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Stellungnahme – 1. Deregulierungsgesetz

13.8.2025

Lesedauer: 9 Minuten

Aktualisiert am 27.08.2025

Empfänger

Amt der Stmk. Landesregierung
Abteilung 3 Verfassung und Inneres
Fachabteilung Verfassungsdienst
Burgring 4
8010 Graz


Absender

WKO Steiermark
Präsidium
Körblergasse 111–113
8010 Graz


Datum

Graz, am 13.8.2025

Inhalt


Stellungnahme -  1. Deregulierungsgesetz 

GZ: ABT03VD-115793/2025-39



Sehr geehrte Damen und Herren,

die WKO Steiermark dankt für die Übermittlung des gegenständlichen Entwurfes des Steiermärkischen Deregulierungsgesetzes 2025 und nimmt dazu wie folgt Stellung:

 

I. Allgemeines

Mit der vorliegenden Sammelnovelle sollen diverse Landesgesetze mit dem Ziel einer übergreifenden Deregulierung und Entbürokratisierung geändert werden. Insbesondere sollen dabei bestehende Genehmigungsregelungen sowie Informations-, Berichts-, Veröffentlichungs- und Meldepflichten hinterfragt bzw. digitalisiert und Doppelgleisigkeiten beseitigt werden. Hintergrund der Initiative ist die aktuelle Deregulierungsoffensive der Steiermärkischen Landesregierung.

Die WKO Steiermark unterstützt diesen Prozess vollinhaltlich und hat sich im Vorfeld auch mit einer Reihe von Vorschlägen aktiv eingebracht – siehe Anlage. In diesem Zusammenhang dürfen wir auch auf ein Gutachten von Univ.-Prof. Stefan Storr hinweisen, der darin besonders vielversprechende Instrumente zur Verfahrensbeschleunigung ausgearbeitet hat.

Wesentlich aus Sicht der Wirtschaft ist, dass diese Initiative als dauerhafter Prozess eingerichtet wird und man sich der Deregulierung und Verfahrensbeschleunigung laufend annimmt. In diesem Zusammenhang bieten wir an, bei der Ausarbeitung von Maßnahmen intensiv mitzuarbeiten. Vor allem die Erfahrungen unserer Mitgliedsbetriebe sowohl in einzelnen Verfahren als auch im Vollzug können hier helfen, entscheidend voranzukommen. 

Inhaltlich kann festgehalten werden, dass einzelne Vorschläge der Wirtschaft im vorliegenden Entwurf enthalten sind, wobei sich die geplanten Änderungen aber vor allem auf Vorschläge des Landesrechnungshofes und der Verwaltung konzentrieren. Positiv hervorzuheben ist, dass insbesondere unsere Forderung - Luftwärmepumpen in eine (qualifizierte) Meldepflicht überzuführen – übernommen wurde. Diesbezüglich gilt es jedoch aus unserer Sicht die Meldepflicht auch auf Klimaanlagen bzw. Einzelraumheizgeräte auszuweiten. Kritisch sehen wir die geplante Abschaffung des Raumordnungsbeirates, die wir entschieden ablehnen.

Seitens des Landes Steiermark wurde darauf hingewiesen, dass diese Novelle der Startschuss für den Deregulierungsprozess ist und in Zukunft weitere Schritte folgen werden. Ab Herbst 2025 soll an einem 2. Deregulierungsgesetz gearbeitet werden. Die WKO Steiermark wird sich dabei wieder aktiv mit konkreten Deregulierungsvorschlägen einbringen, um für die Wirtschaft wieder mehr Freiräume zu schaffen. 

 

II. Im Detail


Änderungen des Steiermärkischen Baugesetzes

Zu § 3 Z 7a und 12 Stmk. BauG – Ausnahmen vom Anwendungsbereich
Der Umstand, dass zukünftig Batterieanlagen im Zusammenhang mit PV-Anlagen nur nach elektrizitätsrechtlichen Vorschriften sowie Anlagen zur Wärmebereitstellung, Batterieanlagen und Wärmepumpen explizit vom Anwendungsbereich des Stmk. BauG ausgenommen werden sollen, wird ausdrücklich unterstützt. Damit werden Doppelprüfungen unter Einhaltung eines ausreichenden Schutzniveaus (gewerbebehördliche Prüfung) vermieden.

Zu § 13 Abs 1 Stmk. BauG – Abstände
Die Ausweitung der Messtoleranz der Vermessungsverordnung auf den Gebäudeabstand zwischen Nachbargebäuden in Abs. 1 (bisher nur in Abs. 2) wird begrüßt.

Zu §§ 19 Z 5, 20 Z 2 lit. k und 21 Abs 1 Z 2 lit. o Stmk. BauG – PV und solarthermische Anlagen
Die Verfahrenserleichterungen, die für Photovoltaikanlagen und solarthermische Anlagen auf Dach- oder Fassadenflächen vorgesehen sind (reine Meldepflicht), sehen wir als positiv an. Damit sind die Bewilligungstatbestände nur mehr für Anlagen auf Freiflächen bzw. mit einer Anlagenhöhe von mehr als 3,50m relevant.
Diese Maßnahme unterstützt auch die langjährige Forderung der WKO Steiermark nach einer Priorisierung von gebäudeintegrierten Anlagen.

Zu §§ 20 Z 4a und 21 Abs 2 Z 2a Stmk. BauG – Stationäre Batterieanlagen
Die Anhebung der Bewilligungspflicht von bisher 20 kWh auf 100 kWh bei stationären Batterieanlagen – sofern ein Nachweis vorliegt, dass ein „thermal runaway“ einer Zelle zu keinem Brandausbruch der Batterieanlage führt - geht auf eine Forderung aus der Branche zurück und wird daher ausdrücklich unterstützt. Da derzeit viele Betreiber von PV-Bestands-Anlagen diese um einen Energiespeicher erweitern, werden die Gemeinden durch die Einführung der Meldepflicht deutlich entlastet.

Zu §§21 Abs 2 Z 2b und Abs 3 Z 5 sowie 118 Abs 2 Z 2e Stmk. BauG – Wärmepumpen
Sehr erfreulich ist, dass die langjährige Forderung der WKO Steiermark, die Installation von Wärmepumpen als meldepflichtiges Vorhaben einzuordnen, nunmehr im Entwurf enthalten ist. Die Umsetzung im Rahmen einer „qualifizierten“ Meldepflicht ist für uns plausibel und wird daher unterstützt. Die Bestätigung eines befugten Sachverständigen, wonach der für die jeweilige Widmung nach dem Flächenwidmungsplan festgelegte zulässige Planungsbasispegel an der relevanten Grundgrenze eingehalten wird, dient der Absicherung und soll auch allfällige nachbarrechtliche Konflikte vorbeugen.

Nicht nachvollziehbar ist jedoch der Umstand, dass die „qualifizierte“ Meldepflicht nicht auch auf Klimaanlagen ausgeweitet wird. Aus unserer Sicht ist eine unterschiedliche Behandlung der beiden Anlagentypen sachlich nicht gerechtfertigt, weshalb auch Klimaanlagen in § 21 unter die meldepflichtigen Vorhaben aufgenommen werden müssten. Dies würde eine zusätzliche Entlastung der Baubehörden bewirken, wodurch wichtige Personalressourcen für andere Verfahren verwendet werden könnten.

Wir schlagen daher nachdrücklich folgende Formulierung vor (Änderungen sind fett gedruckt):
                § 21 Abs 2b die ortsfeste Aufstellung von Wärmepumpen und Klimaanlagen;

Weiters regen wir an, dass Einzelraumgeräte vom baubewilligungspflichtigen Vorhaben von einem vereinfachten Verfahren in ein meldepflichtiges Vorhaben umgestuft werden – siehe Anlage Seite 5. 

Zu § 33 Abs 2 Stmk. BauG – Vereinfachtes Verfahren
Für die ortsfeste Aufstellung von Motoren, Maschinen, Apparaten oder Ähnlichem (§ 20 Z 4) sowie für Batterieanlagen (§ 20 Z4a) soll die Zustimmung der angrenzenden Grundstückseigentümer entfallen. Diese Erleichterung für die Antragsteller wird ausdrücklich befürwortet.


Änderungen des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 2010

Zu § 6a StROG - Informationspflicht
Die Umwandlung der bisherigen Meldepflicht von raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sowie deren Änderungen in eine Informationspflicht („Bringschuld“) für Unternehmen von besonderer Bedeutung (Elektrizitätsversorgungsunternehmen, Industriebetriebe, Seveso-Betriebe, Bergbaubetriebe und größere Logistikunternehmen) bewerten wir durchaus kritisch. Aus Sicht der Betriebe ist nicht ausreichend determiniert, welche relevanten Informationen an die Landesregierung übermittelt werden müssen. Die Inhalte sollen erst mittels Verordnungsermächtigung näher bestimmt werden. Eine solche Verordnung würde wiederum mehr Bürokratie erzeugen und damit die Intention des Deregulierungsprozesses konterkarieren. Vor diesem Hintergrund kann daher für die Unternehmen der zukünftige Aufwand noch nicht abgeschätzt werden. Weiters sind unbestimmte Formulierungen in den Erläuterungen - wonach die Informationen „in geeigneter elektronischer Form“ zu übermitteln sind - nicht hilfreich.
Insgesamt lassen die vorliegenden Bestimmungen für die betroffenen Unternehmen derzeit noch viele Fragen offen. Aus diesem Grund werden diese gemeinsam mit den neuen Strafbestimmung in dieser Form abgelehnt.

Zu §§ 15 bis 17 StROG - Raumordnungsbeirat
Die geplante Abschaffung des Raumordnungsbeirates wird seitens der WKO Steiermark äußerst kritisch gesehen und entschieden abgelehnt. Insbesondere der Argumentation, dass bei Revisionen ein großer Zeitdruck entsteht, da zur Wahrung des Fristenlaufes ein Verfahrensfall rechtzeitig auf die Tagesordnung gesetzt werden muss, kann nicht gefolgt werden. Dies deshalb, da die Termine für die Sitzungen des Raumordnungsbeirates in der Regel bereits zu Beginn des Jahres festgelegt werden und daher die Vorbereitung der Sitzungsstücke vor allem bei den Genehmigungsfällen keinen großen Mehraufwand verursachen. Aber auch bei den Versagungsfällen wäre es - auch im Falle einer Abschaffung des Raumordnungsbeirates - seitens der fachlich zuständigen Abteilung dennoch notwendig, eine Versagungsandrohung mit den genauen Gründen gegenüber der jeweiligen Gemeinde zu erarbeiten. Den für die zuständige Abteilung gegebenen Zeitdruck (Ablauf der 6-monatigen Entscheidungsfrist) ausschließlich mit der Vorbereitung der Sitzung des Raumordnungsbeirates, die einmal monatlich stattfindet, zu begründen, halten wir für überzogen. Aber auch den Hinweis, wonach ein besonderer Zeitdruck überdies in der Sommerzeit entsteht, in der grundsätzlich keine Raumordnungssitzung vorgesehen ist, trifft insofern nicht zu, als es in dringenden Fällen die Möglichkeiten der Einholung eines Umlaufbeschlusses bzw. auch der Einberufung eines Sonder-ROB gibt.

Aus den angeführten Gründen teilen wir daher auch die abschließende Aussage nicht, wonach ohne Befassung des Raumordnungsbeirates eine aufsichtsbehördliche Entscheidung jedenfalls schneller erlassen wird und in weiterer Folge eine Verfahrensbeschleunigung eintritt. Wenn man eine tatsächliche Verfahrensbeschleunigung erreichen möchte, müsste man über die 6-monatige Entscheidungsfrist diskutieren, was sicher nicht im Sinne der zuständigen Abteilung wäre und darüber hinaus auch zu einem erheblichen Qualitätsverlust führen würde.
Hinterfragen möchten wir auch den Hinweis in den Erläuterungen, wonach sich in der jahrzehntelangen Praxis gezeigt hat, dass der Raumordnungsbeirat lediglich über den Beschlussvorschlag der zuständigen Abteilung abstimmt, jedoch keine gesonderte Stellungnahme abgibt. Eine Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme seitens des Raumordnungsbeirates war in der zitierten jahrzehntelangen Praxis nie ein Thema, weshalb es verwundert, dass dies als Argumentation für die geplante Abschaffung des Raumordnungsbeirates herangezogen wird.

Aus Sicht der WKO Steiermark sollte der Raumordnungsbeirat beibehalten werden, da er einerseits durch seine breite Zusammensetzung ausgleichend wirkt und zur Transparenz bei den Entscheidungsprozessen beiträgt. Andererseits bringen seine Mitglieder eine umfangreiche fachliche Expertise ein, wodurch wichtige Interessen berücksichtigt werden könnten, die von der Aufsichtsbehörde nicht aufgegriffen werden.

Nichtdestotrotz sehen aber auch wir, aus den gewonnenen Erfahrungen der letzten Jahre, für den Raumordnungsbeirat einen gewissen Reformbedarf. Die WKO Steiermark steht daher gerne für Initiativen bereit, den Raumordnungsbeirat zu evaluieren und gegebenenfalls im Sinne seiner ursprünglichen Intention neu aufzustellen. Insbesondere der partizipative Charakter des Raumordnungsbeirates sollte wieder gestärkt werden.

Änderungen des Steiermärkischen Lichtspielgesetzes 1983

Zu §§ 4,5,6,7,18,34 und 35 Stmk. Lichtspielgesetz
Die Fachgruppe der Kino-, Kultur- und Vergnügungsbetriebe steht den geplanten Änderungen des Steiermärkischen Lichtspielgesetzes positiv gegenüber. Es wird daher der Entfall der Bedarfsprüfung (§§ 4 und 7) sowie die fachliche Eignung für den Betrieb eines Lichtspielunternehmens und die Beschränkung der Kontrolle über mehr als drei Unternehmen (§§ 5 und 6) als Deregulierungsmaßnahme unterstützt. Weiters wird auch der Entfall der Sperrstundenregelung (§ 18) und der Verpflichtung der termingemäßen Vorlage der Überprüfungsdaten der Handfeuerlöscher, der Bescheinigung über die Überprüfung der elektrischen Einrichtung und das Prüfprotokoll der Blitzschutzanlage (§§ 34 und 35) begrüßt.


Änderungen des Steiermärkischen Leichenbestattungsgesetzes 2010

Zu 23,35,40 und 31 Stmk Leichenbestattungsgesetz
Die Landesinnung der Bestatter begrüßt alle Änderungen vollinhaltlich und wird zusätzliche Vorschläge zum Stmk. Leichenbestattungsgesetz übermitteln. Es wird daher die Möglichkeit, den Zeitpunkt von Bestattungen von sieben auf 14 Tage zu verlängern (§ 23) und die Prüfintervalle von Bestattungsanlagen von derzeit drei auf sieben Jahre zu verlängern (§ 35), begrüßt. Weiters wird auch der Entfall der Bewilligungspflicht von bereits baubewilligten Aufbahrungshallen unterstützt (§§ 40 und 41).


Änderung des Steiermärkischen Veranstaltungsgesetzes 2012

Zu § 1 Abs 2 Z 16 Stmk. Veranstaltungsgesetz - Anwendungsbereich
Die Ausnahme von Kleinveranstaltungen, die nach ihrer Art im Volksbrauchtum begründet sind (z.B. Platzkonzerte, Kurkonzerte, Ostereier-Suchen, Laternenfeste, Sonnwendfeiern, Erntedankfeste oder Maibaum-Aufstellen) wird grundsätzlich unterstützt. Wir halten jedoch eine bloße Information (keine Kleinveranstaltungs-Meldung) an die Gemeinden für opportun. Zudem könnten sich Abgrenzungsthematiken und eventuell vermehrt Fragen zur Ruhestörung ergeben. 

 

Änderung des Steiermärkischen Tourismusgesetzes 1992

Zu § 35 Stmk. Tourismusgesetz - Beitragserklärung, Beitragsleistung, Einhebung
Die Umstellung auf ein elektronisches System der Beitragserklärung wird seitens der WKO Steiermark grundsätzlich positiv bewertet und unterstützt. Wesentlich ist für uns eine praxisfreundliche Umsetzung. In diesem Zusammenhang ersuchen wir um eine frühzeitige Einbindung.


Änderung des Steiermärkischen Abfallwirtschaftsgesetzes 2004

Zu §§ 5 und 15 StAWG - Landes-Abfallwirtschaftsplan / Regionale Abfallwirtschaftspläne
Der Entfall der Veröffentlichungspflicht der Abfallwirtschaftspläne in den Tageszeitungen wird unterstützt. Die Veröffentlichung im Internet auf der Website des Landes Steiermark ist für uns ausreichend.


Änderung der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967

Zu § 93 GemO - Instanzenzug
Der Entfall des zweistufigen administrativen Instanzenzuges auf Gemeindeebene wird begrüßt. In diesem Zusammenhang kann auch auf die bisherigen positiven Erfahrungen des Entfalls des gemeindeinternen Instanzenzuges im Baurecht hingewiesen werden.


Die WKO Steiermark ersucht um Berücksichtigung der vorgebrachten Änderungs- und Ergänzungswünsche.


Freundliche Grüße

Ing. Josef Herk, Präsident

Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA, Direktor 


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