Alpenresort Schwarz
© Wolfgang Bohusch

Tiroler Hotellerie: Die Breite macht’s

Dass das Tourismusland Tirol jeden Betriebstypen anbieten kann – von der Jugendherberge bis zum 5-Sterne Superior-Haus – ist für Alois Rainer, Spartenobmann Tourismus und Freizeitwirtschaft der WK Tirol, extrem wichtig, „als Aufbauarbeit für die nächste Generation Gast.“

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Aktualisiert am 28.02.2025

Wenn du den Gästen in jungen Jahren für ein günstiges Budget keine Unterkunft oder keinen Skikurs anbieten kannst, dann darfst du dir nicht erwarten, dass sie im Alter von 35 mit eigener Familie und gutem Job auch in diesem Land Urlaub machen“, beschreibt Alois Rainer, Spartenobmann Tourismus und Freizeitwirtschaft der WK Tirol, die Generationenlogik, die in jenem breiten Beherbergungsangebot zu stecken vermag, für welches das Tourismusland Tirol bekannt ist.

„Wir brauchen die verschiedenen Betriebstypen – von der Jugendherberge bis zu den 4- und 5-Sterne-Hotels, denn so bringen wir einen schönen Gästemix zusammen und der Tourismus macht sich nicht von einer Gästeschicht abhängig.“

Für alle Gäste ist es dabei wichtig, zu wissen, was sie erwartet, denn Überraschungen sind nur in positiver Hinsicht eine willkommene Kategorie. „Klassifizierte Sterne-Betriebe machen es den Gästen leichter, Unterkünfte zu finden, die ihren Erwartungenund Budgets entsprechen“, spricht Staggl die Sterne-Klassifizierungen an, die nicht nur auf Basis der damit verbundenen Qualitätskriterien sondern auch der damit möglichen Transparenz ihren Siegeszug durch die europäische Hotellerie angetreten haben.

Wir brauchen die verschiedenen Betriebstypen – von der Jugendherberge bis zu den 4- und 5-Sterne-Hotels, denn so bringen wir einen schönen Gästemix zusammen.

Von den über 5.500 Beherbergungsbetrieben, die das Tourismusland Tirol zählt, sind knapp 2.000 nach den Sterne-Kriterien klassifiziert und erleichtern damit die Orientierung der potenziellen Gäste, für die neben geografischer Lage und touristischem Angebot eben auch Ausstattung und Preise essenzielle Entscheidungsgrundlagen bilden. „Wir haben derzeit 39 5-Sterne- und 5-Sterne Superior-Betriebe, 145 4-Stern-Superior- sowie knapp 800 4-Sterne-Betriebe“, blickt Staggl nicht ohne Stolz in die Statistik und meint: „Diese Dichte an qualitativ erstklassigen Beherbergungsbetrieben ist weltweite Spitze.“


Camping in Tirol: Boom mit Biss

Die Corona-Zeit befeuerte den bereits starken Camping-Boom auf so wuchtige wie nachhaltige Weise. Das Schmuddel-Image dieser naturnahen Urlaubsform ist längst Geschichte. Der Trend zum Glamping legt auch auf den Tiroler Plätzen höchst komfortable Messlatten. Trotz wetterbedingt teils wenig heiteren Bedingungen verzeichnete das Campingland Tirol 2024 erneut ein Rekord-Jahr.

Es sind momentan so viele Camping-Fahrzeuge unterwegs, dass ich mir als Campingplatzbetreiber für die nächsten paar Jahre keine großen Sorgen mache“, sagt Georg Giner.
Giner ist nicht nur Geschäftsführer des Ferienparadieses Natterer See, sondern auch Obmann der Fachgruppe Freizeit- und Sportbetriebe der WK Tirol. Darum darf seine beneidenswerte Sorglosigkeit wohl getrost skaliert und auf das Campingland Tirol umgelegt werden, in dem aktuell 90 Campingplätze diese ganz besondere Form des Urlaubens möglich machen. „Camping erlebt seit mehreren Jahren einen Boom. Der wurde noch einmal von der Corona-Zeit verstärkt, in der es ein großes Thema war, mit der eigenen Unterkunft – der eigenen Quarantänestation quasi – anzureisen“, so Giner.

Die Produzenten kamen kaum noch hinterher, der explodierenden Nachfrage an Reise- oder Wohnmobilen nachzukommen und den sicheren Reisehunger zu stillen. Im Jahr 2022 erwägten in Deutschland beispielsweise 1,3 Millionen Menschen den Kauf eines Wohnmobils und 700.000 überlegten, sich einen Wohnwagen zuzulegen. Die meisten setzten ihre damaligen Überlegungen längst in die Tat um und selbst wenn die Verkaufszahlen zwischenzeitlich rückläufig sind, bleibt der satte Markt reisefreudig.

Die Mobile befeuern diese Urlaubsform, die sich in den vergangenen Jahren derart gewandelt hat, dass sie mit dem ursprünglichen Bild kaum noch in Einklang zu bringen ist. War die Saison der Tiroler Campingplätze früher auf die Monate Juli und August beschränkt, so beginnt die Sommersaison zwischenzeitlich im April und endet im Oktober. Die kälteresistente Ausstattung der Reise-Mobile und der darauf ausgerichteten, vorzugsweise skigebietsnahen Campingplätze macht es längst möglich, auch im Winter gemütlich zu campen. Ja, Camping hat sich weiterentwickelt. Und wie.  

Wohnmobile am Natterer See
© Giner Freizeit & Tourismus GmbH Große Wohnmobile auf Tiroler Campingplätzen: Ein Symbol des Booms, der den traditionellen Campingurlaub im Land revolutioniert.

Es gibt sie zwar noch, die Zelteler, die mit Rucksack, Wurfzelt, minimalistischem Gaskocher und John Denvers Country Roads auf den Lippen sehnsuchtsvoll die Weite suchen, doch sind sie eher selten geworden. „Da gibt es die sportliche Double Income No Kids-Gruppe, die ihren VW-Bus auch im Alltag verwendet. Dann die Familiencamper meist mit Wohnwagen, seit ein paar Jahren jene, die einen Kastenwagen ausgebaut haben, dann die Wohnmobilisten – meist Rentner, die auch monatelang unterwegs sind. Und es gibt die High-End-Camper mit riesigen Wohnmobilen, die bis zu 1,5 Millionen Euro kosten können“, skizziert Georg Giner die große Bandbreite der mobilen Camping-Urlauber:innen. 

Luxustrend Glamping

Hinzu kommt eine stark wachsende Zielgruppe, die weniger auf Mobilität sondern vielmehr auf die Naturnähe der Camping-Plätze steht und deren nicht minder wachsendes Angebot an mietbaren luxuriösen Unterkünften nutzt. Das reicht von Jurten über gewitzte Mobile-Homes oder Safari-Lodge-Zelten bis zu Baumhäusern und zeichnet sich nicht nur durch viel Freiraum, sondern auch durch Komplettausstattungen aus, zu denen jedenfalls eigene WCs und Bäder zählen. Glamping wird das genannt, Glamourous Camping. „Glamping hat dazu beigetragen, das Thema Camping aufzuwerten“, sagt Giner, „das ist eine sehr hippe Urlaubsform. Mit dem ursprünglichen Camping hat das nichts mehr zu tun.“

Glamping beschreibt nicht nur die luxuriöse Form des Camping, sondern auch den glänzenden Höhepunkt einer spannenden Entwicklungsgeschichte.
Campus, das lateinischen Wort für Feld, stand Pate, als es Anfang des 20. Jahrhunderts darum ging, der damals neuen Reiseform einen Namen zu geben. „Früher wurde Camping mit Zelteln gleichgesetzt“, weiß Giner. Der Fachgruppen-Obmann kam 1963 zur Welt und wurde nicht nur mit dieser Urlaubsform groß, sondern mittendrin. Er wohnt sogar in der Ferienanlage der Familie und erzählt: „Anfang der 1960er-Jahre kamen die ersten Sommerfrischler mit ihren VW Käfern oder Fiat Topolinos und ihren Zelten zum Natterer See. Das war die Initialzündung für meine Eltern. Da haben sie angefangen, den Campingplatz zu errichten. 1960 wurde das erste Sanitätshäusl gebaut.“ 

Glamping Zelte und Lodges am Natterer See
© Giner Freizeit & Tourismus GmbH Die neue Art des Campings: Glamping-Zelte und Lodges auf Tiroler Campingplätzen verbinden Naturverbundenheit mit exklusivem Komfort und bieten so ein Stück Luxus unter den Sternen

Touristisches Unternehmen

Karl und Erna Giner hatten das Näschen für ein touristisches Unternehmen, das Georg Giner ab 1996 schrittweise vom Campingplatz zum europaweit herausragenden Ferienparadies verwandelte. Die erfolgreiche Unternehmensgeschichte begann aber bereits vor 95 Jahren – mit einer fast verrückten Vision. Denn dort, wo es sich im Sommer so herrlich schwimmen und erholen lässt, lagen bis Ende der 1920er-Jahre landwirtschaftlich wenig wertvolle saure Wiesen, die man heute als Feuchtbiotop bezeichnen würde. „Mein Großvater, der als weichender Bauernsohn aus Thaur in Natters einen kleinen Aussiedlerhof kaufte, hatte die Idee, hier einen Badesee anzulegen“, erzählt Georg Giner, der beim Gedanken an die Entstehungsgeschichte schmunzeln muss: „Die Natterer Bauern sagten, der Zuagroaste ist übergeschnappt. Er tauscht saure Wiesen gegen guten landwirtschaftlichen Grund.“

Tja, Josef Giner ließ sich nicht beirren, rupfte das saure Gras und errichtete zwischen 1928 und 1930 den Badesee, der in den dann zu einer Naherholungs-Perle im Innsbruck so nahen Mittelgebirge und zum Mittelpunkt des Campingplatzes wurde. „Das ist eine nette Geschichte“, sagt der Enkel des Visionärs, der in seiner Funktion als WK-Fachgruppen-Obmann zu den künftigen Kapiteln der Tiroler Camping-Geschichte meint: „Das Thema Vermietung vor Ort, das Glamping, wird weiter wachsen. Was auch ein Thema werden wird, ist das Workation-Angebot für Leute, die mobil unterwegs sind. Das ist wie Homeoffice under the moon.“ Noch ein Trend also für das Campingland Tirol. Der Boom hat Biss.