Campingboom in der Steiermark
Raus aus dem Billigimage, rein in ein trendiges Lifestyle-Segment: Camping-Urlaube werden immer beliebter. In Österreich sticht vor allem die Steiermark heraus.
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All-inclusive-Hotel oder doch lieber urlauben im Zelt oder Wohnmobil? Immer mehr Menschen entscheiden sich für letzteres. Während in den vergangenen zehn Jahren europaweit die Nächtigungen um zwei Prozent zugelegt haben, stiegen sie im Campingbereich um ganze 15 Prozent. Davon profitiert auch Österreich. Allein im Vorjahr übernachteten hierzulande 8,5 Millionen Urlauber im Wohnwagen oder Wohnmobil – ein neuer Rekord. Davon schlugen knapp 760.000 Urlauber ihre Zelte in der Grünen Mark auf. Das macht ein Plus von sechs Prozent und die Steiermark zum Spitzenreiter: Kein anderes Bundesland konnte sich im Vorjahr so steigern.
Doch was bringt der Boom der heimischen Wirtschaft? Sehr viel, weiß Bernd Pfandl, Sprecher der Campinginitiative Steiermark und selbst Campingplatzbetreiber im Murtal: „Das Image vom Billigurlaub ist längst weg. Stattdessen braucht es einen gewissen Wohlstand, um überhaupt campen gehen zu können (luxuriöse Campingmöglichkeiten in der Steiermark – sogenanntes „Glamping“ – siehe unten). Davon profitieren aber nicht nur die Campingplatzbetreiber, sondern die gesamte Region. Wer campt, kauft beim Bäcker im Ort ein, geht tanken oder isst in heimischen Gastrobetrieben. Zwei Drittel der Ausgaben bleiben somit in der Region.“
Wer campt, kauft beim Bäcker im Ort ein, geht tanken oder isst in heimischen Gastrobetrieben. Zwei Drittel der Ausgaben bleiben somit in der Region.

Bernd Pfandl
Sprecher der Campinginitiative Steiermark
Den Campinghype spürt auch Pfandl. Seit 30 Jahren betreibt er den 50plus Campingpark Fisching. Waren die Anfangsjahre noch hart, ist sein Platz mit 65 Stellplätzen mittlerweile gut gebucht. Geholfen hat ihm dabei die Spezialisierung. Von Anfang an hat er seinen Betrieb auf erwachsene Gäste ohne Kinder und Haustiere ausgelegt. „Wir haben ganz bewusst versucht, uns von anderen Anbietern abzuheben. Das muss man auch heute noch, aber vor 30 Jahren war das immens wichtig, denn das Murtal war damals touristisch schwach. Mittlerweile haben wir uns etabliert. Wir sprechen gezielt Gäste an, die nach Ruhe suchen, aber auch gerne wandern und Rad fahren gehen“, erzählt Pfandl.
Im Sommer herrscht auf seinem Platz Hochbetrieb. Neben österreichischen Gästen darf er vor allem deutsche und niederländische Urlauber begrüßen, die den kühleren Alpenraum heißen südeuropäischen Stränden vorziehen. Der Faktor Klima sei für die gesamte Steiermark entscheidend, konstatiert Pfandl. Und er fügt hinzu: „Das, was unser Bundesland so interessant macht, ist das Preis-Leistungsverhältnis. Wir haben in den letzten Jahren viel in Qualität investiert und müssen das auch weiterhin tun. Der Campinggast von heute ist wesentlich anspruchsvoller als früher. Individualität ist ihm wichtig, aber auch Nachhaltigkeit.“
Vom Zelt zum Luxus-Wohnmobil
Ähnliches beobachtet auch Jacob Meringer. Gemeinsam mit David Kossits betreibt er in Graz eines der größten Camping-Geschäfte in der Steiermark. Von Zubehör über Zelte bis zu Campingwägen gibt es bei Kledo alles, was das Herz steirischer Camping-Enthusiasten höher schlagen lässt – Reparatur- und Ausbauservice inklusive. Bis zum Beginn der Feriensaison gehe es in der Werkstatt rund. „Jetzt peppen wir die Fahrzeuge für die Urlaube noch einmal auf. Im Winter wird die Zeit für den Ausbau genutzt“, erzählt Meringer.
Wir hatten in der Corona-Zeit ein totales Hoch. Und auch jetzt ist das Interesse ungebrochen, doch wir merken, dass die Kaufkraft etwas nachgelassen hat. Fakt ist: Campen ist mittlerweile Luxus.

Jacob Meringer
Geschäftsführer von Kledo
Und der habe es in sich: „Individualisierung liegt aktuell im Trend. Die Kunden kommen mit einem leeren Kastenwagen und wir bauen dann ganz nach ihren Vorstellungen einen Traumcamper daraus.“ Das habe seinen Preis. Der puristische Basisausbau eines Autos sei ab 15.000 Euro möglich. Wer es luxuriöser und ausgefallener mag, blättert auch schon 100.000 Euro hin. „Wir hatten in der Corona-Zeit ein totales Hoch. Und auch jetzt ist das Interesse ungebrochen, doch wir merken, dass die Kaufkraft etwas nachgelassen hat. Fakt ist: Campen ist mittlerweile Luxus.“ Warum viele bereit sind, dafür tief in die Tasche zu greifen? Für Meringer eindeutig: „Mit einem Wohnmobil lässt sich ein Land ganz anders bereisen und man kommt dem Meer oder See so nahe wie sonst kaum.“
Glamping in der Steiermark
Schlafen im Tipi am Gut Kunterbunt
Neue Energie tanken und dabei gleichzeitig ein Abenteuer wagen? Am Gut Kunterbunt von Michaela Marek in der Nähe von Hartberg geht das besonders gut. Umgeben von Wald und Wiesen, wird in einem 20 m² großen Tipi geschlafen, das Platz für zwei bis vier Personen bietet. Eine kleine „Bauernstube“ samt Küche befindet sich am Hof und kann mitgenutzt werden, ebenso wie sanitäre Anlagen. Alle Infos unter: https://www.gutkunterbunt.at/
Auszeit zwischen Baumkronen
Im Baumhaus Buchengrün in Dobl-Zwaring (20 km südwestliche von Graz) werden Kindheitsträume wahr. Ruhesuchende wohnen hier in einem kleinen Baumhaus – mitten in einem Mischwald. Sowohl Familien, als auch Pärchen und Alleinreisende sind willkommen. Neben viel Auszeit wird Gästen auch tiergestütztes Arbeiten, Waldbaden, Burnout-Prävention, ein Energy-Talk oder ein Pirschgang angeboten. Mehr unter: https://buchengruen.at/baumhaus/
Die Seele baumeln lassen im Schlaffass
In der Parktherme Bad Radkersburg erlebt man einen Campingurlaub der besonderen Art. In den nach regionalen Weinsorten benannten Schlaffässern „Traminer“ und „Riesling“ schläft man in einem gemütlichen Doppelbett. Zusätzlich gibt es eine Sitzecke innerhalb und außerhalb des Schlaffasses. Sanitäranlagen stehen am Campingplatz der Parktherme zur Verfügung: Alle Infos: https://www.parktherme.at/camping-bad-radkersburg/schlaffaesser/
Im Wiesenquartier Ruhe finden
Nur eine knappe Autostunde von Graz entfernt, in Lechen, stehen alle Zeichen auf Entschleunigung. Jedes der fünf Chalets im Wiesenquartier ist mit einer eigenen Sauna und Terrasse ausgestattet. Von der Terrasse genießt man den Blick über einen Wald und einen Naturteich, in dem man schwimmen kann. Besonderes Extra: In der Früh erhält jedes Chalet einen Frühstückskorb direkt vor die Tür geliefert. Mehr Infos unter: https://www.wiesenquartier.at/