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Lehre kann mehr
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Mehr als ein Weg - Lehre lebt Vielfalt

Verschiedene Branchen, individuelle Karrierewege. Ob Handwerk, Technik oder Dienstleistung – die Ausbildungsmöglichkeiten in NÖ sind so facettenreich wie die jungen Talente in den heimischen Betrieben.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 26.05.2025

Noch bevor die ersten Kunden sich ihr Frühstück holen, herrscht in der Backstube der Bäckerei Öfferl in Gaublitsch geschäftiges Treiben. In der Luft liegt der Duft von frischem Brot und Gebäck. An der Arbeitsfläche steht Julia Nißler und flicht mit flinken Händen einen Mohnstriezel, während neben ihr Teige abgewogen und Brote geformt werden. Die 16-Jährige ist Bäckerlehrling im zweiten Lehrjahr und kann sich keinen besseren Beruf vorstellen. „Ich backe einfach gerne. Es macht Spaß, mit den Händen zu arbeiten und am Ende des Tages zu sehen, was man geschaffen hat“, erzählt Julia, während sie mit geübten Bewegungen Kipferl wickelt. 
Ein Handwerksberuf habe für sie von Anfang an einen besonderen Reiz gehabt – das Arbeiten mit natürlichen Zutaten, die Abwechslung und die Möglichkeit, kreativ zu sein. Ihr Arbeitstag beginnt früh. „Morgens geht’s los mit Mohnstriezel flechten, Semmeln schlagen, Salz- und Käsestangerl wickeln. Dann werden Brote aufgearbeitet, Teige vorbereitet und Jourgebäck geformt. Es gibt immer etwas zu tun, Langeweile gibt’s hier nicht“, sagt sie lachend und legt den Teig aufs Blech.

Perfekte Produkte

Besonders spannend findet sie das Auswiegen der Teige und das kunstvolle Schlagen der Semmeln. „Es ist faszinierend, wie aus einfachen Zutaten und den richtigen Handgriffen perfekte Backwaren entstehen. Beim Wickeln der Kipferl und Stangerl kommt es auf Präzision an“, erklärt die angehende Bäckerin. Und wie sieht ihre Zukunft aus? „Nach der Lehre will ich auf jeden Fall meinen Meister machen. Vielleicht mache ich mich später sogar selbstständig – wer weiß?“ Die Möglichkeiten im Bäckerhandwerk sind vielfältig, und Julia weiß, dass sie mit ihrer Ausbildung eine solide Basis für ihre Karriere hat. Was sie jungen Menschen raten würde, die sich für eine Bäckerlehre interessieren? „Man muss das Handwerk lieben. Klar, manchmal ist man von Kopf bis Fuß mit Mehl bedeckt, aber genau das gehört dazu. Die Arbeit ist abwechslungsreich und kreativ – und am Ende des Tages hat man etwas Echtes in den Händen. Das macht einfach glücklich.“

Langeweile gibt's hier nicht.

„Ich arbeite gerne mit Menschen“

„Geben’s mir doch noch zehn Deka mehr von dem Puten-Farmerschinken. Der schmeckt meinem Mann so gut zur Jause am Abend“, meint die ältere Dame, ihren Einkaufszettel studierend, in Richtung der jungen Frau, die freundlich nickt und den Schinken wieder auf die Aufschneidemaschine legt. Hanifa Dawlatzai hat nach dem Schnuppern bei Spar Pemmer in St. Pölten ihre Lehre zur Einzelhandelskauffrau im Betrieb begonnen. „Es war ein Pflichtpraktikum von der Schule aus. Und als mich der Chef nach den Probetagen gefragt hat, ob ich nicht eine Ausbildung bei ihm machen möchte, habe ich diese Chance sofort ergriffen“, erzählt die 23-Jährige. Ihre Entscheidung hat sie nicht bereut. „Es gefällt mir sehr gut. Ich arbeite sehr gerne mit Menschen und wollte schon immer Teil eines Teams sein“, meint sie und reicht der Dame das Sackerl über die Theke – begleitet von einem: „Bis zum nächsten Mal. Habens noch einen schönen Tag.“

Dawltzais Tätigkeiten sind breit gefächert. „Ich bin bei der Feinkost im Einsatz, Kunden bedienen, Wurst, Käse, Fleisch schneiden, Gebäck aufbacken und veredeln. Ich helfe aber auch bei der Warenversorgung am Abend mit, betreue Regale, verstaue Lieferungen, wirke im Lager, bei der Logistik, der Sortimentsgestaltung, bei Aufbau und Platzierung mit. Und natürlich mache ich auch Kassa und Abrechnung.“ Für ihre Zeit nach der Lehre hat die junge Frau noch keine konkreten Pläne. „Ich kann mir eine Arbeit mit Kindern vorstellen, aber auch sehr gut, im Lebensmittelhandel zu bleiben und im Markt Führungsaufgaben zu übernehmen.“

Hinweis
4.300 NÖ Unternehmen bilden rund 17.000 Lehrlinge in mehr als 200 Berufen zu Fachkräften aus. Die beliebtesten Lehrberufe 2024: Einzelhandel, Elektrotechnik, Kraftfahrzeugtechnik, Metalltechnik sowie Installations- und Gebäudetechnik.

Interview mit Landeslehrlingswart Andreas Kandioler

Es gibt mehr als 200 Lehrberufe in NÖ. Was spricht für eine Lehre? 
Andreas Kandioler: Die Lehre ist die modernste und beste Form der beruflichen Qualifikation. Lehrlinge sind von Beginn an wertvolle Teammitglieder, verdienen eigenes Geld und werden schnell selbstständig. Nach dem Abschluss stehen viele Wege offen – von gefragten Fachkräften, dem Meistertitel bis zur Selbstständigkeit. 

Wie kann ein junger Mensch sicher sein, aus den 200 Möglichkeiten die richtige zu wählen – einen Beruf mit Zukunft?

Zuallererst: Jeder Lehrberuf ist einer mit Zukunft, weil permanent überarbeitet und an die Anforderungen der modernen Arbeitswelt angepasst. Eine fundierte Entscheidung kann ein junger Mensch treffen, indem er sich mit den verschiedenen Lehrberufen auseinandersetzt, seine Interessen erforscht und die verfügbaren Unterstützungsangebote nutzt. Hier ist die Wirtschaftskammer NÖ – neben Familie und Freunden – ein wichtiger (Ansprech)Partner. 

Warum, welche Maßnahmen setzt die WKNÖ hier?
Wir beraten Unternehmen – insbesondere im Hinblick auf die rechtlichen Voraussetzungen. Über unsere Schnupper- und Ferialpraktikakarte können Betriebe mit jungen Menschen in Kontakt kommen. Mit dem Talente Check können Jugendliche wissenschaftlich fundiert ihre Potenziale erforschen. Wir gehen in Schulen, nehmen an Messen teil, holen Erfolgsbeispiele vor den Vorhang, zeichnen mit der Ausbildertrophy Unternehmen aus, die sich in der Lehrlingsausbildung besonders hervortun. Und wir versuchen, das Image der Lehre weiter zu stärken.