
Wie man Eskalation in Bädern begegnet
Freibäder und Thermen werden immer öfter Schauplatz von Konflikten – wie man richtig einschreitet, weiß Trainer Samandar Yazdani.
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Zeitungsmeldungen wie „Streit in Freibad eskaliert“, „Gast brach Schwimmbad-Mitarbeiter den Arm“ oder „Jugendlicher zückt in Freibad Waffe“ nahmen in den letzten Jahren österreichweit ständig zu. Das Personal in Freibädern oder Thermen kommt dabei rasch in unangenehme Situationen. Bevor nun die Freibad-Saison in der Steiermark heuer durchstartet, lud die Fachgruppe der Gesundheitsbetriebe daher zu einem besonderen Deeskalationsseminar. Zwölf Bädermitarbeiter lauschten den Worten von Samandar Yazdani, der die Notwendigkeit dieses Seminars erkannte. „Ich selbst stamme aus dem Iran und lebe seit 45 Jahren in Österreich. Bei uns hat die gesamte Familie im Ausland studiert, daher war es eine Selbstverständlichkeit, dass man sich integriert, Sprache und Kultur erlernt. Als ich älter wurde, habe ich dann aber auch gemerkt, dass sich immer wieder neue Konfliktzonen ergeben.“
Ein Beispiel? „Beim Händedruck gibt es große Unterschiede. Während er in Österreich hart ist, ist er in der orientalischen Welt eher weich. Dort wird ein harter Händedruck als Zeichen der Aggression gesehen, da hat man dann automatisch ein Konfliktfeld und man weiß noch nicht einmal warum.“
Ein anderes Beispiel? „Ein Verein verwies eine Mutter und ihr Kind wegen ihrem Kopftuch von einer Veranstaltung. Hätte man ihr erklärt, dass es eben bestimmte Regeln gibt, dann wäre es sicher nicht so weit gekommen.“
Mit zwölf Teilnehmern hielt Yazdani nun die Kurs-Premiere ab, dabei ließ er sich die unterschiedlichen Erfahrungen erzählen. „Die Teilnehmer haben oft mit Jugendlichen und anderen Kulturen, aber auch Eltern Spannungen zu bewältigen. Hier habe ich nun versucht, den Mitarbeitern einige Werkzeuge in die Hand zu geben.“
Anführer herausfiltern
Bahnt sich ein Konflikt an, muss man als Mitarbeiter in einem Freibad kühlen Kopf bewahren, wie Yazdani ausführt. Begegnen sich etwa aggressive Jugendgruppen, so gibt es einige wichtige Dinge zu beachten. „Hier muss man immer darauf achten, dass man den Anführer oder jenen, der den Streit begonnen hat, aus der Gruppe herauszieht. Denn das Schlimmste ist, wenn der Beteiligte sein Gesicht gegenüber der Gruppe verliert. Das ist auch so, wenn man ein Problem mit Eltern hat, dann dürfen die Kinder auch nicht danebenstehen.“
Yazdanis weitere Empfehlung in solch eskalierenden Situationen ist es, Unterstützung mitzunehmen. „Wenn ein Kollege dabei ist, hat man die restliche Gruppe etwas leichter unter Kontrolle. Spricht man dann separat mit dem Anführer, ist es von wesentlicher Bedeutung, dass man diesem mit Respekt begegnet und diesen auch einfordert. Schon mit einem Gespräch auf Augenhöhe erspart man sich in weiterer Folge 70 Prozent an Stress. In den ersten Sekunden muss man eine Brücke des Vertrauens aufbauen, das ist dann der erste Schritt zum Erfolg.“ Damit ist es aber noch lange nicht getan, schnelles Handeln ist laut Yazdani erforderlich. „Man muss Verständnis für die Situation zeigen, aber auch klar Grenzen aufzeigen. Daher ist es wichtig, dass man eine Einigung mit der Person erzielt und auf Konsequenzen hinweist, falls diese nicht hält.“
Respekt sinkt merklich
Kein Thema darf eine mögliche Sprachbarriere sein, „denn es gibt genügend Sprach-Apps. Auch ein Übersetzer aus der Gruppe kann weiterhelfen“, sagt Yazdani, der noch weitere Spannungsfelder anspricht. „Mit der Flüchtlingskrise und Corona ist der Respekt merklich gesunken, während die Aggression gestiegen ist. Das gilt nicht nur für Freibäder, auch Spitäler, Schulen und Gemeinden sind betroffen.“