahrzeug selbst zu entfernen, dann wäre die Selbsthilfe rechtmäßig. In weiterer Folge musste die Mieterin auch selbst die Kosten des Abschleppens tragen.

Ein Fall der zulässigen Selbsthilfe liegt bspw. wohl dann vor, wenn die Feuerwehrzone vor einem Wohnhaus zugeparkt ist und die Einsatzfahrzeuge in einem konkreten Notfall behindert werden. Hier sind die Gerichte jedoch streng, eine mögliche Behinderung von Einsatzfahrzeugen ohne unmittelbar vorliegenden Notfall, reicht für ein zulässiges Abschleppen nicht aus.

Demnach wird das Abschleppen von fremden Fahrzeugen grundsätzlich in den meisten Fällen unzulässig sein und steht den Betroffenen dann nur die Möglichkeit der Erhebung einer Besitzstörungsklage zu. 

12. Was ist der Unterschied zwischen Innehabung, Besitz und Eigentum? 

Der Besitz setzt einerseits eine tatsächliche Macht über die Sache (äußere Gewahrsame) - nämlich die Innehabung (z.B. Finder einer Sache) - und andererseits den Willen des Inhabers, die Sache auch für sich zu behalten (z.B. Wohnungsmieter), voraus.

Das Eigentum stellt im Unterschied zum Besitz eine umfassende rechtliche Herrschaft einer Person über eine Sache dar (z.B. Wohnungseigentümer). Der Eigentümer kann daher nach Willkür über die Sache verfügen, d.h. diese veräußern, verschenken, verpfänden etc. 

Stand: 11.11.2021

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