Zwei Wege, ein Ziel: Theresa und Sophia setzen auf die Lehre
Zwei 16-jährige Zwillinge aus Kundl zeigen, wie vielfältig, erfüllend und zukunftssicher eine Lehre in Tirol sein kann – mit Leidenschaft und viel Teamgeist.
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Sie sind 16 Jahre alt, kommen aus Kundl und haben sich bewusst für eine berufliche Laufbahn entschieden, die nicht nur ihren Talenten entspricht, sondern auch Perspektive bietet: Theresa und Sophia, eineiige Zwillinge, absolvieren aktuell jeweils eine Lehre – die eine als Köchin im renommierten Böglerhof in Alpbach, die andere als Konditorin bei der traditionsreichen Konditorei Freudenschuß in Kramsach.
Ihre Geschichte steht exemplarisch für eine neue Generation von Jugendlichen, die zeigt: Die Lehre ist kein Umweg – sie ist ein kraftvoller Startpunkt in ein erfülltes Berufsleben. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist es wichtiger denn je, jungen Menschen attraktive Wege in die Praxis zu ermöglichen.
Theresa – mit Geschmack und Struktur zur Köchin
„Ich darf sehr oft einen Probeteller gestalten – das ist richtig cool“, erzählt Theresa begeistert. Seit September des Vorjahres lernt sie im Böglerhof in Alpbach, einem Vorzeigebetrieb mit rund 65 Mitarbeitenden, darunter neun Lehrlinge.
Nach dem Besuch der Tourismusschule in St. Johann war für sie klar: Eine Lehre soll es werden – praxisnah, handwerklich und mit Entwicklungschancen. Schon beim Schnuppern im Böglerhof wusste sie: „Hier will ich arbeiten.“
Inzwischen ist sie fester Bestandteil der Küchenbrigade. Besonders die Abendbuffets liegen Theresa besonders am Herzen und kreative Vorspeisenteller zu gestalten. „Ich bin viel strukturierter geworden – und das Kochen macht mir einfach jeden Tag Spaß“, sagt sie.
Der Böglerhof in Alpbach ist ein Traditionsbetrieb. Teile davon bestehen bereits seit dem 15. Jahrhundert, 1933 wurde er zum Gasthof. Als „Ausgezeichneter Tiroler Lehrbetrieb“ beschäftigt der Böglerhof derzeit rund 65 Mitarbeiter:inne, davon neun Lehrlinge in den Bereichen „Hotel und Gastgewerbeassistent:in“ sowie „Gastronomiefachmann/-frau“. Michaela Duftner, Chefin des Böglerhofes, betont, wie essenziell die Lehrlingsausbildung für den Betrieb ist: „Wir sehen Ausbildung als zentrale Investition in die Zukunft. Junge Menschen wie Theresa bringen frischen Wind, Ideen und Energie mit – das bereichert das ganze Team. Und wir geben ihnen das nötige Rüstzeug mit, damit sie als selbstbewusste Fachkräfte in die Welt hinausgehen.“
Der Böglerhof lebt vor, wie moderne Ausbildung im Tourismus aussehen kann: strukturiert, wertschätzend und mit echter Perspektive für die Jugendlichen. „Ein besonderes Augenmerk legen wir hier auf die Ausbildungsplanung. Wir wollen jungen Menschen die Freude an der dualen Ausbildung vermitteln.“ Somit hat das Unternehmen die Möglichkeit eigene Fachkräfte auszubilden und somit die Serviceleistung und die Gastfreunschaft, die beim Böglerhof an oberster Stelle stehen, hochzuhalten.
Sophia – Konditorin mit Kreativität und Bananentorte
Während Theresa am Herd steht, widmet sich ihre Zwillingsschwester Sophia mit Hingabe süßen Kunstwerken. Bei der Konditorei Freudenschuß in Kramsach backt und verziert sie Torten, schlägt Marzipan ein und modelliert filigrane Figuren für Feiern und Events. „Ich liebe es, kreativ zu arbeiten – besonders die Bananentorte ist mein Favorit“, sagt sie lachend. Ihr Tag beginnt um 7:30 Uhr, von der Teigzubereitung bis zur Dekoration ist alles dabei. Und mit der Weihnachtszeit vor der Tür freut sie sich besonders auf die Kekserl-Produktion.
Die Entscheidung für den Beruf kam nicht von ungefähr: Eine Potenzialanalyse beim Bildungsconsulting der WK Tirol bestätigte ihr Talent – das Schnuppern bei Freudenschuß gab den letzten Ausschlag. Die Konditorei Freudenschuß in Kramsach gibt es bereits seit 60 Jahren. Derzeit werden dort drei Lehrlinge als Konditor:innen ausgebildet. Chefin Daniela Freudenschuß ist stolz auf ihren Nachwuchs: „Wir investieren ganz bewusst in die Ausbildung – von Anfang an, schon in den Schnuppertagen. Denn wer als Lehrling beginnt, kann hier alles lernen. Sophia bringt nicht nur Kreativität mit, sondern auch das gewisse Etwas: Humor, Genauigkeit und eine große Portion Herz.“
Und sie geht noch weiter: „Der Beruf der Konditorin ist nicht nur schön, sondern auch nachhaltig – wir arbeiten ressourcenschonend, verwerten alles und haben täglich mit Menschen zu tun. Ich wünsche mir mehr Mut zur Lehre – und ich motiviere alle, sich danach in die Selbstständigkeit zu wagen – gerade auch junge Frauen.“
Zwei Wege, ein gemeinsames Ziel
Auch wenn sich ihre Berufswege unterscheiden, verbindet Theresa und Sophia viel: die Liebe zum Handwerk, die Freude am Gestalten, der Stolz auf das eigene Tun. Und: der Wunsch, etwas zu schaffen, das bleibt – sei es ein liebevoll angerichtetes Menü oder eine kunstvoll verzierte Torte.
„Viele sagen, wir sollen später gemeinsam ein Lokal führen – eine kocht, die andere macht die Desserts“, erzählen die beiden lachend. Ganz abwegig klingt das nicht.
Lehre stärken heißt Zukunft sichern
Die Geschichte der Zwillinge zeigt eindrucksvoll, was eine hochwertige Lehrlingsausbildung leisten kann: Junge Menschen entdecken ihre Talente, übernehmen Verantwortung und werden zu den Fachkräften, die unsere Wirtschaft dringend braucht.
Lehrberufe sind keine zweite Wahl, sondern erste Klasse
Sie verbinden Praxis und Theorie, fördern Selbstständigkeit und bieten echte Aufstiegschancen – bis hin zur Selbstständigkeit. In Zeiten des Fachkräftemangels ist es entscheidend, dass Unternehmen, Bildungsinstitutionen und die öffentliche Hand weiterhin alles daran setzen, die Lehre zu stärken. Denn wer heute ausbildet, sichert nicht nur den eigenen Betrieb – sondern trägt dazu bei, dass Tirol auch morgen wirtschaftlich erfolgreich, wettbewerbsfähig und lebenswert bleibt.
Bild oben: Konditorin-Lehrling Sophia Höllwarth mit ihrer Ausbilderin Daniela Freudenschuß (l.). Die beiden teilen nicht nur die Begeisterung für kreative Konditorkunst, sondern auch das Verständnis dafür, wie wichtig eine praxisnahe und wertschätzende Lehrlingsausbildung für die Zukunft des Handwerks ist.