Wie das Steuersystem den Leistungswillen hemmt
Umfrage: Die Leistungsbereitschaft zerbricht an einem unattraktiven Steuersystem. Klare Absage für 32-Stunden-Woche.
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Eine zuletzt wieder angesprungene Inflation, hohe Kollektivvertragsabschlüsse, weiterhin teure Rohstoff- und Energiekosten: Die Konjunkturkulisse bleibt düster. Dazu kommen Rahmenbedingungen, die den gestressten Standort zusätzlich unter Druck setzen.
Beispiel Steuersystem: In Zeiten eines massiven Arbeits- und Fachkräftemangels fehlen weiterhin markttaugliche Maßnahmen, um den Zug hin zu Teilzeit-Beschäftigungsmodellen einzudämmen. „Wer seine Arbeitszeit von 50 auf 100 Prozent erhöht, bekommt nur 72 Prozent mehr Lohn“, verweist der steirische Wirtschaftskammerpräsident Josef Herk auf einen latenten Missstand, von dem nur der Staat über höhere Einkommensteuern profitiert. „Wer in Österreich mehr arbeiten möchte, wird mit zu hohen Steuern und Abgaben bestraft“, kritisiert Herk die leistungshemmende Grundarithmetik. Er fordert daher eine spürbare Attraktivierung von Vollzeitarbeit, beispielsweise durch einen steuerlichen Freibetrag in der Höhe von 15 Prozent. Dadurch würde sich die Steuerbemessungsgrundlage verringern und es bliebe „mehr Netto vom Brutto“.
Dabei wäre die Bereitschaft zur Mehrarbeit vorhanden, wie eine Umfrage von m(Research unter 750 Steirern zeigt. Demnach sehen 50 Prozent der Befragten „kein Problem mit Überstunden, wenn sie hin und wieder notwendig sind“. Für 27 Prozent „gehören Überstunden im Job sogar einfach dazu“, nur vier Prozent lehnen es kategorisch ab, Überstunden zu leisten. Auffallend: Die Altersgruppe der 16- bis 29-Jährigen zeigt diesbezüglich eine überdurchschnittliche Bereitschaft, über die normale Arbeitszeit hinaus zu arbeiten, beziehungsweise ist in Graz die Bereitschaft, den Feierabend dann und wann nach hinten zu verschieben, höher (57 %) als in der übrigen Steiermark (47 %).
Präferenz für Prämien
Bezüglich Anreiz- und Belohnungssystemen für zusätzlich geleistete Arbeit (siehe Tabelle rechts unten) zeigt sich, dass Benefits wie eine direkte Gewinnbeteiligung, zusätzliche Urlaubstage oder die Möglichkeit zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung deutlich attraktiver sind als Gutscheine für Essen, Gratis-Handys oder eine kostenlose Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio. Die Vorstellungen bezüglich der Vergütung von Mehrleistungen sind demnach sehr konkret.
Als eher unrealistisch wird in der Umfrage dagegen die „Markttauglichkeit“ einer generellen 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich eingeschätzt. Dieses in jüngster Zeit immer wieder in die politische Debatte eingebrachte Modell halten 62 Prozent für „nicht realistisch“, und nur rund ein Drittel der Befragten für realistisch. Auch dabei gibt es in der Detail-auswertung kleine Unterschiede: So halten zwei Drittel der Männer die 32-Stunden-Woche für unrealistisch, während es bei den Frauen nur 56 Prozent sind. Ähnlich ist der Unterschied zwischen Graz (54 Prozent sagen „unrealistisch“) und dem Rest der Steiermark (65 Prozent).
Noch deutlicher erkennbar ist das Gefälle unter den verschiedenen Altersgruppen: Während 56 Prozent der 16- bis 29-Jährigen eine 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich für realistisch halten, sind es unter den 30- bis 49-Jährigen nur 40 Prozent und bei den Über-50-Jährigen nur noch 25 Prozent.
32 Stunden sind schon real
Die Wirklichkeit hat diesbezüglich die politische Forderung ohnehin schon überholt. So liegt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit in Österreich hochgerechnet über alle Arbeitszeitmodelle schon jetzt bei nur 32,8 Stunden. „Bei einer sinkenden Erwerbsbevölkerung geht sich diese Rechnung aber auf Dauer nicht aus“, warnt Herk.