Künstliche Intelligenz: Wenn Euphorie auf Skepsis trifft
KI polarisiert, doch sie ist gekommen, um zu bleiben. Antworten auf die drängendsten unternehmerischen Fragen liefert Expertin Manuela Machner.
Lesedauer: 4 Minuten
Aufmerksamen Google-Nutzern dürfte es schon aufgefallen sein: Gibt man einen Begriff in die Suchmaske ein, erhält man seit Neuestem auf Seite eins als erstes eine KI-Antwort. Erst danach folgt die übliche Auflistung der Antworten. Das ist aber nur der Anfang. Ende Mai gab der Konzern bekannt, die Suchmaschine mit der Zeit auf KI-Suche umstellen zu wollen. Bei vielen dürfte das auf Gegenliebe stoßen. Bereits 28 Prozent der Menschen in Österreich nutzen im Berufs- oder Ausbildungsalltag KI (Beispiele siehe unten), und der Trend dürfte anhalten: Immerhin wünschen sich mittlerweile 45 Prozent einen verstärkten Einsatz von KI im Arbeitsleben. Unternehmer sind also am Zug. Bei vielen überwiegt aber die Skepsis. Ob das begründet ist? Wir haben nachgefragt.
1.Ist die KI nur etwas für große Firmen? Keineswegs, ist Manuela Machner, Gründerin des Netzwerks „Künstliche Intelligenz im Tourismus“, überzeugt. Die IT-Expertin aus dem Murtal berät Unternehmen im DACH-Raum, in Südtirol und Luxemburg zu KI-Fragen. Ihr Fazit: „KI ist gerade für kleine Firmen relevant. Man hat nur wenige Mitarbeiter, die mehrere Zuständigkeiten haben. Eine Buchhalterin kann aber kein perfektes Marketing. Durch den Einsatz von KI ist man schneller, effizienter und professioneller.“
2. Wo genau lässt sich KI im Betrieb einsetzen? Laut Machner überall dort, wo sich Arbeiten wiederholen und wo ansonsten viele Schritte zwischen den handschriftlichen Notizen und dem digitalen Dokument erfolgen. „Alles, was man verschriftlichen muss, geht mit der KI schneller. Nehmen wir an, wir befinden uns auf einer Baustelle, sollen aber ein Angebot erstellen. Muss ich meinem Mitarbeiter im Büro erst alle Informationen durchgeben und er ein Dokument am Computer ausarbeiten, dauert das seine Zeit. Mit der KI kann ich das Angebot einfach vor Ort ins Smartphone einsprechen und sie erstellt mir eine Excel-Liste. Auch für alle anderen Anfragen, Abrechnungen und andere repetitive Aufgaben lohnt es sich auf, ChatGPT oder Mistral AI zu setzen.“
3. Lässt sich KI mit Datenschutz vereinbaren? Hier müsste laut Machner differenziert werden. „Wenn ich KI-Tools teste, darf ich keine Firmeninterna weitergeben. Aber: Viele Abläufe in Unternehmen passieren ganz unabhängig vom Datenschutz. Und viele Mitarbeiter nutzen sehr oft KI, ohne dass das dem Unternehmen bewusst wäre. Die Arbeitnehmer wissen aber oft nicht, was sie dürfen und was nicht. Hier kann ich die WKO-KI-Guidelines für KMU und ihre Mitarbeiter empfehlen. Sie bieten Muster-Richtlinien und können KMU als Grundlage dienen.“
Natürlich kann man die Arbeit auch ohne KI erledigen, aber Unternehmen, die KI nutzen und sich damit beschäftigen, werden die Konkurrenz, die das nicht tut, früher oder später überholen.

Manuela Machner
Unternehmerin und KI-Expertin
4. Muss man programmieren können, um KI zu nutzen? Hierzu gibt es ein klares Nein von Machner. Stattdessen gehe es um die richtige Kommunikation. Wie gut die Ergebnisse sind, hänge schließlich davon ab, wie gut die Prompts (Befehle) formuliert wurden. „Die besten Prompts machen meiner Meinung nach Mütter, denn prompten ist wie mit einem Kind zu sprechen.“ Komplex ist das Ganze also nicht. Und Machner gibt Entwarnung: „KI-Systeme verstehen mittlerweile die natürliche Sprache. Sogar Eingaben im steirischen Dialekt sind möglich.“
5. Was kostet mich die KI und muss ich sie installieren? Vorweg: Dutzende KI-Tools sind in ihrer Basisversion kostenlos zugänglich. Bekannte Helfer wie ChatGPT oder Perplexity für die Textgenerierung und Recherche oder Midjourney für die Erstellung von Bildern sind im Netz frei verfügbar. Will man mehr Funktionen, so bieten sich Abo-Modelle an. Machner rät, klein anzufangen: „Abos gibt es schon ab 20 Euro im Monat. Netflix ist da schon teurer. Installieren muss man meistens auch nichts, denn die meisten KI-Tool sind webbasiert.“
6. Braucht es unbedingt KI im Business? Geht es nicht auch ohne? Letztendlich gehe es um den Wettbewerbsvorteil und die Sichtbarkeit: „Natürlich kann man die Arbeit auch ohne KI erledigen, aber Unternehmen, die KI nutzen und sich damit beschäftigen, werden die Konkurrenz, die das nicht tut, früher oder später überholen“, prognostiziert Machner. Google spiele dabei eine wichtige Rolle: „Unser Suchverhalten wird sich ändern. Es werden uns künftig keine 100 Seiten vorgeschlagen, stattdessen werden Antworten auf Fragen geliefert. Heißt: Unternehmen brauchen einen noch stärkeren digitalen Auftritt, mit dem sie ihre eigenen Kompetenzen klar kommunizieren. Und: Sie werden sich darum bemühen müssen, auch auf großen Portalen gelistet zu werden, denn die Großen genießen von der KI mehr Vertrauen“, schließt die KI-Expertin.
Der Stolz ist Michael Freidl von der Uni Graz anzumerken: Als erste österreichische Universität hat man einen eigenen KI-Chatbot namens „StudiGPT“ für 30.000 Hochschüler geschaffen. Das Tool ist bei vielfältigen Studienaufgaben behilflich – vom Entwurf eines Lernplans über die Verbesserung von Texten und die Formulierung von E-Mails bis hin zu kreativer Ideenfindung. „Wir haben bereits seit dem letzten Jahr eine eigene KI für Mitarbeiter. Der Plan war von Anfang an, auch etwas für Studierende zu schaffen, denn die KI-Nutzung unter unseren Hochschülern ist extrem hoch“, erzählt Freidl. Beide KI-Tools werden in einer sicheren Umgebung innerhalb der Microsoft-Cloud der Uni Graz verwendet. Die eingegebenen Daten werden nicht für das Training von KI-Modellen von OpenAI, Mistral, Meta, Microsoft oder anderen KI-Modellen benutzt.