Stellungnahme – Novelle Stmk. Sozialunterstützungsgesetz
9.10.2025
Lesedauer: 2 Minuten
Empfänger
Amt der Stmk. Landesregierung
A11 Soziales, Arbeit und Integration
Stabstelle Recht
Hofgasse 12
8010 Graz
Absender
WKO Steiermark
Präsidium
Körblergasse 111–113
8010 Graz
Datum
Graz, am 9.10.2025
Inhalt
Stellungnahme WKO Steiermark – Novelle Stmk. Sozialunterstützungsgesetz
GZ: ABT11-397746/2024-88
Sehr geehrte Damen und Herren,
die WKO Steiermark begrüßt die angedachten Änderungen innerhalb des Steiermärkischen Sozialunterstützungsgesetzes (StSUG).
Insbesondere das damit verfolgte Ziel, arbeitsfähige Bezugsberechtigte in den österreichischen Arbeitsmarkt zu bringen, ist auch ein Kernanliegen der steirischen Wirtschaft. Ein ausreichendes Arbeitskräftepotential ist nämlich die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Unternehmertum.
Trotz der Befürwortung des Gesetzesentwurfes erlauben wir uns einige punktuelle Anmerkungen:
• Höchstsätze für minderjährige Bezugsberechtige (§ 8 Abs 3 Z 3 StSUG): Sozialhilfe soll ein soziokulturelles Existenzminimum schaffen. Dieses muss aber ein solches bleiben und darf daher nicht zu hoch sein. Aus diesem Grund wurde von unserer Seite gefordert, dass die Höchstsätze für minderjährige Bezugsberechtigte an das oberösterreichische Niveau angepasst werden. Dies ist im Zuge dieses Gesetzesentwurfes offensichtlich geschehen. Wir halten diesen Schritt für wichtig und möchten uns an dieser Stelle für die legistische Berücksichtigung dieser Forderung bedanken. Als Gegenargument kann auch nicht dienen, dass Reformen in der Sozialhilfe nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen wer-den dürfen. Neben dem Sozialhilfebezug ist nämlich ein ungeschmälerter Bezug der Kinderbeihilfe möglich, wodurch eine ausreichende Versorgung minderjähriger Personen sichergestellt ist; dies gilt auch für Asylberechtige (vgl § 3 Abs 3 FLAG).
• Reduzierte Bemessungsgrundlage für den Höchstsatz (§ 8 Abs 2 StSUG): Der maximale Höchstsatz soll nunmehr nur noch 95% des Ausgleichszulagenrichtsatzes nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG abzüglich des Beitrages zur gesetzlichen Krankenversicherung betragen können. An dieser Stelle ist anzumerken, dass in Österreich zur Höhe des Ausgleichzulagenrichtsatzes keine sachlich fundierte Diskussion geführt werden kann. Die Ausgleichsrichtsätze wurden 1955 im ASVG eingeführt. Den damaligen Werten lag weder ein gesetzlich statuiertes spezielles Ermittlungsverfahren zugrunde, noch finden sich in den Materialien Hinweise darauf, ob und warum diese Werte existenzbedarfsdeckend sein sollten. Bis zum heutigen Tage existiert kein gesetzliches Verfahren zur Ermittlung eines transparenten Existenzminimums. Stattdessen werden nur die damaligen Werte mit einem jährlichen Anpassungsfaktor erhöht, damit die Kaufkraft gesichert bleibt. Da sich die Existenzminima in Österreich an den Ausgleichszulagenrichtsätzen orientieren, bleibt somit die Frage offen, ob deren Höhe tatsächlich angemessen ist. Allerdings legt ein Ver-gleich mit Deutschland, wo ein gesetzliches Verfahren zur Ermittlung eines transparenten Existenzminimums existiert, nahe, dass die vorherrschenden Werte in Österreich zu hoch sein könnten (vgl hierzu Mosing, Zur Intransparenz der Ausgleichszulagenrichtsätze, ZAS 2021, 230 f); selbst dann, wenn der Gesetzgeber ein soziokulturelles Existenzminimum vor Augen hat. Wenn dies tatsächlich der Fall ist, ist die Absenkung des Höchstsatzes die richtige Entscheidung, weil sie zu Einsparungen führt und dennoch ein angemessenes Versorgungsniveau sichergestellt ist.
• Prävention von Sozialleistungsmissbrauch durch strengere Strafen und Leistungskürzungen (§§ 7 und 29 StSUG): Leistungsmissbrauch ist jedenfalls stärker zu sanktionieren. Insofern ist den angedachten Änderungen zuzustimmen. Statistik Austria zeigt aber, dass Sanktionen in der Praxis selten vorkommen (https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/sozialleistungen/mindestsicherung-und-sozialhilfe ). So bezogen beispielsweise im Jahr 2023 in der Steiermark 14368 Personen Sozialhilfe, aber nur über 213 Personen wurde eine Sanktion verhängt. Dies stellt einen Widerspruch zur medialen Berichterstattung dar, die von häufigen Verfehlungen iSd § 7 Abs 4 StSUG spricht. Sofern die mediale Darstellung den Tatsachen entspricht, kann die angedachte Gesetzesänderung daher nur dann Früchte tragen, wenn die Sanktionen in der Praxis auch vollzogen werden.
Freundliche Grüße
Ing. Josef Herk, Präsident
Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA, Direktor
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