"Die Herbstferien sind ein Geschenk"
Der gebürtige Steirer und TUI-Österreich-Chef Gottfried Math über Fachkräfte und Frühbucher, das Minus durch Donald Trump und das Plus durch die Koralmbahn.
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Die Sommersaison ist vorüber. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Gottfried Math: Die Sommersaison war sehr gut. Nach der bisher stärksten Frühbucher-Phase im Jänner und Februar ist die Kurve zwar – möglicherweise aufgrund der allgemeinen politischen Verwerfungen auf der Welt – etwas abgeflacht, hat sich dann aber erholt. Wir enden jetzt mit einem sehr guten Last-minute-Geschäft.
Werden die Rand- beziehungsweise Zwischensaisonen immer wichtiger?
Ja. Wir beginnen in wichtigen Zielgebieten wie Griechenland daher früher und entzerren die Saison mit finanziell attraktiven Angeboten bis Ende Oktober. Dazu kommen die Herbstferien, die ein Geschenk für unsere Branche und eine zusätzliche Hochsaison-Woche sind.
Spürt man, dass Kunden aufgrund internationaler Krisenherde und der hohen Inflation zögerlicher werden?
Beim Nahost-Konflikt gab es eine kurze Phase von zwei, drei Wochen, in denen es bei Neubuchungen zurückging. Das hat sich aber wieder beruhigt. Reisen bleibt ein Grundbedürfnis. Die Kunden greifen nur verstärkt zu All-inclusive-Angeboten, weil sie damit Kostensicherheit haben. In den Winterdestinationen merken wir einen Trend zu Appartements mit Eigenverpflegung.
Wie wirkt sich die Politik von US-Präsident Donald Trump auf das Buchungsverhalten aus?
Nach einem ursprünglichen Plus bei den Vorausbuchungen sind die Zahlen für USA-Reisen Woche für Woche zurückgegangen, so dass wir am Ende der Sommersaison mit einem Minus bilanzieren. Auch bei den Vorausbuchungen für den Winter sind die USA deutlich schwächer als in den Vorjahren, obwohl es preislich attraktiver geworden ist.
Wie fällt der generelle Blick Richtung Wintersaison aus?
Der Frühbuchertrend bringt gegenüber dem Vorjahr ein Buchungsplus, vor allem bei Fernreisen und vor allem im höheren Preissegment. Deshalb haben wir jetzt auch in der Grazer Stempfergasse eine „Airtours Travel Boutique“ eröffnet, um dieses Kundensegment betreuen zu können. Es ist erst die vierte nach Landshut bei München, Zürich und auf Mallorca, die unsere 62 TUI-Filialen in Österreich als strategische Erweiterung des Luxusreisesegments ergänzt.
Braucht es in Zeiten von Online-Buchungsplattformen überhaupt noch Reisebüros?
Der vorausgesagte Tod des stationären Reisebürohandels hat bei uns nicht stattgefunden. Wir haben in den letzten Jahren keine Filialen geschlossen. Auch junge Kunden kommen wieder vermehrt ins Reisebüro, weil sie den Zeitvorteil beim Buchen sehen und die Beratung und rechtliche Sicherheit bei Problemen schätzen. Es braucht aber eine gute Kombination zwischen Online- und stationärem Service.
Zuletzt hat sich eine Protestfront von Hoteliers gegen die hohen Provisionen der Buchungsplattform Booking.com formiert. Spielt Ihnen das in die Hände?
Es ist global gesehen unser schärfster Konkurrent... Da hat sich eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen der Buchungsplattform und manchen Hotels entwickelt, die eine Spirale in Gang gesetzt hat, aus der man jetzt nur mehr schwer herauskommt.
In wenigen Wochen geht die Koralmbahn in Betrieb. Rechnen Sie mit mehr Flugreise-Kundschaft aus dem Süden?
Da gibt es natürlich Potenzial und Wünsche, im Zusammenspiel mit dem Flughafen und Airlines das Angebot zu erweitern, weil wir die Vorteile eines Regionalflughafens schätzen. Es muss betriebswirtschaftlich aber darstellbar sein.
Spürt Ihre Brache den weitverbreiteten Nachwuchskräfte-Mangel?
Ja, der Fachkräftemangel ist auch bei uns angekommen. Wir haben jetzt im September zwar wieder zehn Lehrlinge aufgenommen, die wir ausbilden und integrieren. Ergänzend müssen wir uns aber mit Quereinsteigern helfen, weil es zu wenig qualifizierte Fachkräfte gibt. Wir können in manchen Bereichen unser Wachstumspotenzial nicht ausschöpfen, weil wir kein Personal finden.
Was fehlt der Steiermark touristisch?
Gar nichts. Es gibt sowohl im Sommer als auch im Winter ein abwechslungsreiches, qualitativ hochwertiges Angebot vom Ski- und Radfahren bis zu Wein und Wandern und den Thermen. Steirer werden als freundliche Gastgeber gesehen, es gibt eine ausgezeichnete Kulinarik – die Steiermark ist gut unterwegs.