Von der Sackgasse in die Mitte Europas
Der Wandel der Verkehrsinfrastruktur in der Steiermark ist ein Spiegelbild wirtschaftlicher Dynamik, technologischer Innovation und geopolitischer Weichenstellungen.
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Die wirtschaftliche Entwicklung der Steiermark lässt sich an wenigen Indikatoren so präzise ablesen wie an ihrer Verkehrsinfrastruktur. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts durchläuft das Bundesland eine tiefgreifende Transformation von einer rohstoffbasierten Binnenregion zu einem vernetzten Industriestandort mit europäischer Relevanz. Lokale Durchgangswege entwickelten sich dank EU-Beitritt und -Südosterweiterung zu internationalen Verkehrsachsen. Straßen und Schienen wuchsen nicht nur zu Transitrouten, sondern mutierten zum Spiegel technologischen Fortschritts, strategischer Standortpolitik und ökonomischer Perspektiven.
Krisen und Kriege sorg(t)en dabei regelmäßig für Brüche oder zumindest Unterbrechungen, Investitionen in diese Lebensadern der Gesellschaft wirken aber stets als Katalysator für Wirtschaftswachstum. Das zeigt nicht zuletzt die Zahl der zugelassenen Pkw: So waren vor hundert Jahren in ganz Österreich gerade einmal 11.000 Pkw angemeldet. Vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg setzte ein rasantes Wachstum ein. Allein in der Steiermark verneunfachte sich zwischen 1951 und 1961 der Pkw-Bestand auf 62.492. Im vergangenen Jahr zählte man bereits 795.629 zugelassene Pkw, also fast 120-mal mehr als vor rund 75 Jahren.
Linksverkehr
Parallel verdichtete sich das Verkehrsnetz: Heute durchziehen die Steiermark rund 1.000 Kilometer Eisenbahn- und Straßenbahnschienen sowie knapp 5.500 Kilometer Straßen von der Autobahn bis zu Landstraßen, dazu Gemeinde- und Privatwege, Forststraßen und Radwege, die allesamt raumwirksam werden. So entstand bereits Mitte des 19. Jahrhunderts der erste mit mehr als Postkutschen belastbare Güterweg für den Kohletransport aus der Weststeiermark über die Pack ins Lavanttal – eine Versorgungsrolle, die der Route auch beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zufiel. So wurden 1966 1,66 Millionen Tonnen Kohle in Lkw auf der Packer Bundesstraße transportiert. Als Reiseroute zum Packer Stausee und Klopeiner See und für den Pendelverkehr Kärntner Studierender Richtung Graz entwickelte sich die kurvenreiche Route zu einer der unfallreichsten Bundesstraßen Österreichs.
und 15 Tunnels auf 42 Kilometern als technische Meisterleistung.
Tatsächlich eröffnet wurde die ausgebaute Straße über die Pack bereits im Mai 1936 – mit einem Kuriosum: Da Kärnten bereits 1935 einer europaweiten Initiative gefolgt und von Links- auf Rechtsverkehr umgestellt hatte, eine entsprechende Verordnung in der Steiermark aber erst 1938 in Kraft trat, gab es am Packsattel eine Stelle, bei dem die Autofahrer einen Spurwechsel vornehmen mussten.
Sparautobahnen
Nach dem Anschluss an Hitler-Deutschland kam erstmals die Idee für eine Autobahn auf. Sie wurde in den 1950er-Jahren wieder aufgegriffen. Es existierten aber auch Pläne, die steile Pack zu umfahren und die Route über den wesentlich flacher ansteigenden Radlpass und eine kurze Korridorstrecke im heutigen Slowenien Richtung Kärntner Drautal zu verlegen. Parallel wirkte sich die als Teil des Mur-Mürz-Stützungsprogramms der Bundesregierung unter Bruno Kreisky eröffnete Schnellstraße durch das Mürztal konkurrenzierend auf das Pack-Projekt aus. Die Autobahn kam zunächst in einer Sparvariante. Ebenso nur etappenweise, begleitet von Debatten über Alternativrouten über das Burgenland statt über den Wechsel und teilweise als „Halbautobahn“, wird der Rest der A2 von Wien über den Wechsel Richtung Graz und Klagenfurt ab 1969 gebaut. Erst 2007 ist der Vollausbau abgeschlossen. Nicht das einzige „Endlosprojekt“: Auch der 1971 gestartete Bau der A9 zieht sich über 33 Jahre – und ist mit der aktuellen Forderung auch der Wirtschaft nach einer dritten Spur südlich von Graz eigentlich noch immer nicht beendet.
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