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Freier Dienstvertrag (arbeitsrechtlich)

Begriff - Abgrenzungen - arbeitsrechtliche Ansprüche

Lesedauer: 4 Minuten

Begriff

Eine gesetzliche Definition des freien Dienstvertrages besteht nicht. Nach der Rechtsprechung liegt ein freier Dienstvertrag vor, wenn sich jemand gegen Entgelt verpflichtet, einem Auftraggeber bzw. einer Auftraggeberin für bestimmte oder unbestimmte Zeit seine bzw. ihre Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, ohne sich in persönliche Abhängigkeit zu begeben.

Wesentlich für den freien Dienstvertrag ist, dass Dienstnehmer:innen ihre Arbeitskraft auf Zeit zur Verfügung stellen. Freie Dienstnehmer:innen können zwar überwiegend mit den Betriebsmitteln von Auftraggeber:innen arbeiten. Die persönliche Unabhängigkeit zeigt sich

  • in fehlenden Weisungsbindungen hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Verhalten bei der Arbeit,
  • in fehlenden Kontrollbefugnissen des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin und
  • in einer fehlenden Einbindung bzw. Eingliederung in den Betrieb der Auftraggeber:in.

Das Recht auf jederzeitige Vertretung durch eine beliebige, fachlich geeignete Person ist ein wichtiges Indiz für die persönliche Unabhängigkeit der freien Dienstnehmer:in.


Beispiel für einen freien Dienstvertrag:
Der EDV-Spezialist A verpflichtet sich zu laufenden Programmierarbeiten überwiegend im Betrieb des Auftraggebers D in freier Zeiteinteilung. Sofern seine Tätigkeiten nicht an die EDV-Anlage des Auftraggebers D gebunden sind, arbeitet er zu Hause. Es bestehen keine Berichtspflichten und keine Pflicht zur Teilnahme an Firmenmeetings. Er kann sich durch geeignete Personen seiner freien Wahl vertreten lassen.


Abgrenzung zum Werkvertrag

Weil freie Dienstnehmer:innen ihre Arbeitskraft für bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Verfügung stellen, besteht der Entgeltanspruch unabhängig vom Zustandekommen eines konkreten, den Vorstellungen des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin entsprechenden Arbeitserfolges.

Werkunternehmer:innen schulden den vertraglich vereinbarten Arbeitserfolg. Tritt dieser nicht ein, besteht kein Anspruch auf den vereinbarten Werklohn.


Beispiel für einen Werkvertrag:
Der EDV-Spezialist L übernimmt den Auftrag, bis Jahresende das Computersystem des Betriebes ABC auf das brandneue Betriebssystem „PC XXL“ umzustellen. Mit pünktlicher und ordnungsgemäßer Erfüllung des Auftrages erhält er ein Honorar von € 8.000. Für die Erledigung des Auftrages beschäftigt er Subunternehmer.


Abgrenzung zum "echten“ Dienstvertrag

Bei beiden Vertragsformen wird eine Dienstleistung, also das Bemühen um konkrete Arbeitsinhalte, nicht jedoch der Erfolg der Tätigkeit vereinbart.

Ein freier Dienstvertrag liegt vor, wenn eine persönliche Abhängigkeit nicht besteht oder nur schwach ausgeprägt ist.

Ein „echter“ Dienstvertrag liegt vor, wenn Arbeitnehmer:innen  den Weisungen der Arbeitgeber:innen unterworfen sind und in den Betrieb der Arbeitgeber:innen eingebunden sind. Dies zeigt sich z.B. in der Bindung an bestimmte Arbeitszeiten und Pausen, in der verpflichtenden Teilnahme an Besprechungen, in Berichtspflichten und im verpflichtenden Tragen von einheitlicher Arbeitskleidung. Außerdem sind „echte“ Dienstnehmer:innen verpflichtet, ihre Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen.


Beispiel für einen Dienstvertrag:
Der EDV-Spezialist Z verpflichtet sich, dem Betrieb ABC höchstpersönlich mit Anwesenheitspflicht für sämtliche Probleme im EDV-Bereich zur Verfügung zu stehen. Er unterliegt den Weisungen des Arbeitgebers, muss an diversen Besprechungen und Sitzungen teilnehmen und unterliegt der Gleitzeitregelung im Betrieb ABC.


Achtung

Die in der Praxis oft schwierige Feststellung, ob ein „echtes“ oder freies Dienstverhältnis vorliegt, kann nur aufgrund der konkreten Ausprägung der relevanten Merkmale Arbeitszeit, Arbeitsort, Arbeitsverhalten, Kontrollbefugnisse, betriebliche Einbindung sowie allfällige Vertretungsmöglichkeiten getroffen werden.


Weiteres Beispiel für einen freien Dienstvertrag:
Der Konsulent C berät ohne Anwesenheitspflicht den Auftraggeber D im Bedarfsfall stundenweise fachkundig. Er wird teils im eigenen Büro, teils beim Auftraggeber D zu selbst gewählten Arbeitszeiten tätig.


Arbeitsrechtliche Ansprüche

Es gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Gesetzliche Ansprüche aus arbeitsrechtlichen Bestimmungen (wie etwa Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Abfertigung alt, kollektivvertragliche Regelungen) bestehen nicht. Der Oberste Gerichtshof wendet allerdings arbeitsrechtliche Bestimmungen, die nicht dem Schutz des sozial Schwächeren dienen, auf den freien Dienstvertrag an. Freie Dienstnehmer sind in die Abfertigung neu einzubeziehen.

Wird kein schriftlicher freier Dienstvertrag vereinbart, haben freie Dienstnehmer:innen ein Recht auf Ausstellung eines freien Dienstzettels.

Nach einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ist die mehrmalige Aneinanderreihung von befristeten freien Dienstverträgen zulässig. 

Die Beendigung freier Dienstverträge ist gesetzlich nicht geregelt. Im Jahr 2025 hat der OGH entschieden, dass die seit 1.10.2021 geltenden Kündigungsfristen für Arbeiter gem § 1159 ABGB nicht auf freie Dienstverhältnisse anzuwenden sind. Mangels gegenteiliger Vereinbarung können freie Dienstverhältnisse unter Setzung einer angemessenen Frist gekündigt werden. Die Angemessenheit liegt von der Art des Geschäfts und von den Fristen ab, die von redlichen Vertragsparteien üblicherweise vereinbart werden.


Tipp!
Um Rechtsunsicherheit zu vermeiden, sollten im freien Dienstvertrag jedenfalls angemessene Kündigungsfristen vereinbart werden. Der OGH hielt eine beiderseitige 4-wöchige Kündigungsfrist bei einem mehr als drei Monate dauernden freien Dienstverhältnis für angemessen.


Nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln zur Vertragsbeendigung gemäß § 1162 ABGB kann der freie Dienstvertrag auch aus besonders wichtigen Gründen ohne Fristeinhaltung aufgelöst werden.

Schwangere freie Dienstnehmerinnen

Schwangere freie Dienstnehmerinnen dürfen während des generellen oder des individuellen Beschäftigungsverbotes vor und nach der Geburt nicht beschäftigt werden. Weiters haben sie einen Motivkündigungsschutz, wenn sie im Zusammenhang mit der Schwangerschaft oder des Beschäftigungsverbotes bis 4 Monate nach der Geburt gekündigt werden.

DHG

Das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG) gilt auch für freie Dienstnehmer. Es ist dann anzuwenden, wenn freie Dienstnehmer den freien Dienstgeber oder einem Dritten „bei Erbringung der Dienstleistung“ schädigen und enthält Haftungserleichterungen für freie Dienstnehmer, wenn sie zur Haftung herangezogen werden.


Hinweis:
„Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.“

Stand: 01.07.2025