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Zeitraum 1940 bis 1949
© WKO Steiermark

Teil 11/1. Wiederaufbauhilfen: Das Grauen am Ende des Krieges

KZ-Außenlager, Zwangsarbeit, Todesmärsche: Auch die Steiermark wurde während des Zweiten Weltkriegs zum Schauplatz der NS-Vernichtungsmaschinerie.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 06.06.2025

Zwischen 1939 und 1945 kamen mehr als eine Million zivile Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge aus fast ganz Europa auf das Gebiet des heutigen Österreich. Sie wurden in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft zur Arbeit eingesetzt. Allein in Graz waren es laut den Erkenntnissen des Ludwig Boltzmann Instituts für Kriegsfolgenforschung rund 15.300  Zwangsarbeiter, die während der Zeit des Nationalsozialismus in Graz ihnen aufgezwungene Dienste leisten mussten. Sie stammten aus 40 unterschiedlichen Nationen und mussten an über 700 Adressen in der steirischen Landeshauptstadt arbeiten – großteils in Fabriken der Rüstungsindustrie, aber auch in der Landwirtschaft und bei Privatpersonen. Rund ein Drittel war zum Zeitpunkt ihrer Verschleppung jünger als 20 Jahre. Untergebracht waren sie in einem Netz von Lagern und lagerähnlichen Einrichtungen, das die gesamte Stadt überzog.

Getötete Gefangene liegen auf einer Wiese. Dahinter Soldaten. Davor eine geschockte Frau.
© Nara Von der SS getötete Gefangene.

Allein im Lager Liebenau haben sich zwischen 1941 und 1945 fast zwei Drittel aller Zwangsarbeiter in Graz zumindest einmal aufgehalten. In dem „Ankunftslager“ waren zeitgleich bis zu 5.000 Menschen, manche blieben nur wenige Tage, ehe sie auf andere Lager oder Arbeitsstätten verteilt wurden – beispielsweise in das Außenlager des KZ Mauthausen in Leibnitz. Dort mussten die Häftlinge die Stollen erweitern, um Maschinen aus der Motorenproduktion des Steyr-Daimler-Puch-Werks vor den Bombenangriffen der Alliierten in Sicherheit zu bringen. Auch im Römersteinbruch in Aflenz bei Leibnitz gab es ein Lager des „Reichsarbeitsdienstes“.  

Vormarsch der Roten Armee
© APA Picturedesk Vormarsch der Roten Armee.

Als in den letzten Kriegsmonaten die Verbände der Roten Armee an die Südostgrenze des Deutschen Reichs immer weiter heranrückten, wurde von den nationalsozialistischen Machthabern mit dem Bau des sogenannten Südostwalls begonnen. Für den Bau der Befestigungsanlagen wurden beispielsweise bei St. Anna am Aigen in der Südoststeiermark neben der Dorfbevölkerung auch Ostarbeiter und ab Jänner 1945 auch ungarische Juden eingesetzt. Unmenschliche Behandlung, Hunger, Krankheiten, Erschöpfung sowie Seuchen standen an der Tagesordnung. Die Bevölkerung von St. Anna am Aigen leistete im Rahmen ihrer Möglichkeiten Zivilcourage und ließ den Häftlingen Nahrung zukommen. 

Todesmarsch von Juden über den Präbichl
© Walter Dall-Asen Todesmarsch von Juden über den Präbichl

Die Aussichtslosigkeit der militärischen Lage veranlasste die Nazis Ende März 1945 aber, die ungarischen Juden auf sogenannten Todesmärschen ins KZ Mauthausen zu treiben. Auch aus dem Lager Liebenau wurden zwischen 1. und 17. April 1945 rund 7.000 Juden auf zwei Transportrouten über den Präbichl und das Gaberl losgeschickt. Dabei umging man die Ortschaften und marschierte auf Nebenstraßen, um möglichst wenig Kontakt zur Bevölkerung zu haben. Wer zu erschöpft war und nicht weitergehen konnte, wurde sofort erschossen und notdürftig im Straßengraben verscharrt oder einfach liegen gelassen. Zudem gab es Menschenjagden anlässlich von Fluchtversuchen bei den Evakuierungen der Konzentrationslager Peggau und Aflenz bei Leibnitz sowie die Ermordung von über 100 Menschen am Feliferhof bei Graz.

Das größte Massaker in der Steiermark verübten allerdings Angehörige des Eisenerzer Volkssturms und der SS am 7. April 1945 auf der Passhöhe des Präbichls, bei dem binnen 45 Minuten über 200 Juden ermordet wurden. Auf Lastwägen wurden die Leichen in die Seeau beim Leopoldsteiner See transportiert und in Massengräbern verscharrt. Im November 1945 wurden die Gräber entdeckt und auf den heute noch existierenden Friedhof gegenüber dem Schloss Leopoldstein umgebettet. Gegen 17 Personen des Volkssturms wurde Anklage erhoben, zwölf wurden zum Tode verurteilt. Am Präbichl erinnert seit 2004 ein Denk- und Mahnmal an das Massaker.

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