
Teils 10/2: Der Zweite Weltkrieg: Die Kammer in dunklen Zeiten
Die aufgewühlte Zwischenkriegszeit bildet das Fundament für eine Unternehmensvertretung, die ohne spürbaren Widerstand Teil der Kriegswirtschaft wird.
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„Unter den demokratischen Vorkämpfern der Zwischenkriegszeit war die Wirtschaftskammer nicht zu finden“, stellt Thomas Krautzer, Professor und Leiter des Instituts für Wirtschafts-, Sozial- und Unternehmensgeschichte an der Karl-Franzens-Universität Graz, klar. „Wie ein großer Teil der steirischen Industriellen und Gewerbetreibenden war auch die Handelskammer Mitte der 1930er-Jahre stark von illegalen NS-Parteimitgliedern oder NS-Sympathisanten durchsetzt“, schreibt der renommierte Historiker Stefan Karner in seinem Buch „Die Steiermark im Dritten Reich“. Nach dem „Anschluss“ wurde im April 1939 das Kammerwesen in der „Ostmark“ neu geregelt und der Reichswirtschaftskammer in Berlin unterstellt.

In der Steiermark gab es ab dann eine Industrie- und Handelskammer, während das Handwerk in die neu geschaffene Handwerkskammer eingegliedert wurde. Beide Institutionen wanderten – zusammen mit ihren Pendants in Kärnten – unter das neu geschaffene Dach der „Wirtschaftskammer Südmark“.
Neben den deklarierten Rüstungsbetrieben der Industrie (Teil 10/1) wurden so auch die Klein- und Mittelbetriebe in die Kriegswirtschaft eingegliedert. Parallel blieb auch die Unternehmenslandschaft nicht von der Arisierung verschont. Knapp 15 Prozent der Unternehmerschaft wurden mit Berufsverbot belegt oder enteignet, acht Prozent verfolgt oder ermordet, zwölf Prozent erlebten zumindest massive Einschränkungen. Für die überwiegende Mehrheit – 52 Prozent laut einer Studie von Thomas Krautzer – gab es aber keine Auswirkungen. Sie gingen im System auf.

Auch dem Funktionärsapparat der Kammer zwang man Loyalität zum NS-Regime ab: „Wer nicht mit den Nazis ging, konnte auch nicht Funktionär werden“, stellt Historiker Krautzer klar, Regimegegner wie der spätere Bundeskanzler Alfons Gorbach mussten indes ins KZ. Das Kammerkonstrukt litt aber intern an Dysfunktionalität. So stellten die Industrieabteilungen der „Wirtschaftskammer Südmark“ zwar eine kompakte Vertretung aller Industrieunternehmungen in Kärnten und der Steiermark dar, die Handelskammer aber gliederte sich in vier Wirtschaftsgruppen auf: Groß-, Ein- und Ausfuhrhandel, Einzelhandel sowie Vermittlergewerbe und ambulantes Gewerbe.

„Diese komplizierte und der österreichischen Kammerorganisation fremde deutsche Organisation führte besonders in der Steiermark bald zu Kompetenzproblemen zwischen den einzelnen Kammern“, schreibt Stefan Karner: In vielen Fällen wurde parallel und doppelt gearbeitet. Zudem formierte sich gerade in Graz ein formidabler Widerstand unter ehemaligen Funktionären gegen die neuen Strukturen. Informell hielt man an jenen aus der Ersten Republik zumindest bis 1940 fest. Erst am 21. Juni fand die letzte illegale Zusammenkunft der Kammeramtsdirektoren der früheren österreichischen Handelskammern statt.
Im Folgejahr kam es erneut zu einer Reorganisation: Eine eigene „Wirtschaftskammer Steiermark“ – exklusive Kärnten, aber inklusive der angegliederten Untersteiermark – wurde geschaffen. Vorbehalte und Ineffizienzen blieben aber konserviert. Es könne nicht geleugnet werden, dass das „die Schlagkraft und Funktionsfähigkeit der Gesamtorganisation lähmt und es eine vielfach unrationelle Verschwendung von Arbeitskraft und Arbeitszeit bedeutet“, heißt es in einer kritischen Selbstanalyse der NS-Führung. Und so wurde 1942 erneut umstrukturiert. Die Wirtschaftskammer Steiermark wurde dabei zur „ersten Gauwirtschaftskammer des Reichs“ ernannt. Mit Kriegsende zerfiel auch diese Strutkur.
„Erstaunlich war, mit welcher Kraft und letztlich wieder ehrlicher demokratischer Überzeugung die Kammer und ihre Vertreter nach dem Krieg am Wiederaufbau beteiligt waren“, zieht Historiker Thomas Krautzer Bilanz.
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