Auf starkem Fundament
Handwerk und Teamgeist Hand in Hand: bei Fliesen und Öfen Reiter in Gföhl werden aus Lehrlingen Fachkräfte, die hier ihre berufliche Heimat gefunden haben.
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Die Knieschützer staubig, auf den Händen Spuren von Fliesenkleber. Gerald Gretzel steht vor der Wand, hat eben eine Fliese sauber zurechtgeschnitten und wischt sich die Haare aus der Stirn. Dann grinst er in Richtung seines Chefs. „Es passt einfach. Das Klima im Team. Die Arbeit. Die Bezahlung. Der Arbeitsweg“, zählt er auf – und meint mit einem Zwinkern: „Und der Boss ist auch ganz ok.“ „Gerri“ ist keiner, der große Worte macht. Muss er auch nicht. Seit sieben Jahren arbeitet er bei Fliesen und Öfen Reiter in Gföhl – hat hier seine Lehre gemacht. Und nie ans Weiterziehen gedacht. So wie viele andere, die hier begonnen und bei Richard Reiter ihre berufliche Heimat gefunden haben.
Der Chef steht ein paar Meter entfernt und erzählt: „Ich war 12, hab‘ einem Bruder beim Hausbau geholfen. Da durfte ich dem Fliesenleger zur Hand gehen. Der ist mit einem BMW M5 angerückt. Da hab‘ ich mir gedacht: Wer sich das leisten kann, hat sicher einen lässigen Job.“ Der Rest ist, wie man so schön sagt, Geschichte. Lehre zum Hafner und Fliesenleger, Montagezeit im Ausland, ein paar Jahre in Verkauf und Kundenbetreuung und 2005 der Schritt in die Selbstständigkeit. Erst ein Büro in der eigenen Wohnung, dann ein Ausstellungsraum in einer ehemaligen Fleischerei. „Ein alter Stall war das“, lacht Reiter. Heute ist er am Körnermarkt zu finden – und aus Gföhl nicht mehr wegzudenken.
Es hat sich ergeben
Lehrlinge wollte er ursprünglich gar keine. „Aber dann kam eine Großbaustelle, ich hab
einen Mitarbeiter eingestellt, und das Ganze hat sich ergeben.“ Er machte den Ausbilderkurs am WIFI NÖ. 2008 fing der erste Lehrling an. Acht von neun Mitarbeitern am Bau lernten bei Reiter, 12 Lehrlinge hat er bisher ausgebildet. Seine Philosophie? „Ich lass’ die Jungen gleich überall mitarbeiten. Meine Lehrlinge sind keine Statisten, keine Hilfsarbeiter, sondern vollwertige Arbeitskräfte.“
Es ist ein gutes Gefühl, wenn einem der Chef etwas zutraut.
David Öttl
Fliesenleger-Lehrling
Das zeigt sich auch auf der aktuellen Baustelle. David Öttl, im zweiten Jahr, hat die Bauleitung übernommen. „Stundenaufzeichnungen, Materiallisten – das liegt bei mir“, sagt er ein bisschen verlegen, aber stolz. „Es ist ein gutes Gefühl, wenn einem der Chef was zutraut.“ Vorher hat David bei einem Elektriker und einem Installateur geschnuppert. „Aber hier hat’s gleich gepasst.“ Eine Etage höher ist Konzentration gefragt. Sara Sinhuber hantiert mit dem Laser. Präzise, ruhig. „In alten Gebäuden hast du oft unterschiedliche Höhen – da musst du genau arbeiten, sonst wird der Boden nie eben.“ Sara ist kein Neuling: Sie hat Österreich bei den EuroSkills in Dänemark vertreten – als Fliesenlegerin und Gold geholt. „Ich wollte immer was Handwerkliches machen. Beim Schnuppern hab‘ ich mich gleich wohl gefühlt. Wir waren zwei Mädels – das war angenehm, unter lauter Burschen“, meint sie und lacht. Heute? Hat sie den Überblick. Den Respekt im Team und das Vertrauen vom Chef. Bei Fliesen und Öfen Reiter wird geschuftet, gewitzelt, gelernt – und eine Generation an Fachkräften ausgebildet, die ihr Handwerk beherrschen. Wie bei einem Fliesenbild: Jeder trägt seinen Teil bei. Und am Ende passt alles – ganz genau.
„Wer selbst ausbildet, hat Facharbeiter, die ins Team passen”, weiß Richard Reiter. Und so hat der Hafner und Fliesenleger in Gföhl acht von neun Mitarbeitern am Bau selbst ausgebildet. Unter ihnen auch Sara Sinhuber: Sie hat Österreich bei den EuroSkills in Dänemark vertreten und Gold geholt.