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Haftung für die Umsatzsteuer meines ausländischen Lieferanten

Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme

Lesedauer: 5 Minuten

Zur Sicherung des Steueraufkommens enthält das Umsatzsteuergesetz eine Reihe von Bestimmungen. Eine der wichtigsten Regelungen ist § 27 Abs. 4 Umsatzsteuergesetz. Bei Nichtbeachtung der darin enthaltenen Vorschriften kann sich unter bestimmten Umständen ein Einkauf über einen ausländischen Geschäftspartner schnell um 20 % verteuern.

Anwendungsvoraussetzung für die Haftung ist eine steuerpflichtige Leistung im Inland durch einen ausländischen Unternehmer an einen anderen Unternehmer oder eine Körperschaft. Ob der Leistungsempfänger eine Umsatzsteueridentifikationsnummer besitzt oder verwendet, ist nicht maßgeblich. Unter die Haftungsbestimmungen fallen daher auch Kleinunternehmer.


Beispiel Kleinunternehmer:
Ein Kleinunternehmer kauft auf einer Messe eine Maschine (Ausstellungsstück) von einem tschechischen Maschinenhersteller.  Der Kleinunternehmer muss die Umsatzsteuer in Höhe von 20 % im Namen und für Rechnung des Verkäufers an das Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt abführen. Andernfalls haftet er für die nicht abgeführte Umsatzsteuer.


Voraussetzung für die Haftungsinanspruchnahme ist weiters, dass ein Steuerausfall entstanden ist. Allein der Umstand, dass der Leistungsempfänger keine Umsatzsteuer abgeführt hat, führt (noch) zu keinen Konsequenzen. Das Finanzamt muss vor der Haftungsinanspruchnahme prüfen, ob der ausländische Unternehmer selbst die Umsatzsteuer ordnungsgemäß abgeführt hat. In diesem Fall kommt eine Ausfallshaftung nicht in Betracht.

Das Finanzamt kann die Haftung aber auch dann mit Haftungsbescheid geltend machen, wenn die Umsatzsteuer beim ausländischen Unternehmer einbringlich wäre.

Hinweis: Auf die seit 1.1.2020 geltende Haftung bei Sorgfaltsverletzung für Plattformen (z.B. Hotelvermittlung im Internet etc.) und elektronische Schnittstellen wird hier nicht eingegangen.

Wer ist ausländischer Unternehmer?

Ausländischer Unternehmer ist, wer in Österreich weder einen (Wohn-)Sitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch eine Betriebsstätte hat.

Beispiele für Betriebsstätten: Geschäftsleitung in Österreich, Zweigniederlassung, Fabrikationsstätten, Warenlager, Ein- und Verkaufsstellen sowie Bauausführungen über sechs Monate.

In Einzelfällen ist es für den Leistungsempfänger vielfach unklar, ob der leistende Unternehmer im Inland eine Betriebsstätte hat. Darauf zu vertrauen, dass eine Betriebsstätte vorliegt, schützt nicht vor Haftungsinanspruchnahme! Absichern können Sie sich nur durch folgendes Verfahren: 

Der leistende Unternehmer kann bei dem für ihn für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt beantragen, dass dieses eine Bescheinigung über das Vorliegen einer Betriebsstätte im Inland ausstellt. Während des in der Bescheinigung genannten Zeitraumes kann der Leistungsempfänger davon ausgehen, dass eine Betriebsstätte im Inland vorliegt und die Voraussetzungen für die Einbehaltung und Abfuhr gemäß § 27 Abs. 4 UStG 1994 nicht gegeben sind.

In dem Antrag hat der leistende Unternehmer erforderlichenfalls darzulegen, dass eine inländische Betriebsstätte vorliegt. Die Bescheinigung ist grundsätzlich für ein Jahr auszustellen. Ist nicht auszuschließen, dass der leistende Unternehmer nur für eine begrenzte Dauer eine Betriebsstätte im Inland hat, hat das Finanzamt die Gültigkeit der Bescheinigung entsprechend zu befristen.

Die Bescheinigung ist vom zuständigen Finanzamt mittels Formular U 71 zu erstellen.

Achtung: Die Vorlage des Formulars U 70 ist nicht ausreichend, da durch dieses Formular lediglich bestätigt wird, dass der ausländische Unternehmer zur Umsatzsteuer erfasst ist.

Hauptanwendungsfälle für die Haftung

  • Lieferungen von Waren durch ausländische Unternehmer in Österreich
  • Reihengeschäfte (ruhende Lieferung in Österreich)
  • Duldung der Benutzung von Mautstraßen gegen Entgelt
  • Kauf auf Probe
  • Kauf von Ausstellungsstücken auf einer Messe

Weist der ausländische Unternehmer keine Umsatzsteuer in seiner Rechnung aus, besteht dennoch eine Haftung aufgrund des Umsatzes. Der Rechnungsbetrag ist in diesem Fall als Bruttobetrag zu betrachten und die Umsatzsteuer muss herausgerechnet werden.


Beispiel Lieferung:
Ein deutscher Hersteller verkauft an seinen österreichischen Kunden Ware. Die Ware wird seitens des deutschen Herstellers in Österreich zugekauft und direkt von z.B. Salzburg nach Innsbruck geliefert. Da die Ware Österreich nicht verlässt, muss der deutsche Hersteller an seinen österreichischen Kunden 20 % Umsatzsteuer in Rechnung stellen. Der österreichische Kunde überweist dem deutschen Hersteller den Nettobetrag und den Umsatzsteuerbetrag an das Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt.


Beispiel Reihengeschäft:
Ein österreichischer Kunde Ö bestellt einen Gegenstand bei D 2. Da dieser die Waren nicht vorrätig hat, bestellt D 2 wiederum bei D 1, welcher die Ware direkt nach Österreich transportieren lässt. Durch dieses Reihengeschäft bewirkt D 2 einen in Österreich steuerpflichtigen Umsatz. Er muss daher an Ö eine Rechnung mit 20 % österreichischer Umsatzsteuer ausstellen. Der österreichische Kunde überweist dem deutschen Hersteller den Nettobetrag und den Umsatzsteuerbetrag an das Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt.


Beispiel Reihengeschäft – Haftung mehrerer Unternehmer: 
Am Reihengeschäft sind vier Unternehmer beteiligt: Hersteller D1, Großhändler D2, Zwischenhändler D3, Einzelhändler Ö; D1 versendet die Ware direkt an Ö.

Lösung:

  • Umsatz D1 an D2: steuerfreie ig Lieferung von D1 an D2 (bei Verwendung einer österreichischen UID), ig Erwerb in Österreich durch D2

  • Umsatz D2 an D3: steuerpflichtige ruhende Lieferung in Österreich, Haftung des D3 für die Umsatzsteuer von D2

  • Umsatz D3 an Ö: steuerpflichtige ruhende Lieferung in Österreich, Haftung des Ö für die Umsatzsteuer von D3 


Beispiel Messeverkauf:
Ein deutscher Hersteller verkauft auf einer Messe in Wien Werkzeug an einen Unternehmer aus dem Burgenland. Dieser bekommt fälschlicherweise eine Rechnung ohne 20 % Umsatzsteuer. Der österreichische Kunde rechnet aus dem verrechneten Preis 20 % Umsatzsteuer heraus, überweist dem deutschen Hersteller den so errechneten Nettobetrag und den Umsatzsteuerbetrag an das Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt.


Kein Umsatzsteuerausweis in der Rechnung, hafte ich trotzdem?

Die Haftung besteht unabhängig davon, ob Umsatzsteuer ausgewiesen wurde oder nicht. Wird durch den ausländischen Unternehmer keine Umsatzsteuer ausgewiesen, sollten Sie auf eine Korrektur der Rechnung bestehen, weil ansonsten kein Vorsteuerabzug zusteht.

In welchen Fällen gibt es keine Haftung?

Keine Anwendung findet die hier behandelte Haftung bei Eintrittsberechtigungen.

Beispiel: Ein französischer Kongressveranstalter veranstaltet einen Kongress in Bregenz. Seit 1.1.2012 bleibt die Steuerschuld von vornherein beim Veranstalter. Gleichzeitig entfällt – entgegen den allgemeinen Regeln - auch die Haftung gemäß § 27 Abs 4 UStG für die teilnehmenden Unternehmer.

Weiters sind sogenannte Reverse-Charge-Umsätze(Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger) von der Haftung ausgenommen. Der Übergang der Steuerschuld (Reverse-Charge) hat Vorrang vor der Haftung.
Ausführliche Infos zum Reverse-Charge-System 

Wie führe ich die Umsatzsteuer ab und zu welchem Zeitpunkt greift die Haftung?

Der Leistungsempfänger bezahlt dem ausländischen Unternehmer den Nettobetrag aus und überweist im Namen und für Rechnung des Leistenden den Umsatzsteuerbetrag an das Finanzamt Österreich, Dienststelle Graz-Stadt. Auf dem Zahlschein sind der genaue Name und die Adresse des ausländischen Unternehmers sowie – falls bekannt – dessen österreichische Steuernummer anzugeben.

Die Abfuhr muss spätestens für den Voranmeldungszeitraum erfolgen, in dem das Entgelt entrichtet wird. Voraussetzung für die Haftung ist ein konkreter Steuerausfall. Die Inanspruchnahme des Haftenden liegt im Ermessen der Finanz.

Stand: 01.04.2022

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