Zillertal Bier: Prost auf 525 Jahre!
Sie ist die älteste Brauerei Tirols – und mit Sicherheit eine der lebendigsten des Landes. 2025 feiert die Familienbrauerei Zillertal Bier nicht nur ihr 525-jähriges Jubiläum, sondern auch den so kraftvollen wie konsequenten Siegeszug des unternehmerischen Ur-Geheimnisses, das sich aus Regionalität, Qualität, Nachhaltigkeit und einer starken Brise Gestaltungskraft zusammensetzt.
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Im Interview mit der Tiroler Wirtschaft blickt Martin Lechner zurück in die Geschichte und nach vorne – in die Zukunft. Zusammen mit seiner Frau Eva-Maria Lechner repräsentiert er die 16. Zillertal Bier-Generation. Die 17. Generation steht in den Startlöchern. Martin Lechner: „Da können wir echt stolz sein.“ Stimmt.
525 Jahre. Wie ist es, ein so stattliches Jubiläum zu feiern? Ein schönes Gefühl?
Martin Lechner: Selbstverständlich. Wir machen das mit einem gewissen Stolz, weil wir uns auch der Verantwortung bewusst sind. Wir sind ein Familienbetrieb in der 16. Generation. Deswegen sind wir unseren Kund:innen sehr verbunden. Unser ältester Kunde kauft uns seit dem Jahr 1506 das Bier ab.
Seit 519 Jahren? Wer ist denn dieser Kunde?
Das ist der Landgasthof Linde in Stumm. Ja, das sind schon Besonderheiten, die uns auf der einen Seite mit Stolz erfüllen, die auf der anderen Seite aber auch eine besondere Verantwortung bedeuten. Die Verantwortung gegenüber den Generationen, die vor uns gewesen sind, aber auch jenen gegenüber, die hoffentlich nach uns kommen.
Es ist schon außergewöhnlich, dass es seit 1678 immer eine nächste Generation gegeben hat…
…ganz genau. Da ist es wichtig, dass die Kinder nicht nur die Mühen des Alltags sehen, sondern dass sie auch die Freude am Gestalten mitbekommen, die man als Unternehmer hat.
Wie steht es um die 17. Generation? Ist sie bereit?
Wir haben vier supertüchtige Kinder, die uns überhaupt keine Sorgen machen. Da können wir echt stolz sein. Wenn sie sich gut vertragen, haben sie alle vier Platz. Da werden wir in der nächsten Zeit einen Prozess starten. Sie würden sich auch wegen ihrer Berufswahl alle perfekt eignen. Das klingt fast kitschig, ist aber so.
Apropos Freude am Gestalten. Ihre Frau Eva-Maria Lechner und Sie haben ziemlich viele Meilensteine gesetzt – und setzen sie weiter. Nach welchen Grundsätzen gehen Sie dabei vor?
Wir versuchen, den Betrieb so aufzustellen, dass wir mit unseren Wurzeln und unserer Geschichte so umgehen, dass wir authentisch bleiben und uns Erneuerungen nicht verschließen - ganz im Gegenteil. Wir informieren uns international und auch national am Biermarkt beziehungsweise in der Getränkebranche und versuchen, die Bedürfnisse unserer Kund:innen zu erfüllen und das alles regional umzusetzen. Deswegen haben wir auch vor 12 Jahren den Getreideanbau in Tirol wiederbelebt, kaufen die Dinge immer so nah um den Schornstein wie es möglich ist. Auch wenn das etwas teurer ist, sind wir uns bewusst, dass wir von der Wertschöpfung leben, die in der
Region entsteht.
In diesem regionalen Sinn ist vor 10 bis 15 Jahren der Craft Beer-Trend aufgepoppt. Wie hat Zillertal Bier darauf geantwortet?
Unsere Interpretation dieses Trends war, nicht die bittersten Biere zu brauen oder die Grenzen des Trinkbaren auszuloten, sondern beispielsweise alte Bierstile wieder aufleben zu lassen – aber trinkfreundlich. Ohne Trinkgenuss macht es keinen Spaß. Wir stehen allerdings in einem sehr kompetitiven Wettbewerb. Im besten Falle stagniert der Biermarkt oder geht leicht zurück. In Österreich haben wir die Situation, dass 70 % des Biermarktes von einem holländischen Konzern dominiert sind, der seine Vorteile, die daraus entstehen, zu nutzen weiß. Die Aktionspreise beim Bier rutschen so ab, dass der genannte Großkonzern dem Endverbraucher ein absurdes Preisgefüge lernt. Schrecklich ist das.
Wie gelingt es Ihnen, in dieser echt hart umkämpften Arena erfolgreich zu sein? Nur Tiroler zu sein, reicht nicht. Sie müssen schon einen sprichwörtlich guten Geschmack haben, oder?
Ja, das stimmt. Wir arbeiten täglich an unserem hervorragenden Produkt, das nicht künstlich haltbar gemacht wird und das nur in Tirol ausgeliefert wird. Bier wird nicht besser, je weiter es transportiert wird – im Gegenteil. Wir brauen sehr sortentypische Biere, die mit einer besonderen Drinkability ausgestattet sind. Ein Bier muss richtig gut runter rinnen. So konzipieren wir all unsere Bierspezialitäten, damit auch bei den Blindverkos-tungen bei uns im Haus möglichst unser Bier das bevorzugte ist. Wir verkosten alle 14 Tage.
Neben beziehungsweise mit den Bierspezialitäten bietet Zillertal Bier ein breites Angebot für die Kund:innen aus der Hotellerie und Gastronomie. Wie hat sich das entwickelt?
Wir haben uns in den letzten zehn Jahren gemeinsam mit unseren Kund:innen in diese Richtung entwickelt. Normalerweise ist es so, dass eine Brauerei 80 % in den Handel liefert. Bei uns war das immer schon anders. Wir haben einen Anteil von 75 bis 80 %, die wir in die Gastronomie und Hotellerie liefern. Wir bieten ein Sorglospaket an – mit der Dienstleistung in der Belieferung, dem technischen Kundendienst, dem Telefonvorverkauf und unserem kompletten Handelswarensortiment, das mittlerweile ein paar Tausend Artikel umfasst bis hin zu speziellen Weinen, die aus allen Teilen der Welt kommen.
Einer der wichtigsten Vorfahren ihrer Familie ist Ludwig Jobst. Was wissen Sie von ihm?
Man weiß einiges von ihm. Er hat 1678 das Polsinger Haus in Zell am Ziller gekauft und war damit der erste freie Bierbrauer Tirols. Er ist ein direkter Vorfahre unserer Familie und seither ist die Brauerei in Familienbesitz. Wir feiern aber 525 Jahre Zillertal Bier, weil im Jahr 1500 das Erzbistum Salzburg dem Polsinger Haus das Recht verliehen hat, Bier und Branntwein herzustellen und
auszuschenken.
15 Generationen später, in Ihrer Zeit wurden – wir haben es schon erwähnt – zahlreiche richtungsweisende Entscheidungen getroffen. Landwirtschaft, neues Brauhaus, neues Sudhaus zählen dazu. Besonders sticht das BrauKunstHaus hervor. Wie kam es dazu?
Als meine Frau und ich Ende der 1990er-Jahre wieder in den Betrieb gekommen sind, stand eine Entscheidung an, wie sich die Brauerei weiterentwickelt. Es war uns immer schon ein Anliegen, die Brauerei für Besucher:innen zu öffnen, damit wir zeigen können, mit welchen Zutaten und in welcher speziellen Art und Weise unsere Bierspezialitäten hergestellt werden. So sind wir zu einem Neubau, einer kompletten Übersiedelung der Brauerei und zur Errichtung des BrauKunstHauses gekommen. Darüber sind wir sehr froh, weil unsere Bierspezialitäten dort verkostet werden können und die Geschichte unserer Familie und Firma gut präsentiert wird.
Was sind die Pläne für die nächsten Jahre?
Projekte gibt es genügend in der Brauerei. Wir beschäftigen uns mit einem Ausbau, weil im Sinne einer Nachhaltigkeitsstrategie die Kohlensäurerückgewinnung erneuert werden muss. Wir beschäftigen uns mit alternativer Energieversorgung, damit wir unseren CO2-Abruck oder -Ausstoß noch einmal deutlich reduzieren. In der Produktentwicklung beschäftigen wir uns auch mit einem alkoholfreien Bier – es ist sehr spannend, die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Und wir beschäftigen uns mit unserer jüngsten Produkt-Linie, den Bioerfrischungsgetränken unter der Marke Midi’s, die sich sehr gut entwickelt.
Klingt nach einer sehr spannenden Dynamik?
Ja, die Ideen gehen uns nicht aus.
Das 525-jährige Bestehen feiert Zillertal Bier mit zahlreichen Highlights. Erste Akzente wurden beim Gauder Fest im Mai 2025 gesetzt. Im Juni 2025 folgte das große Brauereifest, das Jubiläumsbier schmeckte ganz hervorragend und für Liebhaberinnen und Liebhaber der regulären Zillertal Bier-Sorten Zeller Hell und Märzen ist ein besonderes Gewinnspiel im Gange. Ein weiteres Highlight wird im Herbst ein Spezialbier sein, das in Handarbeit in einer Kleinbrauerei hergestellt und in eleganten Großflaschen abgefüllt wird.
Alle Informationen unter: www.zillertalbier.at
Bild oben: Die Familie Lechner beim Brauereifest zum 525 Jahr-Jubiläum:
Maria Lechner, Eva-Maria Lechner, Waltraud Kolbitsch, Jacob Lechner, Paul Lechner und Martin Lechner (v.l.)