Beschäftigung bleibt stabil, Industrie unter Druck
Die aktuelle Beschäftigungsstatistik zeigt: Tirols Betriebe sichern auch in schwierigen Zeiten Arbeitsplätze und Wohlstand. Doch steigende Arbeits- und Energiekosten gefährden insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Es braucht jetzt spürbare Entlastungen.
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Die Abteilung Wirtschaftspolitik, Innovation und Nachhaltigkeit der WK Tirol hat die Entwicklung der Beschäftigung unter die Lupe genommen und interessante Erkenntnisse daraus gewonnen. Im Juli 2025 waren in Tirols gewerblicher Wirtschaft 265.481 Menschen beschäftigt – ein Rückgang von nur 0,2 % gegenüber dem Vorjahr. Diese fast stabile Entwicklung verdeckt jedoch deutliche Unterschiede zwischen den Branchen. Während Tourismus und Transportsektor wachsen, verzeichnen Industrie (–3,4 %) und Handel (–2,5 %) sichtbare Rückgänge.
Der Tourismus hat sich mit einem Plus von über 2.600 Beschäftigten seit 2022 als klarer Jobmotor etabliert. Was die Statistik ebenfalls deutlich macht: Tirol ist und bleibt ein Land der Klein- und Mittelbetriebe: Mehr als 90 % aller Unternehmen beschäftigen weniger als 10 Mitarbeiter:innen. „Diese Struktur macht die Wirtschaft flexibel, bringt aber auch weniger Reserven für Kostenschwankungen und bürokratische Belastungen mit sich – darauf muss die Wirtschaftspolitik Rücksicht nehmen“, betont WK-Präsidentin Barbara Thaler.
Deutliche Problemzonen
Hinter der stabilen Gesamtentwicklung verbergen sich strukturelle Probleme. „Der Tourismus hält derzeit vieles im Gleichgewicht, aber die Industrie und der Handel kämpfen mit massiven Belastungen“, erklärt Thaler. Vier von zehn Industriebetrieben haben in den letzten drei Jahren Teile ihrer Produktion in andere Länder verlagert. Das trifft nicht nur die Industrie selbst – an den großen Leitbetrieben hängen hunderte kleine und mittlere Zulieferfirmen.
Hauptgründe sind die hohen Arbeits- und Energiekosten. Die Lohnstückkosten in Österreich sind durch überdurchschnittliche Lohnabschlüsse in den letzten Jahren stark gestiegen, allein 2024 um 8,3 Prozent. „Wir produzieren zwar exzellente Waren – aber mit hohen Kosten. Dadurch werden unsere Produkte zunehmend für den internationalen Markt zu teuer. Wenn wir hier nicht gegensteuern, bricht uns eine große Säule am Standort weg“, warnt der Obmann der Sparte Industrie, Karlheinz Wex. Er kritisiert auch die Leistungsfeindlichkeit im Steuersystem: „Die steuerliche Benachteiligung von Vollzeitbeschäftigung gegenüber Teilzeitarbeit ist ein Bremsklotz für die Leistungsbereitschaft. Ebenso die starke Steuerprogression, die gerade mittlere Einkommen unverhältnismäßig belastet.“
Dazu kommen hohe Energiepreise. Die angekündigten Erhöhungen der Netzentgelte treffen energieintensive Industriebetriebe hart. „Wenn Arbeit und Energie zu Luxusgütern werden, verliert Tirol seine industrielle Basis“, erklärt Karlheinz Wex. Die Folgen sind bereits sichtbar: eine angespannte Ertragslage, sinkende Investitionsbereitschaft und wachsende Unsicherheit bei Neueinstellungen.
Was jetzt zu tun ist
Der Tiroler Arbeitsmarkt sieht somit auf den ersten Blick robust aus, doch eine nähere Analyse offenbart tieferliegende Schwächen. Der Tourismus kann die Rückgänge in Industrie und Handel derzeit noch ausgleichen – auf Dauer wird das nicht reichen. „Wir müssen unsere Betriebe stärken, bevor sie unter der Last der Kosten zusammenbrechen“, appelliert Barbara Thaler an die Politik. Erste Schritte wie der moderate Lohnabschluss bei den Metallern oder die Strompreiskompensation für energieintensive Betriebe gehen in die richtige Richtung.
Doch um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern, braucht es mehr: eine spürbare Entlastung bei Energie- und Lohn(neben)kosten sowie gezielte Innovationsförderung in der Industrie. „Unsere Betriebe schaffen Arbeit, Einkommen und Perspektiven für Tiroler Familien – sie brauchen endlich Rahmenbedingungen, mit denen sich Leistung lohnt“, fasst Thaler zusammen.