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„Es ist höchste Zeit zu handeln“

Karin Ronijak steht neu an der Spitze der Fachvertretung Elektro- und Elektronikindustrie in der Steiermark. Im Interview erklärt sie, wo in der Branche der Schuh drückt und wie sie den Herausforderungen begegnen will.

Lesedauer: 1 Minute

Aktualisiert am 24.07.2025

Als Vorsitzende der Fachvertretung stehen Sie seit kurzem an der Spitze der Branche der Elektro- und Elektronikindustrie. Wie fällt Ihr Befund über die Branche aus?
Ronijak: Es ist eine heterogene Branche mit 58 Mitgliedsbetrieben, fast 19.000 Beschäftigten und 235 Lehrlingen. Neben dem Maschinen- und Fahrzeugbau  sowie der Metallerzeugung und -bearbeitung ist sie die Branche mit den meisten Mitarbeitern und dem höchsten Produktionswert in der Steiermark. 


Also ein Hebel auch für andere Branchen?
Auf jeden Fall. Laut einer aktuellen Studie schafft ein Job in der Halbleiterindustrie über sechs indirekte Arbeitsplätze, etwa bei Zulieferbetrieben. Da wir Technologien für Innovationen anderer Branchen entwickeln – etwa im Bereich autonomes Fahren und in der Medizintechnik –, sind wir gut aufgestellt. Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch große Herausforderungen gibt. 


Wo liegen aus Ihrer Sicht die größten „Baustellen“?
Aufgrund der geopolitischen Lage gibt es eine deutlich geringere Planungssicherheit, dazu kommen die Bürokratie, das Hochlohnland Österreich und die schwankenden Energiepreise – das sind alles jedoch keine spezifischen Probleme unserer Branche allein, sondern betreffen den gesamten Industriestandort Steiermark.

 
Für wie resilient halten Sie Ihre Branche?
Ich würde sagen, das Maß ist voll. Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt rasch an den richtigen Schrauben drehen. Es ist höchste Zeit zu handeln, sonst verlieren wir in Sachen Wettbewerbsfähigkeit den Anschluss.


Können Sie das Problem der Bürokratie an einigen Beispielen festmachen?
Ich würde schon eher von Technokratie sprechen. So zieht sich die Umsetzung des Chips-Acts über Jahre, auch das Lieferkettensorgfaltsgesetz ist mit seinen Nachweisverpflichtungen schwer zu realisieren. Und auch die EU-Taxonomie ist für kleine Betriebe ein Riesenaufwand.


Ist der Chips-Act aus Ihrer Sicht der große Wurf oder eher ein Lippenbekenntnis?
Es ist zweifellos ein tolles Konstrukt auf EU-Ebene, aber es müssen dafür auch ausreichend nationale Mittel bereitgestellt werden. Wichtig ist, sowohl die Bereiche Forschung und Entwicklung als auch Produktion zu fördern, denn das eine bedingt das andere. 


Was muss sich in Zukunft ändern? Und wo möchten Sie Akzente setzen?
Es braucht neue Rahmenbedingungen für eine funktionierende Wirtschaft: Wir müssen endlich von den hohen Lohnstückkosten runterkommen und die Bürokratie abbauen. Längst überholte Gesetze gehören abgeschafft, das EU-Beihilfenrecht überarbeitet. Ganz wichtig ist es auch, die Elek­tro- und Elektro­nikindustrie attraktiver für Frauen zu machen, auch in Führungspositionen. Die Branche ist aktuell sehr männlich gepolt, wir sollten aber das ganze Potential ausschöpfen.