Auf einem aufgeklapptem Laptop mit schwarzem Bildschirm steht auf der Tastatur ein Einkaufswagen sowie verschieden farbige Einkaufstaschen im Miniaturformat
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E-Commerce Rechtsfrage #7: Sind Warenkorbabbrecher-E-Mails rechtlich zulässig?

Lesedauer: 5 Minuten

26.09.2024

Es kommt nicht selten vor, dass potenzielle Kunden Waren in den Warenkorb eines Onlineshops legen, aber es sich dann aber doch im letzten Moment anders überlegen und den Einkauf abbrechen. Häufige Gründe für einen Shopping-Abbruch sind unerwartete Kosten wie z.B. Versandkosten, die erst beim Check-out angezeigt werden, ein komplizierter Bezahl­vorgang oder eine verpflichtende Registrierung im Onlineshop. Es kann aber auch einfach sein, dass dem Kunden während seiner Bestellung etwas dazwischengekommen ist oder er doch noch ein wenig Bedenkzeit braucht.

Vielleicht braucht der potenzielle Käufer nur einen kleinen Stupser („Nudge“ im Fachjargon), um seine Bestellung abzuschließen? Dafür bieten sich Erinnerungsmails, die den Kunden an seine Waren im Warenkorb erinnert natürlich hervorragend an. Aber das Versenden solcher Mails auch rechtlich zulässig?

Was genau sind Warenkorbabbrecher-E-Mails?

Bei Warenkorbabbrecher-E-Mails handelt es sich um E-Mails, die an potenzielle Kunden versendet werden, wenn diese Produkte im Warenkorb zurückgelassen haben, ohne den Onlineeinkauf abgeschlossen zu haben. Durch diese Be­nachrichtigung soll der Kunde in den Onlineshop zurückgelockt werden und zum Kaufabschluss motiviert werden. 

Back to the basics: Unter welchen Voraussetzungen sind Werbe-E-Mails zulässig? 

Grundsätzlich dürfen E-Mails zu Werbezwecken nur nach vorheriger Einwilligung des Nutzers versendet werden (§ 174 Abs 3 des Telekommunikationsgesetzes 2021 – TKG 2021). Der im Gesetz verwendete Begriff „Direktwerbung“ ist weit aus­zu­legen und umfasst nach Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (OGH) „jede Äußerung […] mit dem Ziel, den Absatz der Waren […] zu fördern“.

Da mit Warenkorbabbrecher-Mails das Ziel verfolgt wird, den Kunden zum Kauf zu animieren, sind diese E-Mails jedenfalls als Werbe-E-Mails zu qualifizieren, die nur nach vorheriger Einwilligung des Nutzers zulässig sind.   

Da E-Mail-Adressen personenbezogene Daten darstellen, sind auch die Bestimmungen der DSGVO zu beachten. Die Anforderungen an eine gültige Einwilligung richten sich nach der DSGVO.

Eine Einwilligung im Sinne der DSGVO muss eine durch die betroffene Person

  • freiwillige
  • für einen bestimmten Fall
  • in informierter Weise abgegebene

Willensbekundung sein.

Der Nutzer muss sich also zustimmend äußern oder eine sonstige bestätigende Handlung setzen, mit der er eindeutig zu erkennen gibt, dass er der Verarbeitung seiner Daten zum Zwecke der Zusendung von Erinnerungs-Mails zustimmt.
Die Einwilligung muss auch immer in informierter Weise abgegeben werden. Das heißt, der Nutzer muss in verständlicher Weise und einer klaren und einfachen Sprache darüber informiert werden, wofür er seine Einwilligung erteilt. Zudem muss darüber informiert werden, dass die Einwilligung jederzeit widerrufen werden kann und dass durch den Widerruf die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung nicht berührt wird. 

Ist für die Einwilligung eine bestimmte Form erforderlich?

Die Einwilligung ist an keine bestimmte Form gebunden, sie kann schriftlich, mündlich oder auch schlüssig erteilt werden.

Als technisch-organisatorische Maßnahme für die Sicherheit der Verarbeitung (Art. 32 DSGVO) hat sich in der Praxis das Double-opt-in Verfahren etabliert. Dabei meldet sich der Nutzer durch Eingabe seiner E-Mail-Adresse zunächst zum Erhalt von Erinnerungs-E-Mails an. In einem zweiten Schritt erhält die Person ein E-Mail mit einem Bestätigungslink. Durch Klicken auf diesen Link, wird die Einwilligung und Anmeldung bestätigt.

Ist es zulässig, eine gemeinsame Checkbox für die Zustimmung in die AGB und die Einwilligung in den Versand von Werbe-E-Mails einzurichten? 

Aufgrund des Koppelungsverbots der DSGVO, wonach die Einwilligung zu Datenverarbeitungsprozessen von anderen Vertragserklärungen getrennt zu erteilen ist, ist eine gemeinsame Checkbox, mit der der Kunde der Geltung der AGB und gleichzeitig dem Erhalt von Werbe-E-Mails zustimmt, unzulässig. Die Einwilligung zur Zusendung von Werbe-Mails wäre in diesem Fall nicht freiwillig. 

Im Bestellvorgang sind daher zwei getrennte Checkboxen einzurichten – eine Checkbox für die Zustimmung in die Geltung der AGB und eine zweite Checkbox für die Einwilligung in die Zusendung von Werbe-Mails. 

Ist es zulässig, in den AGB zu regeln, dass der Kunde der Zusendung von Warenkorbabbrecher-Mails zustimmt? 

Nein, auch das würde dem Kopplungsverbot widersprechen. Wenn die Einwilligung in den Erhalt von Werbe-E-Mails untrennbar mit der Bestellung im Onlineshop verknüpft wird, fehlt es an der Freiwilligkeit der Einwilligung. 

Wann dürfen Warenkorbabbrecher ohne vorherige Einwilligung an die Produkte im Warenkorb erinnert werden?

Liegt keine Einwilligung vor, dürfen Warenkorbabbruch-E-Mails nur dann versendet werden, wenn die folgenden fünf Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  1. Der Onlineshop-Betreiber hat die E-Mail-Adresse im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder einer Dienstleistung erhalten und
  2. der Kunde hat klar und deutlich bereits bei der Erhebung der E-Mail-Adresse die Möglichkeit erhalten, den Empfang kostenfrei und problemlos abzulehnen und
  3. der Kunde erhält klar und deutlich bei jeder Zusendung einer Mail die Möglichkeit, den Empfang kostenfrei und problemlos abzulehnen und 
  4. diese Zusendung erfolgt zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen und
  5. der Kunde ist nicht in die sog. „ECG-Liste“ eingetragen. 

Auf was müssen Onlineshop-Betreiber also achten, wenn sie Erinnerungsmails ohne Einwilligung versenden möchten?

  1. Bei dem Warenkorbabbrecher muss es sich um eine Person handeln, die bereits im Onlineshop eingekauft hat (Bestandskunde).
    Im Zuge dessen muss der Onlineshop-Betreiber die E-Mail-Adresse des Kunden erhalten haben. Bei potenziellen Neukunden, die die Bestellung vorzeitig abgebrochen haben, fehlt es an dem erforderlichen Zusammenhang mit dem Kauf von Waren oder Dienstleistungen.  
  2. Der Warenkorbabbrecher hatte bei Erhebung seiner E-Mail-Adresse klar und deutlich (= nicht versteckt) die Möglichkeit, den Empfang von Werbe-E-Mails kostenfrei und problemlos abzulehnen.
    Umgesetzt werden kann diese Anforderung beispielsweise durch eine nicht-vorangekreuzte Checkbox im Bestellvorgang inkl. Aufklärungstext. 
  3. In jeder Warenkorbabbrecher-Mail muss die Möglichkeit des Widerrufs bestehen.
    Das bedeutet, dass es in jeder E-Mail einen leicht auffindbaren Link zur Abbestellung des Versands geben muss. 
  4. In den Mails darf der Kunde nur an eigene ähnliche Produkte erinnert werden.
    Das ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn der Onlineshop ein sehr breites Sortiment hat. Hat der Kunde zuvor eine Gartenschere im Onlineshop gekauft und hat er nun elegante Ohrringe im Warenkorb, so wird man hier nicht mehr von einer Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte sprechen können.
  5. Der Onlineshop-Betreiber muss vor der Zusendung der Erinnerungs-Mail überprüfen, ob der Kunde in die „ECG-Liste“ eingetragen ist.  

Diese Voraussetzungen werden erfahrungsgemäß schwer zu erfüllen sein. Die rechtssichere, aber auch einfachere Variante ist es, eine Einwilligung des Nutzers einzuholen. 

Tipps zur Versendung von Warenkorbabbrecher-E-Mails: 

  • Holen Sie vor dem Versand einer Warenkorbabbrecher-E-Mail die Einwilligung des Nutzers ein.
  • Informieren Sie den Kunden im Einwilligungstext über die beabsichtigte Nutzung seiner E-Mail-Adresse. Achten Sie darauf, dass die Einwilligungserklärung den Anforderungen der DSGVO entspricht.  
  • Je positiver der Einwilligungstext formuliert ist und je mehr der Kunde den Nutzen dieser E-Mails erkennt, desto eher wird er seine Einwilligung abgeben.
  • Setzen Sie das Double-Opt-In Verfahren ein, um die unbefugte Nutzung einer fremden E-Mail-Adresse zu verhindern.
  • Stellen Sie sicher, dass jede E-Mail ein Impressum enthält. 

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