Jobmesse eröffnet neue berufliche Chancen für geflüchtete Menschen
Die Chancenmesse führt am 10. November wieder hunderte (anerkannte) Flüchtlinge auf Arbeitssuche mit steirischen Unternehmen zusammen. Zahlreiche Institutionen informieren zu Themen wie Arbeit, Bildung, Kinderbetreuung und Soziales. Aktuell liegt der Anteil von Flüchtlingen unter den im Steirerland arbeitslos gemeldeten Personen bei 5,5 Prozent – ein Rückblick und Ausblick, zehn Jahre nach der sogenannten Flüchtlingskrise.
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Sei es der schreckliche Krieg in der Ukraine oder die Dauerkrise im Nahen Osten: Tausende geflüchtete Menschen leben zurzeit in der Steiermark. Haben sie einen aufrechten Asylstatus, steht ihnen grundsätzlich auch der Zugang zum Arbeitsmarkt offen. Aktuell sind – mit Stand Oktober – 2.162 Flüchtlinge in unserem Bundesland arbeitslos gemeldet. Das entspricht einem Anteil von 5,5 Prozent der insgesamt 36.052 Personen auf Jobsuche in unserem Bundesland. Im Zehn-Jahres-Vergleich stellt das eine durchaus markante Steigerung dar, vor Ausbruch der sogenannten Flüchtlingskrise betrug der Anteil nämlich nur 1,7 Prozent [Anmerkung: im Jahresschnitt 2014 waren es 1,6%, im Oktober 2014 1,9% und im Oktober vor 10 Jahren, 2016, waren es 3,7%]. Seit damals sind durch die vielen globalen Krisen aber viele Vertriebene und Flüchtlinge dazu gekommen. Haben sie einen aufrechten Asylstatus, steht ihnen der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt grundsätzlich offen. Hauptursprungsländer sind derzeit Syrien (716 arbeitslos Gemeldete), Ukraine (524), Afghanistan (434), Russland (207) und Iran (93).
Hier setzt die Chancenmesse an. Ein Format, dass das Arbeitsmarktservice – in Kooperation mit der Wirtschaftskammer – speziell für diese Zielgruppe entworfen hat. Ziel ist es, anerkannte Flüchtlinge mit steirischen Betrieben zusammenzubringen. So auch heute. 17 renommierte Unternehmen aus verschiedenen Bereichen wie Industrie, Handel, Soziales sowie Gastronomie und Tourismus präsentieren sich und ihre offenen Stellen im Europasaal der WKO Steiermark bei der Chancenmesse. Im Detail: Adecco Personaldienstleistungs GmbH, Andritz Hydro GmbH, Das Eggenberg/62 Grad Gastronomie/Amore Loui, Diakoniewerk, expertum GmbH, TTI Austria, SeneCura Kliniken- und Heimebetriebsgesellschaft, SPAR Österreichische Warenhandels AG, Job Team Personal Service GmbH, Lebensgroß GmbH, POWERSERV Austria GmbH, ISS Facility Services GmbH, Murhof Hotel & Restaurant, IKEA Möbelvertrieb OHG, QUA Bildung & Projekt GmbH, die POST AG und Integer Personalmanagement GmbH. Im Rahmen der Chancenmesse können unkompliziert erste Kontakte geknüpft und Neuanstellungen in die Wege geleitet werden. Zahlreiche Institutionen wie beispielsweise der Österreichische Integrationsfonds, ZEBRA, ISOP sowie das Land Steiermark informieren und beraten vor Ort bei Fragen zu Arbeit, Bildung, Kinderbetreuung und Soziales.
Josef Herk, Präsident WKO Steiermark: „Jobs können nur durch persönliche Kontakte entstehen, daher unterstützen wir nach der äußerst positiven Resonanz vergangener Chancenmessen für Geflüchtete auch die heutige Neuauflage. Das erfolgreiche Konzept schafft eine Win-win-Situation für arbeitssuchende Flüchtlinge sowie für steirische Unternehmen, die nach wie vor in vielen Branchen Arbeitskräfte suchen. Wichtig sind entsprechende Sprachkenntnisse, sie bilden die Grundlage, dass aus den heutigen Erstgesprächen konkrete Arbeitsverhältnisse entstehen. Darüber hinaus kann nicht oft genug erwähnt werden, dass Arbeit ein wesentlicher Faktor für eine gelungen Integration ist - auch wenn sie nur temporär sein sollte“, betont Herk.
Karl Heinz Snobe, Geschäftsführer AMS Steiermark: „Die Chancenmesse ist ein starkes Zeichen dafür, wie Integration durch Arbeit gelingen kann. Gerade in Zeiten multipler Krisen – sei es durch Krieg, Vertreibung oder wirtschaftliche Unsicherheit – ist es entscheidend, Perspektiven zu schaffen. Wir sehen, dass viele geflüchtete Menschen motiviert sind, sich einzubringen und Teil unserer Gesellschaft zu werden. Mit Formaten wie der heutigen Chancenmesse bringen wir Unternehmen und arbeitssuchende Menschen mit Fluchthintergrund direkt zusammen – niederschwellig, praxisnah und mit echtem Mehrwert für beide Seiten.“
Ebenfalls vor Ort bei der Chancenmesse war der Grazer Unternehmer Silviu Reghin. Seine heute so erfolgreiche Karriere startete Ende der 80er Jahre als Flüchtlingskind, Reghin kam zusammen mit seiner Familie aus dem damals noch kommunistischen Rumänien nach Österreich. Es folgten durchaus schwierige Jahre, denn seine Jugend verlief nicht nur friktionsfrei – sie endete zwischenzeitlich sogar in der Obdachlosigkeit, wie Reghin heute offen erzählt: „Wie weit unten war ich? Sehr weit unten. Aber irgendwann habe ich festgestellt, dass ich der Kapitän meines eigenen Schiffes bin. Ich war Flüchtlingskind. Wir waren die einzige Ausländerfamilie in einer kleinen Ortschaft im Ennstal. Kulturelle Integration hat es kaum gegeben. Für mich als Kind war das sehr herausfordernd. Nach der Schule habe ich eine Lehre begonnen und bin von zu Hause ausgezogen. Doch dann folgte der Absturz. Die Lehre brach ich ab. Wegen finanzieller Schwierigkeiten landete ich auf der Straße und schlief am Bahnhof. Ein Bekannter nahm mich bei sich auf. Ich hatte Zeit zum Nachdenken und stellte mir die Frage: Wer will ich eigentlich sein? Dann kam der Wendepunkt. Ich fand Arbeit in der industriellen Produktion, holte fünf Jahre lang die Abendmatura nach und begann danach neben meiner Vollzeitarbeit ein berufsbegleitendes Studium an der FH Campus 02. Beruflich habe ich mich dann in die Geschäftsführung verschiedener Betriebe hochgearbeitet. Seit März 2024 bin ich CEO von Reactive Reality, ein Unternehmen, dass sich auf virtuelle Umkleidekabinen spezialisiert hat. Sprich: Wir geben Kunden bei Onlineeinkäufen die Möglichkeit, Modeartikel virtuell anzuprobieren und beschäftigen aktuell rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Parallel dazu habe ich mehrere Unternehmen gegründet, darunter 2023 Beerwilly. Ich bin überzeugt: Wenn man entschlossen ist und ein Ziel vor Augen hat, wird man dieses auch erreichen.“
„Lebensgeschichten, wie die von Reghin, zeigen, welche Chancen dieses Land Flüchtlingen bietet – wenn man bereit ist diese zu nutzen. Die Chancenmesse ist ein Beitrag für den Start von hoffentlich vielen erfolgreichen Karrieren in Österreich“, so Herk und Snobe.