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Nahaufnahme einer Weltkugel, die auf einem schwarzen Tisch liegt. Auf der runden Kugel sind Flaggen als Rechtecke abgebildet. Die Weltkugel wirft einen Schatten auf dem Tisch, der Hintergrund ist weiß.
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Virtuelle grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung

 VwGH-Urteil zur Remote-Tätigkeit für ausländische Unternehmen 

Lesedauer: 2 Minuten

03.10.2025

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat jüngst entschieden, dass grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung in Drittstaaten auch dann bewilligungspflichtig ist, wenn die Arbeitskräfte physisch in Österreich verbleiben und nur „remote“ für das ausländische Unternehmen tätig sind.

VwGH 29.4.2025 Ro 2024/11/0002-6

Hintergrund

Das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) sieht vor, dass eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung nur mit einer Bewilligung zulässig ist, sofern die Überlassung nicht innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums erfolgt (§ 16 AÜG). Die Bewilligungspflicht gilt demnach für die Überlassung in Drittstaaten, für gewerbliche Überlasser:innen ist eine Überlassung im Inland, oder in den Europäischen Wirtschaftsraum bewilligungsfrei (es kann allerdings gewisse Meldepflichten geben).

Der/Die Überlasser:in stellt den Antrag auf Bewilligung bei der Gewerbebehörde. Diese prüft, ob keine arbeitsmarktlichen oder volkswirtschaftlichen Gründe gegen die Überlassung sprechen und der Schutz der Arbeitskräfte nicht gefährdet ist. Die Überlassung ist erst mit der Erteilung der Bewilligung zulässig.

Bisher war unklar, ob eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung einen physischen Grenzübertritt erfordert oder eine Bewilligungspflicht auch bei „virtueller“ Überlassung besteht.

Aktuelle Entscheidung des VwGH

In der aktuellen Entscheidung haben Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistungen für Unternehmen, die ihren Sitz in Drittstaaten hatten, erbracht. Die Arbeitskräfte arbeiteten ausschließlich „remote“, der physische Arbeitsort war weiterhin in Österreich gelegen.

Die zentrale Rechtsfrage war, ob bei “remote” Tätigkeiten eine Bewilligung gemäß  § 16 Abs 1 AÜG notwendig ist, oder ob eine solche Bewilligung nicht erforderlich ist, da die Arbeitskräfte nie physisch eine Grenze überschritten haben und der physische Arbeitsort in Österreich gelegen ist.

Wesentlich ist, dass die Entscheidung nur tatsächliche Fälle der Arbeitskräfteüberlassung betrifft, nicht wenn Arbeitnehmer:innen zur Erfüllung eines Werkvertrags entsendet werden. „Arbeitskräfteüberlassung“ im Sinne des AÜG liegt vor, wenn ein/e Überlasser:in Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte zur Verfügung stellt. Wesentlich dabei ist, dass der/die Beschäftiger:in die Arbeitskräfte in seinem/ihrem Betrieb für betriebseigene Aufgaben einsetzt, die vertragliche Verpflichtung jedoch gegenüber dem/der Überlasser:in besteht.

Keine Arbeitskräfteüberlassung liegt vor, wenn ein/e Werkunternehmer:in, der/die Hilfspersonal in den Betrieb des/der Werkbestellers:in ausschließlich zur Herstellung eines Werkes sendet, für das er/sie die Verantwortung trägt.

Der VwGH hat in seinen Entscheidungsgründen erwogen, inwiefern die durch die Bewilligungskriterien festgelegten Schutzgüter bei einer virtuellen Arbeitskräfteüberlassung relevant sind. Der Schutz der Arbeitskräfte erfordert aus Sicht des VwGH keine Bewilligung, da diese ohnehin ausschließlich physisch in Österreich arbeiten, allerdings könnten arbeitsmarktliche oder volkswirtschaftliche Gründe der Überlassung entgegenstehen,  z.B. bei Mangel an Arbeitskräften mit einer bestimmten Qualifikation am österreichischen Arbeitsmarkt. Insofern entschied der VwGH, dass der Schutzzweck des § 16 Abs 2 AÜG bei einer Überlassung von Arbeitskräften in Drittstaaten auch ohne physischen Grenzübertritt eine Bewilligung verlangt und sich die Schutzfunktion somit auch auf “remote” Tätigkeiten erstreckt.

In Bezug auf das Argument des Revisionswerbers, dass die EU-Entsenderichtlinie bei grenzüberschreitender Arbeitskräfteüberlassung einen physischen Grenzübertritt voraussetzt und für rein „virtuelle“ Überlassungen nicht anzuwenden ist, hält der VwGH fest, dass die Entsenderichtlinie nur für Unternehmen mit Sitz in Mitgliedstaaten gilt, im vorliegenden Fall das Unternehmen ausschließlich an Unternehmen mit Sitz in Drittstaaten überlassen hat. Diese Konstellationen sind nicht durch die Entsenderichtlinie bestimmt und die Bewilligungspflicht ist unabhängig von der Entsenderichtlinie zu beantworten.

Der VwGH bestätigte somit, dass die Bewilligungspflicht auch dann besteht, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Rahmen einer Arbeitskräfteüberlassung "remote" von Österreich aus für ein Unternehmen mit Sitz in einem Drittstatt erbringen.

Tipp!

Zur Verfahrensbeschleunigung kann pro Land ein Sammelantrag gestellt werden. Die Arbeitnehmer:innen sind dabei in einer Excelliste pro Land aufzulisten.


Hinweis:
Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.

 

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