30 Jahre. Viele Wege. Ein Mentor.
Heinz Amberger – Ein Leben für die Lehre.
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"Der hat auch bei mir gelernt.“ Dieser Satz fällt oft, wenn Heinz Amberger durch die Produktionshallen von Geberit in Pottenbrunn führt, Kollegen grüßt, zu Geburtstagen gratuliert, oder nach seinen Schützlingen schaut. Seit 30 Jahren bildet der europäische Marktführer für Sanitärprodukte am Standort in Österreich Lehrlinge aus. Seit 30 Jahren ist das Gesicht dieser Lehrlingsausbildung Heinz Amberger. Vorgesetzter. Ansprechpartner. Väterlicher Ratgeber.
„Wie ich dazu kam? Zufall“, sagt der gelernte Betriebsschlosser. 1992 ins Unternehmen eingetreten, übernahm er kurz nach dem Werkmeisterabschluss die ausgeschriebene Lehrlingsausbilderstelle. Acht Mitbewerber ließ er hinter sich. Damals dachte er: Sprungbrett. Heute weiß er: Berufung. „Ich wollte der Ausbildung meinen Stempel aufdrücken – und nicht auf der Karriereleiter weiterklettern.“
30 Jahre Lehrlingsausbildung bei Geberit. 30 Jahre Lehrlingsaubilder Heinz Amberger. Ihr Fazit?
Amberger: Es war – und ist – schön, mit jungen Menschen zu arbeiten. Jede Persönlichkeit ist anders. Zu spüren, wann man fordern, wann man bremsen muss, hat mich von Anfang an fasziniert. Und ich hatte immer volle Rückendeckung der Geschäftsleitung. Gemeinsam haben wir ein starkes Fundament geschaffen.
Wenn Sie an Ihren ersten Ausbildungstag zurückdenken: Was hätten Sie Ihrem damaligen Ich gern mit auf den Weg gegeben?
Amberger: Hab’ Freude. Es ist eine tolle Herausforderung. Und nutz die Chance – sie ist es wert.
Haben Sie diese Chance genützt, oder würden Sie aus heutiger Sicht etwas anders machen?
Amberger: Nein. Ich habe 1995 mit vier Lehrlingen begonnen – drei Burschen, ein Mädchen. Ich war 26 und hatte keinerlei Führungserfahrung. Klar war ich unsicher. Aber drei sind heute noch im Betrieb – Anita, Mario und René. Zwei waren bei meinem Polterabend. Ich denke, das hat schon so gepasst.
Was haben Sie versucht, den jungen Menschen mitzugeben?
Amberger: Neben Fachwissen vor allem Selbstvertrauen. Persönlichkeitsentwicklung ist uns wichtig. Wir wollen keine reinen Fachkräfte ausbilden, sondern Persönlichkeiten. Menschen, die sich etwas zutrauen – auch auf einer Bühne, vor Gruppen, im Leben.
Was haben Sie in den vergangenen 30 Jahren von den Lehrlingen gelernt?
Amberger: Ich brauche mich bei meinem Smartphone nicht auszukennen (lacht). Ich gehe vor die Tür, und egal welches Problem ich habe, meine Lehrlinge können mir weiterhelfen. Medial, digital sind sie echt gut drauf. Digital sind sie uns oft voraus. Ihre Gelassenheit hat mich geprägt. Der Austausch mit jungen Leuten hält mich jung – oder ich bilde es mir zumindest ein. Meine Rolle hat sich verändert. Heute bin ich oft Vater- oder Großvaterfigur, bei der man Rat sucht. Das schätze ich sehr.
Mich motiviert die Jugend, ihr Zugang, ihre Energie. Ich bekomme viel zurück - und bin stolz, wenn sie ihren Weg gehen.
Heinz Amberger
Ausbilder Geberit
30 Jahre. Sie könnten sicher ein Buch schreiben. Gibt es eine Geschichte, ein Erlebnis, das sich eingeprägt hat?
Amberger: Die ersten Lehrlinge bleiben unvergessen. Unsere Lehrlingsecke bestand aus vier Werkbänken und einer Bohrmaschine. Dann gab es das erste Lehrlingsbaby – wir haben alles getan, damit sie noch vor der Geburt den Abschluss schafft. Das Foto mit dem Baby im Superman-Strampler hängt heute noch in meinem Büro. Und dann war da mein 50er: Eine Überraschungsparty mit vielen ehemaligen Lehrlingen. Selbst die Gerüchteküche hat nichts verraten. Das war besonders.
Wie bleibt man motiviert und offen für neue Entwicklungen, wenn sich die Generationen, ihre Erwartungen und die Arbeitswelt ständig verändern?
Amberger: Unsere Jugend spiegelt die Gesellschaft. Wer über die Generation Z schimpft, schimpft über sich selbst. Die Welt wird schneller, digitaler, KI ist längst Teil davon. Aber die Grundängste und -bedürfnisse der Jugendlichen sind die gleichen, ebenso wie der Grund, warum ich diese Arbeit so mag. Mich motiviert die Jugend, ihr Zugang, ihre Energie. Ich bekomme viel zurück – und bin stolz, wenn sie ihren Weg gehen.
Wie geht es für Sie nach 30 Jahren Lehrlingsausbildung weiter?
Amberger: Ich ziehe mich zunehmend aus dem operativen Bereich zurück und konzentriere mich auf den Aufbau der internen Erwachsenenbildung – damit auch unsere Mitarbeitenden ihre Potenziale entfalten können.
Was 1995 als Lehrlingsecke mit vier Werkbänken und einer Bohrmaschine begann, hat sich im Laufe der Jahre kontinuierlich weiterentwickelt. Im September hat Geberit, pünktlich zum 30-jährigen Jubiläum, das neue Ausbildungszentrum in Pottenbrunn eröffnet. Auf rund 350 Quadratmetern finden eine Lounge, ein Labor, Roboter, Schulungsraum, Lager, Staubraum sowie zyklusgesteuerte, konventionelle und CNC-Maschinen Platz, um die Lehrlinge optimal auf die Anforderungen im Betrieb vorzubereiten. 141 Lehrlinge wurden seit 1995 in 11 Berufen ausgebildet. Derzeit machen 30 Lehrlinge (Höchststand) – 10 Mädchen und 20 Burschen – eine Lehre in sechs Berufen. „Wir sind Marktführer in Europa. Das wollen wir bleiben. Deshalb setzen wir auf die Lehre und bilden die Fachkräfte von morgen selbst aus“, stellt Heinz Amberger, Leiter der Lehrlingsausbildung, klar.
Zwei Lehrlinge im Interview:
Warum gefällt dir die Lehre bei Geberit?
Anika Rahberger, 4. Lehrjahtr (18 Jahre): Geberit ist ein sehr organisierter Betrieb mit engagierter Ausbildung, in dem die Kollegen wie Freunde sind und Lehrlinge sich über viele tolle Goodies freuen können.
Hannes Seeland, 1. Lehrjahr (15 Jahre): Das Umfeld ist spitze, und das macht mir viel Spaß.
Was sind deine Aufgaben?
Anika: Ich bemustere Spritzgusswerkzeuge, messe Teile aus und protokolliere, halte Daten fest, verbessere Prozesse, halte Spritzgusswerkzeuge in Stand, und vieles mehr.
Hannes: Zu Beginn feilen wir viel, haben aber auch Theorieunterricht, für den ich ebenfalls lernen muss.
Was macht dir am meisten Spaß?
Anika: Ich darf eigenständig arbeiten, und sollte ich einmal Hilfe brauchen, ist immer jemand für mich da.
Hannes: Die Kollegen beziehungsweise unser Team.
Wie bist du zur Geberit gekommen?
Anika und Hannes: Das Unternehmen hat an unserer Schule einen Vortrag zur Lehrlingsausbildung gemacht.
Deine Pläne für die Zeit nach der Lehre?
Anika: In der Firma bleiben, mich in meiner neuen Abteilung spezialisieren, die Matura abschließen und den Werkmeister machen, um langfristig eine Schlüssel- bzw. Führungsposition zu übernehmen.
Hannes: Eine gute Zeit, eine gute Ausbildung.