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Deutschland
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Dunkle Wolken über den größten Exportmärkten

Wendezeit in Deutschland und den USA: Was bedeuten die politischen Umwälzungen in ihren wichtigsten Exportmärk­ten für die steirische Wirtschaft?

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 20.11.2024

Donald Trump am Start zu seiner zweiten US-Präsidentschaft, die deutsche Regierung am Ende: Turbulente Wochen sowohl für die mit 28 Billionen Dollar (26,4 Billionen Euro) Bruttosozialprodukt mit Abstand stärkste Volkswirtschaft der Erde als auch für den – immer noch – wichtigsten Motor der europäischen Wirtschaft. Die gravierenden politischen Veränderungen in Washington und Berlin strahlen auch auf die steirische Wirtschaft aus, sind die beiden Länder doch die zwei wichtigsten Exportmärkte der hiesigen Wirtschaft: Von den zuletzt rund 28,7 Milliarden Euro Exportvolumen der Steiermark wurden knapp 7,9 Milliarden mit Deutschland und über drei Milliarden Euro durch Exporte in die USA erwirtschaftet. In der steirischen Außenhandelsstatistik erst deutlich dahinter rangieren Italien, China und das Vereinigte Königreich.

Womit ist nach dem Wahlsieg von Donald Trump also zu rechnen? Der designierte Präsident steht für eine protektionistische Handelspolitik. „Er hat schon bei seiner ersten Präsidentschaft bewiesen, dass er in die ,Zollkiste‘ greifen kann“, erinnert Martin Bartenstein, Eigentümer und Geschäftsführer der GL Pharma in Lannach und ehemaliger Wirtschaftsminister. Schon in seiner ersten Amtszeit hatte er unter anderem Strafzölle auf europäischen Stahl verhängt. Und auch in seiner jüngsten Kampagne hat er Zölle von bis zu 60 Prozent auf Waren aus China, 100 Prozent auf Autos aus Mexiko und bis zu 20 Prozent auf Produkte aus anderen Ländern angekündigt. Ein Kalkül: Höhere Einfuhrzölle würden ausländische Unternehmen dazu bewegen, ihre Produktion in die USA zu verlagern, was wiederum Investitionen, Arbeitsplätze und das Wirtschaftswachstum der USA ankurbeln würde. 

„Durchaus imposant“

Dass sie kommen werden, daran zweifeln die Wirtschaftsforscher dies- und  jenseits des Atlantiks auch nicht. Über Höhe und Folgen gehen die Erwartungen aber auseinander. Zölle hätten langfristig keine positiven Auswirkungen auf die USA, weil sie in der nach  Billigprodukten gierenden Konsumgesellschaft die Inflation anheizen würden. „Die Wirtschaftpolitik Trumps ist gut für die USA – und damit auch für die gesamte Weltwirtschaft“, glaubt dagegen Gilbert Frizberg, Eigentümer der in Wildon beheimateten Hereschwerke. 

Die Wirtschaftpolitik Trumps ist gut für die USA – und damit auch für die gesamte Weltwirtschaft.

Zu einem ähnlichen Schluss kommt Rosemarie König, Grazer Standortleiterin des Beratungsunternehmens EY Österreich. Sie verweist abseits der politischen Dimension zum einen auf die „durchaus imposante“ (König) Börsenentwicklung nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses, zum anderen auf die unter heimischen Unternehmern auch vorhandene Hoffnung, dass, wenn es der amerikanischen Wirtschaft gut geht, das auch nicht schlecht für die europäische sei. 

Auch Günter Sauermoser, Geschäftsführer von Sandvik Mining, einem global tätigen Anbieter von Bergbau- und Tunnelbaumaschinen mit Sitz im obersteirischen Zeltweg, sieht den politischen Farbwechsel im Weißen Haus aus betriebswirtschaftlicher Sicht entspannt: Nachdem die USA im Energiesektor noch sehr stark auf Kohle setzen – und Sandvik auch Standorte in den USA betreibt –, „wird es für uns einfacher“, so Sauermoser. 

Menschenmenge mit USA-Flaggen
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Deutschland dagegen sei für sein Unternehmen kein relevanter Markt – anders als für die steirische Außenhandelsbranche insgesamt. Das Nachbarland im Norden ist traditionell wichtigster Exportmarkt. Im Gegensatz zu den USA stagnierte das Handelsvolumen zuletzt allerdings. Nach dem Wiederanspringen des Warenverkehrs nach der Corona-Krise und einem Wachstum von knapp zwölf Prozent auf 7,9 Milliarden Euro von 2021 auf 2022 sackte der Export ins Nachbarland im vergangenen Jahr wieder ab. Das Minus von 0,1 Prozent im Jahresvergleich war allerdings nur ein Vorgeschmack auf die Folgemonate bis heute. Vor allem die tiefe Krise der deutschen Automobilindustrie spüren die steirischen Zulieferer. Dazu kommen jetzt noch die politischen Tubulenzen. 

„Hoffnungsschimmer“

Dieses Auseinanderbrechen der Ampelkoalition in Deutschland sieht Bartenstein nüchtern: „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.“ „Die „Instabilität beim ,großen Bruder‘ ist nicht gut“, befindet Unternehmensberaterin König. Sie hofft auf neue Impulse einer neuen Regierung, die dann auch die steirische Exportwirtschaft zu spüren bekommen würde. Auf eine „neue stabile Regierung“ hofft auch Gilbert Frizberg: „Das wäre ein Hoffnungsschimmer für die Wirtschaft.“