Zum Inhalt springen
Zeitraum 1990 bis 1999
© WKO Steiermark

Teil 16/2. Integration Österreichs: "Wir müssen lernen europäisch zu denken"

Anita Ziegerhofer, Leiterin des Instituts für Rechtswissenschaftliche Grundlagen an der Uni Graz, über „Paneuropa“, Krieg und Frieden.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 29.09.2025

Sie beschäftigen sich in Ihrer Forschungsarbeit mit Europa-Ideen seit dem 14. Jahrhundert. Lassen sich stabile Erzählstränge erkennen?

Anita Ziegerhofer: Die Idee Europa ist seit jeher eine Friedensidee. Ziel war und ist es, die Staaten Europas zu vereinen, um auf diesem „Flickenteppich“ den „ewigen“ Frieden zu erlangen. 

Dennoch gab es immer wieder Konflikte und große Kriege. Warum?

Pläne für eine Vereinigung europäischer Staaten wurden im Laufe der Geschichte von der nationalen Politik immer wieder instrumentalisiert. Der europäische Integrationsprozess ab 1945 erhielt „von außen“ immer wieder Impulse in Richtung Vereinigung, im Inneren wurde die „Idee Europa“ von den jeweiligen Mitgliedstaaten aber für eigene nationalstaatliche Interessen benutzt. Mein Credo lautet daher: „Wir müssen lernen, europäisch zu denken. Wenn man immer nur nationalstaatlich denkt, wird die Idee Europa sterben.“

Wann wurde diese Idee geboren?

Es gibt seit dem 14. Jahrhundert Ideen zur Vereinigung Europas. Bereits am Ende des 19. Jahrhunderts entsteht ein Bewusstsein für die Notwendigkeit einer europäischen Rechtsordnung. So hat Bertha von Suttner schon 1892 ein Modell für die Errichtung eines europäischen Staatenbundes entwickelt. Sie spricht von den Vereinigten Staaten von Europa und will diese auf der Basis des Rechts aufbauen – also eine europäische Rechtsgemeinschaft schaffen – und nimmt damit den Gedanken, der sich heute im Unionsrecht wiederfindet, vorweg.

Statt sich zu vereinigen, stürzt sich Europa im 20. Jahrhundert in zwei Weltkriege.

Winston Churchill hat schon Anfang der 1920er-Jahren gemeint, man lebe nicht in einer Friedenszeit, sondern in einer Zeit zwischen zwei Kriegen – und er sollte Recht behalten.

Portraitfoto Anita Ziegerhofer
© Uni Graz/Radlinger Anita Ziegerhofer ist Leiterin des Instituts für Rechtswissenschaftliche Grundlagen an der Uni Graz

Wie hat die „Idee Europa“ überlebt?

Nach 1945 haben Politiker regiert, die zwei Weltkriege und die Zwischenkriegszeit erlebt haben – das war prägend für die Friedensbestrebungen, unter anderem in der Paneuropa-Bewegung, die Richard Coudenhove-Kalergi 1922 von Wien aus startete. Er hat als Erster versucht, die Idee Europa zu realisieren. Paneuropa sollte alle europäischen Staaten einen, eine Wirtschaftsgemeinschaft sein mit gemeinsamer Außen- und Verteidigungspolitik samt gemeinsamer europäischen Armee. Vorbild dafür waren die Vereinigten Staaten von Amerika.

Er musste 1940 aber in die USA fliehen.

Nach seiner Rückkehr nach Europa wiederbelebte er Mitte der 1950er Jahre die Paneuropa-Union, die sich als Brücke zwischen Westeuropa und den Staaten hinter dem „Eisernen Vorhang“ verstand und unter anderem im August 1989 das „Paneuropäische Picknick“ an der österreichisch-ungarischen Grenze organisierte.

Was lässt sich aus der Vergangenheit lernen?

Die Geschichte kommt wieder – wenn auch in einem anderen Gewand. In den Plänen der Vergangenheit und historischen Texten liegt so viel positive Zukunft – man muss sie nur herausfiltern und umsetzen. Dann hätten wir eine friedlichere Welt.

Nach dem Massaker von Srebrenica beendet ein in Dayton (USA) zwischen Serbien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina ausverhandeltes Friedensabkommen nach dreieinhalb Jahren den Krieg im ehemaligen Jugoslawien.

Bei der Landtagswahl in der Steiermark verliert die ÖVP massiv, Landeshauptmann Josef Krainer tritt zurück, Waltraud Klasnic folgt ihm nach. Die VA-Stahl sowie Böhler-Uddeholm werden privatisiert, der steirische Autocluster wird gegründet. 

In Österreich wird die Autobahnmaut eingeführt, Franz Vranitzky löst Fred Sinowatz als Bundeskanzler ab. Die von England ausgehende Seuche BSE („Rinderwahnsinn“) führt zu einem weltweiten Exportverbot von britischem Rindfleisch.

Gerhard Schröder (SPD) löst Helmut Kohl (CDU) als deutscher Bundeskanzler ab. In Kyoto wird ein Klimaabkommen zur CO2-Reduktion unterzeichnet. Sappi kauft die KNP-Leykam in Gratkorn. die Energie de France steigt bei der Estag ein.