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Josef Affenzeller, Land Steiermark
© Land Steiermark

„Es braucht stabile Netze und Technologieoffenheit“

Josef Affenzeller gilt als ein Motor hinter der Entwicklung der Steiermark zum Mobilitätsstandort. Jetzt wurde ihm der Berufstitel „Technischer Rat“ verliehen.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 18.12.2025

Sie können auf über 50 Jahre bei der AVL zurückblicken, haben Firmengründer Hans List erlebt und später intensiv mit seinem Sohn Helmut zusammengearbeitet. Wie würden Sie die beiden beschreiben?

Als sehr ähnliche Typen, beide Techniker durch und durch und immer an Fortschritt und Innovationen interessiert. Der Unterschied ist, dass der Schwerpunkt des Unternehmens zu Beginn auf Verbrennungsmotoren und Messtechnik lag, heute ist die AVL viel breiter und internationaler aufgestellt. Das kann man nicht mehr vergleichen. Allein die Technik… 

Zum Beispiel?

Die ersten Berechnungen bei AVL habe ich noch mit einer Kurbelmaschine gemacht, später bin ich extra nach Stuttgart gereist, weil es dort im Zentrum für Luft- und Raumfahrt einen entsprechenden Großrechner gab. Heute kann jedes Handy mehr als damals die großen Tischrechner. Für die AVL habe ich später die Koordination von nationalen und internationalen Forschungsprogrammen übernommen und beim Aufbau von Cluster-Ökosystemen auch außerhalb Österreichs mitgewirkt.

Wie haben Sie die Entwicklung der Steiermark als Wirtschaftsstandort in dieser Zeit miterlebt?

Mit der Gründung der Cluster – vom Autocluster bis zuletzt Silicon Alps – und Kompetenzzentren wie dem Virtual Vehicle Research oder dem ersten Industriekompetenzzentrum ist uns sehr viel gelungen. Parallel sind die Kontakte nach Brüssel immer wichtiger geworden. Dadurch haben wir unter anderem die Transport Research Arena, den größten Branchenkongress Europas, nach Österreich gebracht. Ohne derartige internationale Netzwerke geht es nicht.

Muss man sich um den heimischen Mobilitätsstandort also keine Sorgen machen?

Nein, aber es braucht weiterhin entsprechende Initiativen. So hat die SFG mit unserer Unterstützung die „Battery Innovation Days“ nach Graz geholt. Dafür haben wir im Vorfeld zusammengefasst, was in der Steiermark in diesem Bereich bereits an entsprechendem Wissen und Aktivitäten vorhanden ist – von der Andritz über die Knill-Gruppe und die Montanuniversität bis zu kleinen Unternehmen. Da gab es schon eine Menge. Weil man aber nicht geschlossen auftrat, wurde die Steiermark international nicht wahrgenommen. Mittlerweile ist sie sichtbar und es gibt internationales Interesse.

Wie werden wir in 50 Jahren unterwegs sein?

Durch die Digitalisierung werden einzelne Reisen und Aktivitäten weiter abnehmen. Was aber bleiben wird, ist die Bedeutung der Kommunikation auf allen Hierarchie-Ebenen. Nur so entsteht das Vertrauen, das notwendig ist, um Aufträge zu bekommen.

Und technisch?

Über fliegende Robo-Taxis oder ähnliches traue ich mich nichts zu sagen. Aber für Zustellungen bis 600 Kilometer werden Lkw elektrisch und auf der Langstrecke mit Wasserstoff unterwegs sein. Dafür braucht es allerdings die entsprechende Infrastruktur, grüne Energie sowie entsprechende Rohstoffe. Es ist daher eine gesellschaftliche Aufgabe, für stabile Netze und ausreichend Speicherinfrastruktur zu sorgen. Bei der Elektromobilität hat man diesen Aspekt zunächst etwas unterschätzt. Außerdem ist es seitens der EU nicht besonders klug, dass für alle Staaten die gleichen Vorgaben gelten, da sie von unterschiedlichen Niveaus aus starten: Polen kommt aus der Kohle, in Österreich ist die Wasserkraft stark, Frankreich, Schweden und Finnland setzen vermehrt auf Atomkraft. Das sind völlig unterschiedliche Voraussetzungen. Daher braucht es Technologieoffenheit.