Neuerungen im Mutterschutzgesetz und Väterkarenzgesetz

Seit 1.Jänner 2016 treten einige Änderungen im Mutterschutzgesetz und im Väter-Karenzgesetz in Kraft (BGBl. I Nr. 149/2015). Dieser Artikel bietet einen Überblick über die neuen Regelungen.

Lesedauer: 4 Minuten

Änderungen für freie Dienstnehmerinnen 

Seit 1.1.2016 werden freie Dienstnehmerinnen nach § 4 Abs 4 ASVG in einzelne Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes miteinbezogen. 

Die für werdende Mütter bestehende Beschäftigungsverbote, sowie das Beschäftigungsverbot nach der Entbindung gelten seit Beginn dieses Jahres auch für freie Dienstnehmerinnen. 

Daher dürfen freie Dienstnehmerinnen insbesondere acht Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt nicht beschäftigt werden. 

Der Anspruch auf Karenz oder Elternteilzeit, sowie der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz gelten für freie Dienstnehmerinnen auch weiterhin nicht. 

Allerdings haben freie Dienstnehmerinnen seit 1.1.2016 die Möglichkeit, eine wegen ihrer Schwangerschaft oder des Beschäftigungsverbots bis vier Monate nach der Geburt ausgesprochene Kündigung bei Gericht anzufechten. Die Anfechtung hat binnen zwei Wochen nach Ausspruch der Kündigung zu erfolgen. Die freie Dienstnehmerin hat den Anfechtungsgrund glaubhaft zu machen. Die Klage ist abzuweisen, wenn bei Abwägung aller Umstände eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass ein anderes vom Dienstgeber glaubhaft gemachtes Motiv für die Kündigung ausschlaggebend war. Lässt die freie Dienstnehmerin die Kündigung gegen sich gelten, so kann sie eine Kündigungsentschädigung fordern. Diese Kündigungsentschädigung umfasst den Zeitraum bis vier Monate nach der Geburt, zuzüglich einer allfälligen Kündigungsfrist.  

Der freien Dienstnehmerin bleibt es unbenommen, weitere Ansprüche nach dem Gleichbehandlungsgesetz, z.B. auf Schadenersatz, geltend zu machen.  

Schutzbestimmungen bei Fehlgeburten 

Nach der bisherigen Rechtslage endete der besondere Kündigungs- und Entlassungsschutz von schwangeren Dienstnehmerinnen mit einer Fehlgeburt.  

Seit 1.1.2016 kann bis zum Ablauf von vier Wochen nach einer erfolgten Fehlgeburt eine Kündigung nicht rechtswirksam ausgesprochen werden.  

Ebenso darf eine Entlassung bis zum Ablauf von vier Wochen nach einer erfolgten Fehlgeburt nur nach vorheriger Zustimmung des Gerichts erfolgen, wobei das Gericht bei der Zustimmung zu einer Entlassung wegen grober Arbeitspflichtverletzung oder aufgrund von Tätlichkeiten oder erheblichen Ehrverletzungen den außerordentlichen Gemütszustand der Dienstnehmerin aufgrund der Fehlgeburt zu berücksichtigen hat. 

Die Dienstnehmerin ist verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers eine ärztliche Bescheinigung über die Fehlgeburt vorzulegen.    

Konkretisierung der Entgeltfortzahlungspflicht  

Nach den Regelungen des Mutterschutzgesetzes hat eine Dienstnehmerin Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei bestimmten Beschäftigungsverboten. Hinsichtlich der Höhe der Entgeltfortzahlung wurde bei einem Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 3 MSchG, also einem individuellen Beschäftigungsverbot, das vor der Achtwochenfrist vor der Geburt beginnt, konkretisiert, dass die Entgeltfortzahlung vom Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen vor Eintritt des Beschäftigungsverbots zu berechnen ist.  

Diese Entgeltfortzahlung kommt natürlich – wie schon bisher – nur dann zu tragen, wenn die Arbeitnehmerin keinen Anspruch auf Wochengeld oder Krankengeld hat. 

Anspruch auf Karenz 

Nach bisheriger Rechtslage konnte eine Karenz nur entweder in Anschluss an den Mutterschutz oder in Anschluss an die Karenz des jeweils anderen unselbständig erwerbstätigen Elternteils angetreten werden. 

Neu ist nun, dass die Karenz auch zu einem späteren Zeitpunkt in Anspruch genommen werden kann, wenn der andere Elternteil keinen Anspruch auf Karenz hat. In diesem Fall hat die Dienstnehmerin oder der Dienstnehmer dem Dienstgeber Beginn und Dauer der Karenz spätestens drei Monate vor dem Antritt der Karenz bekannt zu geben.  

In solch einem Fall beginnt der Kündigungs- und Entlassungsschutz mit der Bekanntgabe, frühestens jedoch vier Monate vor Antritt der Karenz.  

Karenz bei Adoptiv- oder Pflegeeltern 

Adoptiv- oder Pflegeltern können ab dem Tag der Annahme an Kindes Statt oder der Übernahme eines Kindes in unentgeltliche Pflege oder im Anschluss an eine Karenz des anderen Elternteils, Adoptiv- oder Pflegeelternteils Karenz in Anspruch nehmen. 

Hat der andere Elternteil keinen Anspruch auf Karenz, so kann die Karenz auch in diesen Fällen zu einem späteren Zeitpunkt angetreten werden.  

Änderungen bei der Elternteilzeit 

Der Anspruch auf Elternteilzeit umfasst seit 1.1.2016 nicht mehr jegliche Änderung des Arbeitszeitausmaßes. Ein Anspruch auf Elternteilzeit besteht nunmehr nur dann, wenn die wöchentliche Normalarbeitszeit um mindestens 20 Prozent reduziert wird und dabei mindestens 12 Stunden pro Woche beträgt.


Beispiel: 
Ein Arbeitnehmer, der bisher 14 Stunden pro Woche in Teilzeit beschäftigt war, möchte Elternteilzeit beantragen. 

Er hat allerdings keinen Anspruch auf Elternteilzeit, weil er bei einer Arbeitszeitreduktion von 20 Prozent unter die 12 Stunden Grenze fallen würde.


Ein Elternteilzeitwunsch, der sich nicht innerhalb dieser „Bandbreite“ befindet, kann gegen den Willen des Arbeitgebers nicht durchgesetzt werden.  

Auch bei der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung muss ab 1.1.2016 die wöchentliche Normalarbeitszeit um mindestens 20 Prozent reduziert werden und darf zwölf Stunden nicht unterschreiten. 


Vorsicht!
Wird eine Elternteilzeit außerhalb der nunmehr vorgesehenen „Bandbreite“ mit dem Arbeitgeber vereinbart, liegt dennoch eine Elternteilzeit im Sinne des Gesetzes vor. Die Dienstnehmerin oder der Dienstnehmer genießen daher den besonderen Kündigungs- und Entlassungsschutz.


Einseitige Änderungen des Arbeitszeitausmaßes während der bereits angetretenen Elternteilzeit sind nur noch im Rahmen der für die Beantragung vorgesehenen „Bandbreite“ möglich. Auch nach der Änderung des Arbeitszeitausmaßes muss die Arbeitszeit daher weniger als 20 Prozent des Arbeitszeitausmaßes vor Beginn der Elternteilzeit betragen und darf zwölf Stunden nicht unterschreiten.


Beispiel:
Eine Arbeitnehmerin hat im Rahmen der Elternteilzeit ihre wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 20 Stunden reduziert. Nach einem Jahr gibt sie die gewünschte Erhöhung der Arbeitszeit auf 23 Stunden bekannt. Mit dieser Änderung befindet sie sich innerhalb der gesetzlich vorgegebenen „Bandbreite“.


Der Gesetzgeber stellt durch eine Neuregelung weiters klar, dass das Recht auf Elternteilzeit oder die Möglichkeit einer vereinbarten Elternteilzeit durch das Zurückziehen eines Teilzeitantrages nicht verwirkt wird. 

Eine Dienstnehmerin oder ein Dienstnehmer kann daher Elternteilzeit für dasselbe Kind mehrmals beantragen, wenn die vorangegangenen Anträge zurückgezogen worden sind.


Vorsicht! 
Die neuen Regelungen zur Elternteilzeit gelten nur für Eltern, deren Kinder ab dem 1.1.2016 geboren bzw. adoptiert oder in unentgeltliche Pflege übernommen wurden.


Das heißt, dass Eltern für ihre vor diesem Datum geborenen, adoptierten oder in unentgeltliche Pflege übernommenen Kinder, auch weiterhin nach den bisherigen Regelungen beantragen können. Die Änderung des Arbeitszeitausmaßes muss sich in diesen Fällen nicht innerhalb der neu geregelten „Bandbreite“ befinden. 

Änderung für homosexuelle Paare bei In-vitro Fertilisation 

Der Geltungsbereich des Väter-Karenzgesetzes wird mit 1.Jänner 2016 auf Elternteile nach § 144 Abs 2 und 3 ABGB erweitert. 

Somit hat eine Dienstnehmerin, deren Partnerin durch In-Vitro-Fertilisation Mutter wurde und die im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter in eingetragener Partnerschaft lebt, die Elternschaft anerkannt hat, oder deren Elternschaft durch Gericht festgestellt wurde, dieselben Ansprüche wie Väter nach dem Väter-Karenzgesetz.

Stand: 01.02.2016

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