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Mitarbeiter zeigen mit der Hand auf
© Desmond I adobe.stock.com

Win-Win: Warum sich Mitarbeiterbeteiligung lohnt

Über Mitarbeiterbeteiligungsmodelle lassen sich Führungs- und Fachkräfte binden. Große Unternehmen wie die Voestalpine oder Siemens setzen seit Jahren auf das Modell. Doch auch heimische Start-ups kommen auf den Geschmack.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 23.05.2025

Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude: Dem Sprichwort dürften auch viele Beschäftigte größerer Firmen in Europa etwas abgewinnen können, denn Mitarbeiterbeteiligung boomt – insbesondere in Belgien und Frankreich. Hier ist die Beteiligung an Kapital oder Gewinn besonders populär. Mehr als jede zweite Firma mit über 200 Mitarbeitern lässt ihre Belegschaft am Unternehmenserfolg teilhaben. In Österreich und Deutschland ist es immerhin jedes fünfte größere Unternehmen – Tendenz steigend.

Doch wozu das Ganze? Studien zeigen: Finanziell beteiligte Beschäftigte sind in der Regel bereit, mehr für ihren Arbeitgeber zu leisten, immerhin profitieren sie vom Unternehmenserfolg. Zugleich fühlen sie sich mit dem Betrieb verbunden. Fluktuation wird somit reduziert und Know-how bewahrt. 


Eines der ersten heimischen Unternehmen, welches die Mitarbeiterbeteiligung für sich zu nutzen wusste, war die Voestalpine. 26.550 Beschäftigte in Österreich und in elf weiteren Ländern halten aktuell 25,5 Millionen Stück Voestalpine-Aktien und haben damit einen Stimmrechtsanteil von 14,3 Prozent. Gemessen an den Stimmprozenten und am Aktienwert ist es hierzulande eine der größten Mitarbeiterbeteiligungen. Das Prinzip ist einfach: Die Beschäftigten setzen einen Teil ihrer kollektivvertraglichen Lohnerhöhungen für Beteiligungen ein. Ausgehändigt werden ihnen die Aktien mit dem Austritt aus dem Konzern. 

Mitarbeiter der Voestalpine in Zeltweg
© Voestalpine Bei der Voestalpine ist die Belegschaft mit fast 15 % An­­teil Kernak­tionär.

Das heute so erfolgreiche Modell entstand aus der Not heraus. Man wünschte sich Stabilität: Auslöser war der Rückzug der Republik Österreich aus dem Konzern im Jahr 2000. Um unerwünschte Eigentümerstrukturen unattraktiv zu machen, brauchte die Voestalpine neue stabile Kernaktionäre. Gefunden wurden sie in den Mitarbeitern. Seit 25 Jahren hat sich das Modell nun bewährt. Auch in Zukunft möchte man laut Konzernbetriebsratsvorsitzendem Hans-Karl Schaller daran festhalten, denn: „Gerade in schwierigen Zeiten zeigt sich die Stärke der Mitarbeiterbeteiligung. Sie schafft eine besondere Identität im Konzern und ist ein offensichtlicher Beleg für die Verbundenheit aller Kollegen untereinander und mit dem Unternehmen.“  

Stabilität wünschte sich auch die Siemens AG, aber auch engagierte Mitarbeiter, die Verantwortung übernehmen. Die Lösung? Unternehmensanteile. Seit 2008 bietet der deutsche Konzern all seinen Beschäftigten weltweit an, an einem eigenen Aktienprogramm teilzunehmen. Darunter fallen auch die 9.500 Mitarbeiter in Österreich, die an zwölf Standorten von Eisenstadt bis Bregenz arbeiten. Mit Stand 2024 haben mehr als 107.000 Angestellte und damit über 44 Prozent aller Berechtigten in das Unternehmen investiert. Insgesamt halten sie rund drei Prozent aller Aktien und gehören zu den größten Siemens-Investoren. 

Engagierte und leistungsbereite Mitarbeiter benötigen aber nicht nur alteingesessene Konzerne, sondern auch kleine Start-ups. Bis 2024 galt, dass jährliche Gewinnbeteiligungen für Mitarbeiter bis 3.000 Euro steuerfrei sind (mehr zur Rechtslage unten). Vor allem in der Anfangszeit hatten Start-ups aber kaum etwas von dieser Regelung. Immerhin erzielen sie  meist noch keine  Gewinne und haben nur begrenzt liquide Mittel zur Verfügung. Die Möglichkeit der steuerfreien Beteiligung wurde daher kaum genutzt. 

Seit Jänner 2024 kommt aber Bewegung in die Sache. Mit der seither geltenden „Start-up-Mitarbeiterbeteiligung“ müssen Beschäftigte mit einer Beteiligung von bis zu zehn Prozent erst dann Steuern zahlen, wenn sie Anteile verkaufen, Dividende erhalten oder aus dem Unternehmen ausscheiden – also kurzum: Nur wenn wirklich Geld fließt. Katharina Feiertag, Gründerin des Grazer Start-ups Quickticket, schätzt das Modell. „Start-ups können natürlich nicht die gleichen Gehälter wie große Konzerne zahlen. Auch ich biete daher meinen Mitarbeitern eine Erfolgsbetei­ligung an. Das war von Anfang an unsere Strategie, um Angestellte zu binden, die nicht leicht ersetzt werden können.“  Wie hoch der Anteil ausfällt, sei vom Verantwortungsbereich und von der Funktion abhängig. 

Katharina Feiertag
© Createju Katharina Feiertag setzt seit Beginn an auf Beteiligung.

Für die 28-jährige Unternehmerin ist die Mitarbeiterbeteiligung in Start-ups ein Muss. Wunder dürfe man sich aber auch mit diesem Instrument keine erwarten. Seit Jänner sucht Feiertag einen IT-Leiter. „Das Recruitment in Start-ups ist so eine eigene Sache. Die wenigsten Leute bewerben sich aufgrund der Jobbeschreibung oder der Aussicht auf Beteiligung, sondern weil sie in den meisten Fällen jung sind, etwas Neues ausprobieren möchten und etwas bewegen wollen. Die Aussicht, Anteile am Start-up zu bekommen, lässt die finanziellen Sorgen meist verschwinden, doch die Verantwortung, die damit einhergeht, kann für viele Kandidaten auch abschreckend wirken. Immerhin entscheidet der Erfolg dann auch über den Verdienst.“

Postmitarbeiterin bei der Zustellung
© Österreichische Post Bei der Post erhalten alle Mitarbeiter seit vielen Jahren Prämien.

Den haben teilweise auch die Mitarbeiter der Österreichischen Post selbst in der Hand. Seit Jahren beteiligt das teilstaatliche Unternehmen alle Beschäftigten am Gewinn. Das motiviert. Im Jahr 2024 erzielte die Post einen Umsatzzuwachs von 14 Prozent – auf 3,12 Milliarden Euro. Heuer bedeutet das für rund 20.000 Mitarbeiter eine Prämie von 863 Euro. 


Hinweis
Gewinnbeteiligung
Seit Jänner 2022 können Unternehmen ihre Mitarbeiter am Jahreserfolg beteiligen. Eine steuerfreie Gewinnbeteiligung ist bis zu 3.000 Euro jährlich möglich. Zu verstehen ist die Mitarbeiterbeteiligung immer als Beteiligung am Vorjahresergebnis. Sie gilt für alle aktiven Arbeitnehmer oder muss zumindest einer bestimmten Gruppe gewährt werden (z.B. dem gesamten kaufmännischen Personal). Auch der Verantwortungsgrad kann für die Gruppenbildung herangezogen werden.  Als aktive Arbeitnehmer gelten alle Personen, die im für die Gewinnbeteiligung maßgeblichen Wirtschaftsjahr im Unternehmen beschäftigt waren. Dazu zählen auch all jene Personen, deren Dienstverhältnis zum Zeitpunkt der Gewährung des Gewinns aufrecht, aber unterbrochen war (z.B. Karenz oder Präsenzdienst). Mehr dazu:  https://bit.ly/43D3108


Kapitalbeteiligung:
Entscheidet ein Unternehmen, seine Mitarbeiter am Kapital zu beteiligen, so ist das bis zu einem jährlichen Höchstbetrag von 3.000 Euro steuerfrei. Dazu muss die Abgabe an die Beschäftigten unentgeltlich oder verbilligt erfolgen. Sie darf also nicht an Stelle von Lohn oder Lohnerhöhungen gewährt werden. Als begünstigte Beteiligungsformen werden nur Aktien, Partizipationsscheine und Substanzgenussrechte am Unternehmen des Arbeitgebers oder an einem verbundenen Konzernunternehmen, GmbH-Anteile, Anteile an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften und echte stille Beteiligungen anerkannt. Die Steuerbefreiung gilt nicht für die Abgabe von Anteilen an Personengesellschaften (OG, KG). Bei Klein- und Mittelbetrieben kommt vor allem die echte stille Beteiligung am ehesten in Betracht. Alle Infos: https://bit.ly/43D4fsg