Energie anstatt Mittagstief
Für Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden ist die richtige Ernährung entscheidend. Wir haben nachgefragt, wie man dem „Suppenkoma“ entgeht.
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Wer kennt es nicht? Der Vormittag ist stressig. Für Frühstück bleibt keine Zeit. Spätestens zu Mittag knurrt der Magen, also muss es schnell gehen. Die Wahl fällt oft auf ein deftiges Weckerl oder Essen mit hohem Fettanteil. Kurz darauf stellt sich Müdigkeit ein und spätestens zum Dienstschluss hat man wieder Kohldampf. Also isst man in übergroßen Mengen, was wiederum schwer im Magen liegt.
Laut der Grazer Ernährungsberaterin Katrin Sattler ein Teufelskreis, der auch zu geringerer Leistungsfähigkeit führt. Wieso? „Das Gehirn benötigt 20 Prozent der gesamten Körperenergie. Das sind 400 bis 500 Kalorien täglich. Arbeitet man körperlich schwer, erhöht sich der Energiebedarf. Dann kommen zum normalen Verbrauch noch einmal 300 Kalorien dazu. Entscheidend ist das Timing. Man braucht eine Mahlzeit am Vormittag und über den Tag verteilt zwei bis vier weitere kleine Mahlzeiten. So lassen sich Heißhunger-Attacken am Abend vermeiden.“
Gesunde Snacks wie Nüsse, Trockenobst oder Joghurt mit Apfelmus und Müsli helfen bei Energietiefs. Doch auch eine Rippe Schokolade darf sein.

Katrin Sattler
Diätologin
Doch nicht nur das Wann ist entscheidend, auch auf das Was kommt es an. Ob Schreibtisch, Bau oder Schichtdienst: Laut WHO könnten Betriebe weltweit Milliarden einsparen, wenn durch gesündere Ernährung krankheitsbedingte Fehlzeiten reduziert werden würden. Zudem zeigt eine Studie des Harvard Business Review, dass Angestellte, die sich gesund ernähren, um 25 Prozent produktiver sind. Das erkennen auch immer mehr Unternehmen in der Steiermark (siehe weiter unten) – darunter auch Stoelzle Oberglas in Köflach. Jahrelang wurde in der Kantine vorwiegend deftige Hausmannskost serviert. Im Frühjahr 2024 kam aber Bewegung in den Speiseplan. Angestoßen vom Projekt „Gemeinsam g’sund genießen“, welches vom Gesundheitsfonds Steiermark gefördert wurde, holte man Diätologin Katrin Sattler mit ins Boot. Das Resultat: Statt einem Menü gibt es nun zwei, und die Fleischgerichte wurden um eine Gemüsebeilage erweitert.
Gesündere Variante zur einfacheren machen
Sattler ist sich sicher: Arbeitgeber können maßgeblich dazu beitragen, dass Mitarbeiter gesundheitsfördernde Entscheidungen treffen. Die Maßnahmen sind denkbar einfach: „Nehmen wir das Beispiel Essensautomat. Lässt ihn der Arbeitgeber nur mit Wurstsemmeln und Schokoriegeln befüllen, haben Beschäftigte keine Chance, etwas Gesundes zu essen“, meint Sattler. Um Verbote gehe es nicht, sehr wohl aber darum, die gesunde Variante zur einfacheren zu machen. „Da reicht es tatsächlich schon aus, wenn man im Automaten die gesunden Weckerln auf Augenhöhe platziert. Hat man hingegen eine Kantine, kann man die Menülinien abwechseln. Manche Arbeitnehmer wählen immer das Menü eins. Und auch Vorgesetzte können bei der Essenswahl mit gutem Beispiel vorangehen, wenn sie mit ihren Mitarbeitern die Pause verbringen.“
Und was tun, wenn das Speiseangebot in der Firma gänzlich fehlt? „Wenn man einen Supermarkt in der Nähe hat, kann man sich dort eine ausgewogene Jause zusammenstellen lassen oder in Ausnahmefällen auch zu einer Trinkmahlzeit greifen. Hier muss man aber auf die Süßstoffe achten.“ Ansonsten rät die Expertin zu Meal Prep mit ausreichend Kohlenhydraten und Ballaststoffen. Vollkorn sei hier eine gute Wahl. „Damit die Jause ausgewogen wird, braucht man nur noch eine Eiweißquelle – also beispielsweise Ei, Fleisch, Fisch oder Tofu – und Obst oder Gemüse“, so Sattler.
Ist man viel unterwegs und kommt der Heißhunger, rät die Expertin, sich vorsorglich ein Sackerl mit Nüssen ins Auto zu legen. Hat man eine Mahlzeit vorbereitet, kann man sie in einer Aufwärmbox erwärmen, die man an den Zigarettenanzünder ansteckt. Was man hingegen auf keinen Fall machen sollte? „Auf Mahlzeiten verzichten, um Kalorien zu sparen. Das geht immer nach hinten los. Drei Stunden vor dem Zubettgehen sollte man aber keine großen Speisen mehr zu sich nehmen“, schließt Sattler.
Wie in steirischen Unternehmen gegessen wird
Bei Zotter startet der Tag mit einem gemeinsamen Frühstück
Wenig Infrastruktur, aber viele hungrige Mitarbeiter: Mit diesem Problem sahen sich Josef und Ulrike Zotter im Jahr 2007 konfrontiert. Eine eigene Kantine musste also her. Gekocht wurde in Bio-Qualität. Heute beschäftigt Zotter 230 Mitarbeiter. Im Produktionsbereich beginnt die Arbeit um 6 Uhr. Da viele Beschäftigte eine längere Anfahrt haben, bleibt oft keine Zeit für Frühstück. Zwischen 9 und 10 Uhr können sie das in der Kantine nachholen. Kredenzt werden Bio-Brot aus der eigenen Hofbäckerei sowie verschiedene Aufstriche, Kaffee und Säfte. Das Besondere? Für die Mitarbeiter ist alles kostenlos. Und auch das Mittagessen ist gratis: Täglich wird frisch gekocht. Angeboten werden eine Suppe und ein Salatbuffet sowie eine Hauptmahlzeit mit Beilagen und eine vegetarische Alternative.
TDK-Küchenteam bäckt täglich Brot und erhielt Qualitätssiegel
Mit mehr als 70.000 Quadratmetern Fläche steht in Deutschlandsberg das größte TDK-Werk in Europa. Zugleich ist es aber auch das einzige mit einer Kantine, in der sogar selbst Brot gebacken wird. Zudem verwöhnt das Küchenteam die Mitarbeiter täglich mit vollwertigen und vegetarischen Speisen und verwendet für die Zubereitung in erster Linie saisonale und regionale Zutaten. Auf Fertigprodukte wird hingegen gänzlich verzichtet. Grund genug, dass die Kantine im Sommer 2025 von „Styria vitalis“ mit dem Qualitätssiegel „Grüne Küche“ ausgezeichnet wurde. HR-Leiterin Daniela Gortan-Kainz ist überzeugt: „Das ist die beste Verpflegung für unsere Mitarbeiter, die man sich wünschen kann.“
Kostenlos und fleischlos ist das Mittagessen bei Ringana
Täglich frisch sowie vegetarisch und vegan wird bei Ringana in St. Johann in der Haide gekocht. Zudem wird auf Lebensmittelverschwendung geachtet. Wie man das täglich bei einer Suppe, einem Salatbuffet, zwei Hauptspeisen und einer kleinen Kuchenauswahl schafft? Ein Bestellsystem macht’s möglich. Mitarbeiter können so einfach bekannt geben, ob und was sie essen wollen. Gänzlich verzichtet wird auf die Zubereitung von Fleisch und Fisch. Für die Beschäftigten kein Problem. Stattdessen schätzen sie es laut Ringana, dass der Bio-Anteil bei zehn Prozent liegt und sogar 85 Prozent der Lebensmittel aus der Region stammen. Sorgsam zeigt sich das Unternehmen auch bei der Gestaltung der Betriebskantine. Bei schönem Wetter steht auch eine Terrasse bereit.
Stoelzle Oberglas hatte Appetit auf Veränderung in der Kantine
Etwas verändern wollte man schon seit längerem, erzählt Personalleiterin Eva Kogelfranz. Den Startschuss lieferte dann der Gesundheitsfonds Steiermark mit seinem Projekt „Gemeinsam g’sund genießen“. Ziel war es nicht, den Mitarbeitern gesundes Essen aufzuzwingen, sondern ausgewogenere Gerichte zu kochen, die bei den Beschäftigten ankommen. Gesagt, getan. Die Menüs wurden seit 2024 weiterentwickelt. Die Fleischgerichte wurden um eine Gemüsebeilage erweitert oder ein Salat als Beilage ergänzt, der im Menüpreis inkludiert ist. Bei Mehlspeisen, die auch selbst in der Kantine zubereitet werden, wurde Vollkorn eingebaut und der Zuckeranteil reduziert. Künftig sollen auch für die Nachtschicht Suppen angeboten werden