Aufgeklappter Laptop auf einem Tisch mit Schriftzug Besitzstörung und Icon Paragraph daneben stehen weitere Paragraphen auf der Tastatur und eine goldene Waagschale links dahinter
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Besitzstörung

Wann liegt eine Besitzstörung vor?

Lesedauer: 4 Minuten

Voraussetzungen für eine Besitzstörung

Der Besitz einer Sache muss entweder eigenmächtig beeinträchtigt bzw. verletzt oder ganz entzogen werden (z.B. Behinderung der Zufahrt zu einem Parkplatz). Besitzer einer Sache ist derjenige, der die tatsächliche Macht über eine Sache (äußere Gewahrsame) und den Willen hat, diese Sache auch für sich zu behalten (z.B. Mieter, Pächter, Leasingnehmer).

Eine Besitzstörung liegt nur dann vor, wenn es dem Störer möglich gewesen ist, den rechtswidrigen Eingriff in fremde Besitzrechte zu erkennen. Parkverbotsschilder helfen zwar, dieses Bewusstsein zu wecken, sind aber keine unbedingte Voraussetzung für die Geltendmachung der Besitzstörung. Sie  erleichtern allerdings den Beweis des Störungsbewusstseins des Störers. Eine deutlich ersichtliche Abschrägung in der Gehsteigkante genügt zum Beispiel schon.

Die Dauer und die Tageszeit der Störung sind für die Besitzstörungsklage nicht von Bedeutung. Ein sehr kurzes Abstellen eines Fahrzeugs auf einem Privatparkplatz wird schon als ausreichend für eine Besitzstörung angesehen.

Beispiele für eine Besitzstörung

  • Der Vermieter betritt unbefugt die Wohnung seines Mieters.

  • Der Kunde eines Supermarktes stellt sein Auto nicht auf dem ausgewiesenen Kundenparkplatz, sondern auf einem Privatparkplatz daneben ab.

  • Der Ehegatte tauscht die Schlösser der Ehewohnung und hindert dadurch den anderen Ehepartner am Zutritt zur gemeinsamen Ehewohnung. 

Wie kann man gegen die Besitzstörung vorgehen?

Dazu ist es erforderlich, beim Bezirksgericht im Rahmen eines vereinfachten Verfahrens mit einer Klage den Schutz und die Wiederherstellung des letzten ruhigen Besitzstandes zu verlangen.  

Folgende Sonderregelungen sind zu beachten

  • Die Besitzstörungsklage muss binnen dreißig Tagen ab Kenntnis der Besitzstörung und der Identität des Störers bei Gericht einlangen (Postaufgabe genügt nicht!). Über die Identität des Störers muss sich der Gestörte innerhalb angemessener Frist informieren. Ansonsten hindert die Unkenntnis den Fristenlauf nicht.

  • Vor Gericht kann – muss aber nicht – ein Anwalt vertreten, Behauptungen zur Störung können schriftlich oder mündlich zu Protokoll gegeben werden. Die Klage ist als Besitzstörungsklage zu bezeichnen.

  • Das Verfahren wird aufgrund der Dringlichkeit der Erledigung besonders schnell abgewickelt (z.B. rasche Anberaumung der Verhandlung).

  • Die Besitzstörungsklage richtet sich auf die reine Feststellung der Störung des Besitzes, die Wiederherstellung des letzten ruhigen Besitzes vor der Störung und die Untersagung weiterer Störungen. Zu beweisen ist nur z.B. das unbefugte Betreten der Wohnung durch den Vermieter. Über Eigentum, Recht auf den Besitz und Entschädigung dafür wird nicht verhandelt.

  • Während der Verhandlung kann der Richter "einstweilige Vorkehrungen“ (z.B. Betretungsverbot, Abschleppen des Autos) anordnen, wenn dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr der widerrechtlichen Beschädigung, zur Verhütung von Gewalttätigkeiten oder eines unwiederbringlichen Schadens nötig ist. Die Erlassung einer derartigen Verfügung kann von der Leistung einer angemessenen Sicherstellung (z.B. vorläufige Übernahme der Abschleppkosten) abhängig gemacht werden.

  • Das Verfahren endet mit einem Beschluss (Endbeschluss), in dem ein Gebot oder Verbot (z.B. Verbot des neuerlichen Parkens auf dem Privatparkplatz) und gegebenenfalls eine Sicherstellung (z.B. Beschlagnahme) ausgesprochen werden.

Selbsthilfe durch Abschleppen eines Fahrzeuges

Prinzipiell ist die Selbsthilfe zur Abwehr eines rechtswidrigen Zustandes nur ausnahmsweise erlaubt. Das Selbsthilferecht dient der Absicherung und Rechtsdurchsetzung. Die eigenmächtige Herstellung eines rechtskonformen Zustandes ist nur im Fall des Zuspätkommens behördlicher Hilfe zulässig. Damit erlaubte Selbsthilfe vorliegt, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Bestehen eines zivilrechtlichen Anspruchs
  • Ernste Gefahr für die Bewahrung oder Durchsetzung des Anspruchs = das Zuspätkommen staatlicher Hilfe
  • Einsatz des unbedingt notwendigen (= gelindesten) Mittels. Dieses darf zum eigenmächtigen Eingriff nicht außer Verhältnis stehen.

 Zudem ist für die Selbsthilfe stets das gelindeste, d.h. unbedingt notwendige Mittel zu wählen.

Das Abschleppen eines fremden Fahrzeuges von einem Privatgrundstück stellt in der Regel einen Akt der unzulässigen Selbsthilfe dar und ist als Besitzstörung zu qualifizieren. Deshalb sind zuerst zumutbare Erkundigungen nach der Person des Lenkers einzuholen, um ihm die Möglichkeit zu geben, das Fahrzeug selbst zu entfernen. Dabei ist ein Zettel auf der Windschutzscheibe i.d.R. nicht ausreichend, empfohlen wird eine Anfrage bei der Behörde nach dem Zulassungsbesitzer und eine schriftliche Verständigung desselbigen, verbunden mit der Aufforderung, das Fahrzeug zu entfernen.


Beispiel aus der Rechtsprechung: 

Auf dem Privatparkplatz einer Mieterin wurde ohne deren Zustimmung ein Fahrzeug abgestellt, obwohl dort das Verkehrszeichen Halten und Parken verboten aufgestellt wurde. Zusätzlich wurde am Parkplatz darauf hingewiesen, dass es sich um Privatgrund handle und widerrechtlich abgestellte Fahrzeuge kostenpflichtig entfernt werden. Somit lies die Mieterin das Fahrzeug von einem Abschleppdienst kostenpflichtig entfernen. Das Gericht entschied jedoch, dass das Abschleppen eines Fahrzeuges als nicht angemessen eingestuft wurde, weil vor dem Abschleppen nicht versucht wurde, über die Zulassungsevidenz den Zulassungsbesitzer herauszufinden. Hätte die Mieterin über die Zulassungsevidenz den Lenker ausfindig gemacht und ihm durch persönliche Kontaktaufnahme die Möglichkeit gegeben das Fahrzeug selbst zu entfernen, dann wäre die Selbsthilfe rechtmäßig. In weiterer Folge musste die Mieterin auch selbst die Kosten des Abschleppens tragen.


Ein Fall der zulässigen Selbsthilfe liegt bspw. wohl dann vor, wenn die Feuerwehrzone vor einem Wohnhaus zugeparkt ist und die Einsatzfahrzeuge in einem konkreten Notfall behindert werden. Hier sind die Gerichte jedoch streng, eine mögliche Behinderung von Einsatzfahrzeugen ohne unmittelbar vorliegenden Notfall, reicht für ein zulässiges Abschleppen nicht aus.

Demnach wird das Abschleppen von fremden Fahrzeugen grundsätzlich in den meisten Fällen unzulässig sein und steht den Betroffenen dann nur die Möglichkeit der Erhebung einer Besitzstörungsklage zu. 

Stand: 11.11.2021

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