Wie der Arbeitsplatz für uns alle attraktiver wird
Homeoffice ist wichtig, doch die Arbeit in der Firma ebenso. Wie die Arbeitsplatzgestaltung im Büro, aber auch abseits davon, wie im Verkauf oder in der Werkstatt gelingt, wissen Expertinnen.
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An zumindest ein, zwei Tagen die Woche von zu Hause arbeiten, ist für viele Beschäftigte das neue Normal. Laut einer aktuellen Umfrage von Integral gehen hierzulande aber dennoch 41 Prozent gerne ins Büro. Was viele am Arbeitsplatz schätzen, seien vor allem der informelle Austausch mit den Kollegen sowie das gemeinsame Mittagessen.
Auch für Bettina Kubicek, Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Graz, sprechen die sozialen Faktoren für die Arbeit vor Ort: „Trotz vieler Kommunikationstools passieren informelle Gespräche vor allem am Arbeitsplatz. Der soziale Austausch ist für den Zusammenhalt im Unternehmen sehr wichtig.“ Doch auch für das Homeoffice spreche viel. Wer von zu Hause arbeitet, hat die Möglichkeit, sich den Arbeitstag individuell zu strukturieren. Ermüdung und Stress können so minimiert werden. Zudem erspare man sich lange Arbeitswege.
Wenn Mitarbeiter gar nicht mehr gern ins Büro kommen, ist das für Unternehmer ein Signal, genauer hinzusehen. Womöglich sind die Büroräumlichkeiten nicht gut. Großraumbüros und eine hohe Lärmbelästigung werden oft negativ empfunden. Auch die Arbeitsbedingungen sollten genauer in den Blick genommen werden

Bettina Kubicek
Professorin an der Uni Graz
Doch übertreiben sollte man es nicht: 15 Prozent der Beschäftigten in Österreich und zehn Prozent in der Steiermark finden so viel Gefallen an der Arbeit von daheim, dass sie am liebsten täglich im Homeoffice arbeiten würden. Arbeitgeber sollte dies stutzig machen. „Wenn Mitarbeiter gar nicht mehr gern ins Büro kommen, ist das für Unternehmer ein Signal, genauer hinzusehen. Womöglich sind die Büroräumlichkeiten nicht gut. Großraumbüros und eine hohe Lärmbelästigung werden oft negativ empfunden. Auch die Arbeitsbedingungen sollten genauer in den Blick genommen werden“, erzählt Kubicek.
Die Arbeitspsychologin und Leiterin der Unternehmensberatung „research team“, Michaela Höfer (siehe Interviews rechts), warnt vor allem vor den gesundheitlichen Folgen. „Arbeitet man nur noch von daheim, ist das Risiko von Vereinsamung groß. Manche Menschen gehen dann gar nicht mehr außer Haus. Ängste sind die Folge.“ Die Expertin rät daher zu ein bis zwei Homeoffice-Tagen pro Woche.
Vom anderen Extrem, nämlich Homeoffice gänzlich zu verbieten, hält sie aber ebensowenig. Die Zahlen geben ihr Recht. 44 Prozent der Beschäftigten in Österreich würden den Arbeitgeber wechseln wollen, sollten sie nur sehr selten die Möglichkeit bekommen, Homeoffice zu nutzen. Das bestätigt auch Kubicek: „Mitarbeiter schätzen die Freiheit im Homeoffice.“ Haben sie aber das Gefühl, dass diese Freiheit eingeschränkt wird, führe das bei vielen zu Frust.
Wohlfühlen im Büro und in der Werkstatt
Wer seine Mitarbeiter dennoch lieber öfter am Arbeitsplatz sehen möchte, sollte auf Austausch und Anreize setzen. Eine liebevolle Gestaltung des Arbeitsplatzes sei das A und O und führe dazu, dass Mitarbeiter wieder lieber vom Unternehmen aus arbeiten. „Beschäftigte wollen sich bei der Arbeit wohlfühlen. Das geht auch mit wenig Budget. Blumen und Bilder machen viel aus. Man kann sich überlegen, wer im Betrieb ein Händchen fürs Gestalten hat. Der bekommt dann ein kleines Budget und kann sich der Büro- oder Sozialraumgestaltung während der Arbeitszeit annehmen“, so Höfer.
Beschäftigte wollen sich bei der Arbeit wohlfühlen. Das geht auch mit wenig Budget. Blumen und Bilder machen viel aus. Man kann sich überlegen, wer im Betrieb ein Händchen fürs Gestalten hat. Der bekommt dann ein kleines Budget und kann sich der Büro- oder Sozialraumgestaltung während der Arbeitszeit annehmen

Michaela Höfer
Arbeitspsychologin
Generell gilt: Wird primär vom Unternehmensstandort gearbeitet, sollte auf personalisierte und fixe Arbeitsplätze gesetzt werden. Wer seine Mitarbeiter häufiger ins Homeoffice schickt, ist flexibler. Die Arbeitspsychologin erklärt: „Jeder zweite Beschäftigte nimmt dann in Kauf, seinen Schreibtisch zu teilen. Teilen sich aber drei bis vier Menschen täglich ein Büro, sollte man Ruhearbeitsplätze schaffen oder auch Telefonboxen aufstellen.“
Doch was tun, wenn die Arbeit nicht am Schreibtisch, sondern im Verkauf, in der Produktion oder in der Werkstatt passiert? Auch hier gilt es, für Annehmlichkeiten zu sorgen. Kubicek rät: „Mitarbeiter im Schichtbetrieb könnten Mitsprache bei der Einteilung der Arbeitszeit bekommen. Hilfreich ist auch, wenn der Arbeitgeber bei der Kinderbetreuung unterstützt. Wenn Arbeitnehmer sehen, dass ihre Chefs bemüht sind und sie wertschätzen, entsteht kein Unmut.“
Wie schafft man es, dass Mitarbeiter gerne zur Arbeit kommen?
Menschlichkeit, ein gutes Team und Fairness sind zusammengefasst die wichtigsten Attraktivitätsfaktoren. Schöne Räume zum Wohlfühlen, Verpflegung und soziale Aktivitäten steigern aber ebenso die Arbeitgeberattraktivität. Bei der Bürogestaltung geht der Trend hin zu neuen, alternativen Raumkonzepten. Großraumbüros und das Teilen von Schreibtischen sind bei Homeoffice-Optionen möglich, allerdings sollte dann auf Ruhearbeitsbereiche, Besprechungsräume und Videotelefonie-Kabinen gesetzt werden.
Stichwort Homeoffice: Leidet die Produktivität, wenn von zuhause gearbeitet wird?
Homeoffice ist bei vielen Jobs zum absoluten Hygienefaktor geworden. Wäre es umsetzbar, aber ist vom Arbeitgeber nicht gewollt, fördert das die Wechselbereitschaft. Die Sorgen der Arbeitgeber sind jedenfalls unbegründet. Unsere Untersuchung zeigt: 33,5 Prozent der Beschäftigten sind im Homeoffice genauso produktiv wie am Arbeitsplatz. 32,5 Prozent sind sogar produktiver.
Wie können Arbeitsorte im Handel oder Handwerk attraktiver gestaltet werden?
Wer diese Tätigkeiten ausübt, kann natürlich nicht bei Bedarf einfach ins Homeoffice wechseln. Diesen Nachteil sollte man ausgleichen. Öffi-Tickets, Kostenzuschüsse für E-Bikes, Kinderbetreuung vor Ort bei speziellen Arbeitszeiten, wie es sie beispielsweise im Handel gibt, oder flexible Arbeitszeitmodelle sorgen für Erleichterung. So kommen die Mitarbeiter gerne an den Arbeitsplatz und fühlen sich wertgeschätzt.