Person in Businesskleidung sitzt an einem Schreibtisch und markiert ein Dokument während mit einem Taschenrechner gerechnet wird, daneben liegt ein Smartphone sowie ein Notizbuch und im Hintergrund steht ein kleiner Globus
© Flamingo Images | stock.adobe.com

Abfertigungsrückstellungen und Wertpapierdeckung

Rechtslage und Beispiele

Lesedauer: 3 Minuten

Mit der Einführung des Systems der Abfertigung „NEU“ mit 1.7.2002 ergaben sich gravierende Änderungen und Wahlmöglichkeiten bei der Bildung von Abfertigungsrückstellungen, deren Auswirkungen auch jetzt noch zu beachten sind.

Die Abfertigung „NEU" ist ein beitragsorientiertes System. Der Arbeitsgeber muss einen Beitrag in der Höhe von 1,53 % des monatlichen Entgelts (sowie allfälliger Sonderzahlungen) an die von ihm gewählte Mitarbeitervorsorgekasse leisten. Zusätzliche gesetzliche Abfertigungsverpflichtungen, abhängig von der Beendigungsart des Dienstverhältnisses, wie im Rahmen der Abfertigung „Alt“ treffen den Arbeitgeber nicht mehr. Für die Bildung von steuerlichen Abfertigungsrückstellungen ist im System der Abfertigung „NEU“ daher kein Raum. 

Rechtslage bis 31.12.2001

Für Abfertigungsverpflichtungen konnte eine Abfertigungsrückstellung (bei Einnahmen-Ausgaben-Rechnern ein so genannter steuerfreier Betrag) im Ausmaß von max. 50 % (bzw. max. 60 % für jene Dienstnehmer, die am Bilanzstichtag das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben) der fiktiven Abfertigungsansprüche gebildet werden.

Unternehmer hatten nach den handelsrechtlichen (nunmehr unternehmensrechtlichen) Vorschriften zwingend eine entsprechende Rückstellung für Abfertigungsverpflichtungen zu bilden. Aufgrund der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz (Unternehmensbilanz) für die steuerliche Gewinnermittlung war diese auch steuerlich (bis zum max. Ausmaß von 50 % bzw. 60 %) zwingend zu bilden.

Wurde für Abfertigungsverpflichtungen eine Rückstellung (steuerfreier Betrag) gebildet, so mussten am Schluss eines Wirtschaftsjahres bestimmte (im Einkommensteuergesetz definierte) Wertpapiere im Nennbetrag von mindestens 50 % des am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftjahres ausgewiesenen Rückstellungsbetrages im Betriebsvermögen vorhanden sein.

Rechtslage seit dem Jahr 2002

Für Abfertigungsansprüche nach dem alten System (Dienstnehmer bleibt mit allen oder Teilansprüchen im alten System) können Rückstellungen (steuerfreie Beträge) weiterhin mit 45 %-Satz der fiktiven Abfertigungsansprüche gebildet werden (im Wirtschaftsjahr 2002 (2001/2002) iHv 47,5 %).

Der Rückstellungsbetrag war zum Bilanzstichtag des jeweiligen Jahres von 50 % auf 47,5 % bzw. 45 % zu reduzieren (31.12.2002 bzw. 31.12.2003, bei abweichendem Wirtschaftsjahr entsprechend früher). 

Für Arbeitnehmer, die am Bilanzstichtag das 50. Lebensjahr vollendet haben, bleibt das max. Rückstellungsausmaß in Höhe von 60 % unverändert. 

Ergab sich aus dem Abbau der Rückstellungen ein Auflösungsgewinn, so war dieser gewinnerhöhend im Wirtschaftsjahr 2002 (2001/2002) bzw. 2003 (2002/2003) zu berücksichtigen.

Neben der Weiterführung der Rückstellungen in der Steuerbilanz konnten die Abfertigungsrückstellungen in den Jahren 2002 und 2003 aber auch zur Gänze steuerfrei aufgelöst und in der Steuerbilanz auf eine versteuerte Rücklage oder das Kapitalkonto übertragen werden. In diesem Fall dürfen jedoch in Zukunft keine steuerwirksamen Rückstellungen für Abfertigungen „Alt“ mehr gebildet werden. Müssen Abfertigungen „Alt“ ausbezahlt werden, sind diese Auszahlungen gleichmäßig auf 5 Jahre aufwandswirksam zu verteilen.

Achtung: Unternehmensrechtlich bleibt die Verpflichtung zur Bildung bzw. zur Weiterführung von Abfertigungsrückstellungen (insoweit hier in Zukunft Verpflichtungen bestehen) natürlich auch weiterhin aufrecht.

In Wirtschaftsjahren, die nach dem 31.12.2002 enden (d.h. 2003 bzw. 2002/2003), konnte auch die Wertpapierdeckung wie folgt reduziert werden (es bestand dazu aber keine Verpflichtung): 

  • im ersten Wirtschaftsjahr (d.h. 2003 bzw. 2002/2003) auf 40 %
  • im zweiten Wirtschaftsjahr (d.h. 2004 bzw. 2003/2004) auf 30 %
  • im dritten Wirtschaftsjahr (d.h. 2005 bzw. 2004/2005) auf 20 %
  • im vierten Wirtschaftsjahr (d.h. 2006 bzw. 2005/2006) auf 10 %
  • im fünften Wirtschaftsjahr (d.h. 2007 bzw. 2006/2007) auf 0 % 

Seit dem Wirtschaftsjahr 2007 ist bei Fortführung der steuerlichen Abfertigungsrückstellung daher keine gesetzlich verpflichtende Wertpapierdeckung mehr vorgesehen. 

Übertragung der Abfertigungsansprüche an eine MV-Kasse

Werden die Abfertigungsansprüche auf eine MV-Kasse übertragen (frühestens mit 1.1.2003 möglich), so ist die für diese Verpflichtungen gebildete Abfertigungsrückstellung (bzw. der steuerfreie Betrag) am Ende des Wirtschaftsjahres steuerwirksam aufzulösen.

Der für die Übertragung der Abfertigungsverpflichtungen an die MV-Kasse bezahlte Betrag ist bis zur Höhe des Rückstellungsbetrages sofort im Jahr der Übertragung zur Gänze Betriebsausgabe.

Übersteigt der Übertragungsbetrag den Betrag der Rückstellung, so ist der Differenzbetrag zwingend auf 5 Jahre steuerlich zu verteilen (im Jahr der Übertragung mindert daher nur 1/5 des Differenzbetrages die steuerliche Bemessungsgrundlage).

Achtung: Die zwingende Verteilung auf 5 Jahre ist unabhängig vom tatsächlichen Zahlungsfluss (egal ob der Übertragungsbetrag auf einmal oder in Raten geleistet wird). Dies gilt auch für den Einnahmen-Ausgaben-Rechner.

Ist der Übertragungsbetrag an die MV-Kasse kleiner als der Rückstellungsbetrag, ist die Rückstellung trotzdem im Jahr der Übertragung gewinnwirksam aufzulösen (hier erfolgt keine Verteilung des Gewinnes auf 5 Jahre).

Beispiel

Per 1.1.2023 werden bestehende Abfertigungsansprüche an eine MV-Kasse übertragen. Der Übertragungsbetrag beträgt 260.000 EUR. Die auf die Ansprüche entfallende Rückstellung beläuft sich auf 200.000 EUR. Die Differenz ist also 60.000 EUR. 

Gewinn-Auswirkung zum 31.12.2023 (Bilanz-Stichtag): 
Auflösung der Rückstellung (gewinnerhöhend)
+    200.000
 
Übertragungsbetrag, insoweit dieser der Höhe der Rückstellung entspricht (gewinnmindernd)
 
-     200.000
 
Verteilung des Differenzbetrages auf 5 Jahre
1/5 von 60.000 EUR (gewinnmindernd)
 
-       12.000
 
Gesamtauswirkung auf die steuerliche Bemessungsgrundlage (gewinnmindernd)
 
-       12.000
 

Stand: 01.01.2024

Weitere interessante Artikel