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Zeitraum 1980 bis 1989
© WKO Steiermark

Teil 15/1. Verstaatlichte Industrie: Vom Konjunkturmotor zum Skandal- und Krisenfall.

Als „Abwehrmaßnahme“gegenüber den Alliierten erdacht, entwickelte sich die Verstaatlichte Indus­trie zu einem Wachstumsmotor – bis zum Crash.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 26.08.2025

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs stand Österreich wirtschaftlich am Abgrund. Massive Kriegsschäden, Demontagen vor allem durch die sowjetische Besatzung, Kapital- und Rohstoffmangel führten nahezu zu einer kompletten Handlungsunfähigkeit der Industrie. Privates Kapital zum Wiederaufbau war nicht oder nur unzureichend vorhanden. Noch dazu drohte den Großbetrieben der Schwer- und Grundstoffindustrie als ehemals „deutsches Eigentum“ eine Enteignung durch die Aliierten.

 Vor diesem Hintergrund sah die Führung des neuen österreichischen Staats in der Verstaatlichung den einzigen Weg, sich dem Zugriff der Besatzungsmächte auf diese Vermögenswerte entziehen zu können. Vor allem in der Sowjetzone musste der österreichische Anspruch auf die Unternehmen gesichert werden.

Blick auf das Dampfhammerwerk von Böhler in Kapfenberg
© Stadtgemeinde Kapfenberg Das ehemalige Dampfhammerwerk von Böhler in Kapfenberg.

So erfolgt mit dem ersten Verstaatlichtengesetz Mitte 1946 die Einverleibung der Grundstoffindustrie und Banken. Ein zweites, mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und KPÖ beschlossenes Gesetz ein Jahr später betraf die Elektrizitätswirtschaft. Insgesamt kamen so 70 Unternehmen und damit wesentliche  Bereiche der heimischen Industrie ins Eigentum des Staates – unter anderem die „Vereinigte Österreichische Eisen- und Stahlwerke AG“ (VÖEST), die Chemie- und Erdölindustrie, Kohlebergbauunternehmen, Werften sowie die großen Energieversorgungsunternehmen. 

Die beiden Großparteien verfolgten mit der Verstaatlichung dieses Rückgrats der Wertschöpfung allerdings unterschiedliche Ziele: Während die ÖVP darin nur eine notwendige Übergangslösung für den Wiederaufbau des Wirtschaftsstandortes sah, dominierte bei der SPÖ der Wunsch nach einer Dauerlösung. Der koalitionäre Schulterschluss hielt jedenfalls – auch wenn der Wirtschaftsmotor nur langsam in Gang kam. Erst 1949 hatte die Produktion wieder das  Vorkriegsniveau von 1937 erreicht.

Arbeiter arbeitet am Puddeloffen am Voest-Fabrikstandort in Donawitz.
© voestalpine Harte Arbeit, weicher Stahl: Ein sogenannter Puddelofen am Fabriksstandort Donawitz.

In den folgenden zweieinhalb Jahrzehnten wuchs Österreich dank boomender Konjunktur allerdings zu einem der weltweit höchstentwickelten Industriestaaten. Bereits Mitte der 1950er-Jahre arbeiteten rund 125.000 Beschäftigte – rund ein Fünftel aller Industriearbeiter – in der verstaatlichen Industrie. Durch starke Nachfrage stieg die Stahl- und Erzproduktion schnell, erwirtschaftete Gewinne und trug wesentlich zur Exportleistung Österreichs bei. Kontinuierliches Konjunkturwachstum, Vollbeschäftigung, steigende Löhne, zunehmender Wohlstand – diese Erfolgsgeschichte ließ allerdings die Sensibilität gegenüber notwendigen strukturellen Änderungen schrumpfen.

Entwicklungen in Asien, wo sich dank billiger Massenproduktion eine neue Konkurrenz etablierte, wurden nicht antizipiert. Parallel ersetzte man im Zuge des rasant gestiegenen Energiebedarfs die Kohle durch Öl und Erdgas und erzeugte neue Abhängigkeiten. Der steirischen Industrie kam in diesem Umfeld zunehmend ihre Wettbewerbsfähigkeit abhanden. Der Veränderungsbedarf war groß. Vor allem der in der Obersteiermark dominante Alpine-Montan-Konzern kam unter Druck und wurde 1973 mit der VÖEST fusioniert, später kamen noch Böhler, SchoellerBleckmann sowie die Gußstahlwerke Judenburg dazu. Es war der Anfang vom Ende der Verstaatlichten. Die Krise begann.


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