
Nachfolger Josef Pichler
Josef Pichler führt die „Josef Pichler GmbH Schlosserei & Stahlbau“ in Kirchschlag in der Buckligen Welt in zweiter Generation weiter. Die Nachfolge bringt Verantwortung – aber auch Gestaltungsspielraum.
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Junge Wirtschaft NÖ: Wie hast du deinen Nachfolgebetrieb gefunden?
Josef Pichler: Meine Eltern haben den Betrieb ein paar Jahre vor meiner Geburt gegründet, dadurch bin ich von klein auf in dem Betrieb aufgewachsen. Während meiner Zeit in der HTL habe ich öfters im Sommer im Zuge von Praktika mitgeholfen und bin nach Abschluss von HTL und Bundesheer in die Firma eingestiegen.
Was hat dich motiviert, den Betrieb zu übernehmen? Gab es einen besonderen Moment oder eine Person, die dich inspiriert hat?
Einen spezifischen Moment in meinem Leben oder eine bestimmte Person gab es eigentlich nicht. Viele der Mitarbeiter kennen mich mein ganzes Leben lang, andere sind über die Jahre hinzugekommen. Ein gewisses Grundinteresse und eine Verbindung zu dem Betrieb bestehen da dann immer. Auch ist es am Land natürlich allgemein immer wieder ein Thema, was mit bestehenden Betrieben passieren wird. Deswegen habe ich es mir einmal genauer angesehen und bin dann langsam hineingewachsen.
Wie hast du dich auf die Übernahme des Unternehmens vorbereitet?
Die schulische Ausbildung hatte ich in der HTL Eisenstadt in der Fachrichtung Flugtechnik, dafür bin ich sehr dankbar. Ich glaube, dass mich die Schule allgemein sehr gut und breit aufgestellt hat und ich habe die Zeit dort meistens sehr genossen. Im Betrieb selbst bin ich die verschiedenen Abteilungen der Firma durchgegangen, um die Tätigkeiten und Abläufe schrittweise kennenzulernen.
Was war der größte Unterschied zwischen deinen Erwartungen und der Realität der Betriebsübernahme?
Ich hätte mir vorher nicht vorstellen können, wie bürokratisch unser Alltag ist und um wie viele Dinge man sich kümmern muss. Oftmals haben diese mit dem eigentlichen Geschäft, welches einem im Grunde am Leben hält, gar nichts zu tun. Diese rauben oft sehr viel Zeit und Nerven, von außen sieht man das grundsätzlich auch nicht. Neben dem eigentlich schon anstrengendem und schwierigen Arbeitsalltag ist das eine enorme Mehrbelastung.
Wo hast du Unterstützung gesucht und welche Hilfestellung hast du während des Übernahmeprozesses erhalten?
Ich habe natürlich viel mit meinen Eltern darüber gesprochen und auch mit Freunden habe ich mich immer wieder über den Stand der Dinge unterhalten. Die bestehenden Mitarbeiter waren natürlich interessiert, wie es weitergehen wird und ich konnte diese auch alle immer um Rat fragen, wenn ich Schwierigkeiten hatte oder Unterstützung brauchte. Im Zuge meiner Arbeit in der Firma lernte ich verschiedenste Menschen kennen, mit denen ich mich auch immer wieder unterhalten konnte, von der Steuerberaterin über Branchenkollegen bis hin zu Kunden und Lieferanten. Wir hatten auch Beratungen mit der Wirtschaftskammer, um rechtliche und steuerliche Fragen klären zu können.
Wie hat dir das bereits bestehende, langjährige Verhältnis zu deinem Team bei der Betriebsübernahme geholfen?
Dadurch, dass mich die meisten Mitarbeiter seit meiner Geburt und Kindheit kannten, war die Neugier bei meinem Einstieg groß, wahrscheinlich auch die Skepsis. Wenn ich Veränderungen geplant hatte, habe ich mich immer wieder mit dem Team unterhalten, um die Meinungen etwas einfangen zu können und auch Rat zu erhalten. Jedem kann man es natürlich nie recht machen - und ehrlich gesagt, ist das auch nicht mehr mein erklärtes Ziel. Im Laufe der Jahre hatte ich auch das Gefühl, dass ich mir, durch zum Teil schon sehr tiefgreifende Veränderungen seit meinem Einstieg in die Firma, den Respekt der Belegschaft erarbeitet und verdient habe.
Welche Veränderungen hast du nach der Übernahme im Unternehmen eingeführt?
Anfangs habe ich im Unterbau der Firma vor allem in der EDV einige Veränderungen durchgeführt. Das hat die meisten Mitarbeiter in Werkstätte und Montage allerdings nicht großartig betroffen. Interessanter wurde es, als wir - durch einige für uns glückliche Umstände - die Chance bekamen, eine Halle in der Nähe unserer Betriebsstätte aus einer Insolvenz heraus zu erwerben. Das war der Beginn der Lösung jahrelanger Platzprobleme und ein enormer Motivationsschub im Team.
Weiters haben wir uns dann eine neue Blechbearbeitung - bestehend aus einer CNC-Abkantpresse und Laserschneidanlage von TRUMPF - angeschafft. Das war ein Riesenschritt für uns als Firma, weil dadurch die Fertigung stark modernisiert und digitalisiert wurde.
Mit der Zeit erkannten wir, dass sich mit diesen Maschinen gänzlich neue Möglichkeiten der Planung und Fertigung eröffneten und wir dadurch zum einen Konstruktionen auf einem neuen Niveau planen und ausführen konnten und auf der anderen Seite ergaben sich ganz neue Möglichkeiten für Konstruktionen und Aufträge, die wir auf herkömmliche Art gar nicht ausführen hätten können.
Jungen Leuten, die an eine Betriebsnachfolge denken, …
... sollte bewusst sein, dass es dabei wirklich um keine Kleinigkeit geht. Man führt schon ein sehr anderes Leben. Allerdings hat man auch Möglichkeiten, sich selbst zu verwirklichen, die es sonst nicht oft gibt. Man muss jeden Tag neue Lösungen finden, Entscheidungen treffen, man kann Spuren hinterlassen, junge Menschen ausbilden, Etwas erschaffen. Es wird wirklich nicht langweilig und es ist wirklich jeden Tag aufs Neue spannend.
Man muss aber vermutlich ein gewisser Typ Mensch sein, die Verantwortung, die dann im Endeffekt trotzdem allein auf den eigenen Schultern liegt, wiegt oft schwer. Ich persönlich bin zufrieden mit meiner Entscheidung. Und wenn man nach Abschluss eines großen Projektes vor dem fertigen Ergebnis steht, ist das schon ein erhebendes Gefühl. Neben vielen anderen großen und schönen (herausfordernden) Projekten arbeiten wir auch im Haus des Meeres. Hier konnten wir schon zahlreiche, einzigartige Aufträge abwickeln. Es ist schon etwas Besonderes, bei der Eröffnung vor diesen nicht-alltäglichen, gelungenen Projekten zu stehen.
Man muss vermutlich wie so oft selbst die schönen Dinge am Leben sehen und ab und zu auch einen gewissen Idealismus an den Tag legen.
Eine Betriebsnachfolge ist kein gemachtes Nest, weil ...
... man alle Aspekte der Firma im ersten Augenblick mitnimmt. Alle Vorteile und alle Nachteile. Vieles kann man auch nicht kurzfristig ändern, sondern oft sind es jahrelange Prozesse, wenn man Jahrzehnte alte Angewohnheiten harmonisieren, verbessern oder auch beenden will. Falls man die Firma von den Eltern übernimmt, muss man sich auch bewusst sein, was das eigentlich bedeutet. Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten kann man von seinen Fähigkeiten überzeugen, bei den eigenen Eltern ist das nicht immer so leicht.