Elf steirische Betriebe sind österreichweit Vorreiter bei der KI-Nutzung
KI ist mehr als ChatGPT. Das zeigen 100 Betriebe, die mit Künstlicher Intelligenz Innovationen schaffen – darunter auch elf steirische Firmen.
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Heute schon KI genutzt? Elf Prozent der österreichischen Berufstätigen beantworten diese Frage mittlerweile mit einem Ja – so das Ergebnis der neuesten Marketagent-Umfrage zum Thema Künstliche Intelligenz. Immerhin gelegentlich greifen 25 Prozent der Arbeitnehmer auf einen KI-Assistenten zurück. Doch für welche Zwecke? Laut einer HP-Studie wird KI in erster Linie zur Recherche und Informationsbeschaffung, für Text-, Bild- und Videoerstellung sowie für die Datenanalyse und das Reporting genutzt. Dass da noch mehr geht, beweist die erste digitale KI-Landkarte Österreichs, die im September online gegangen ist. Die Karte umfasst 100 Firmen aus allen Branchen, die mit ihren Mitarbeitern in Sachen KI ihren eigenen Weg gehen. Stark vertreten ist auch die Steiermark (siehe unten).
Wozu es eine KI-Landkarte überhaupt braucht? Das Ziel sei es, Klarheit zu schaffen, erklärt Doris Lippert vom Verband Österreichischer Software Innovationen (VÖSI), der die Seite ins Leben gerufen hat: „Der Hype um KI ist groß, zugleich suchen viele Unternehmen aber auch nach Orientierung. Wir wollen konkrete Anwendungsfälle sichtbar machen. Es ist uns ein großes Anliegen, zu zeigen, wo der Einsatz von KI sinnvoll ist. Denn KI ist kein Mysterium, sondern ein vielseitiger Werkzeugkoffer aus Technologien, Algorithmen und leistungsstarker Hardware.“
Der Hype um KI ist groß, aber nach der Rosarot-Phase kommen wir in die Niederungen des Alltags, wo viele Unternehmen nach Orientierung suchen.

Doris Lippert
VÖSI-Präsidentin
KI „Made in Austria“
Gesagt, getan. Rund sechs Monate hat ein Team der VÖSI konkrete Anwendungsfälle gesammelt und bewertet. Herausgekommen ist eine erste Kartenversion mit Usecases aus der Industrie, dem Gesundheitsbereich, der Landwirtschaft, dem Tourismus, dem Handel und Mediensektor, der Energie-Branche sowie dem öffentlichen Sektor und der angewandten Forschung und Innovation. Einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt sie nicht. Dafür soll sie aber stetig erweitert werden.
Auf die erste Landkarte haben es auch elf steirische Unternehmen geschafft (sechs davon siehe unten). Darunter sind große Betriebe, wie die Andritz AG, die Energie Steiermark, die Karl-Fanzens-Universität oder das Know Center, aber auch zwei kleine Firmen – nämlich die PH Predicting Health GmbH in Graz oder Comtrix im südsteirischen Tillmitsch. Das sind aber eher Ausnahmen, stellt Lippert klar: „Fast alle großen Unternehmen in Österreich beschäftigen sich in irgendeiner Form mit dem Thema KI. Bei den KMU sehen wir allerdings noch Nachholbedarf“, resümiert Lippert. Ähnlich beurteilt das die steirische KI-Expertin und Unternehmerin Manuela Machner. Gerade aber kleinere Firmen könnten von Künstlicher Intelligenz enorm profitieren. Wie das geht und warum dafür auch Geduld gefragt ist, erklärt sie in einer Sonderepisode des Podcasts „Geniestreich“.
Autonome Anlagen bei Andritz
Der Anlagenbauer Andritz AG hat sich hohe Ziele gesetzt. Gemeinsam mit dem US-Softwareriesen Microsoft will man autonome Fabriken ermöglichen. Die digitale Plattform „Metris“ liefert die Grundlage. Integriert wurde sie in eine Copilot-Lösung von Microsoft. Herausgekommen ist ein digitaler Assistent für Industrieanlagen, der mithilfe von künstlicher Intelligenz den Betrieb von Fabriken unterstützt und vereinfacht. Er funktioniert ähnlich wie ein Chatbot: Über eine Chat-Schnittstelle können Bediener Fragen zur Anlage stellen oder Probleme melden, woraufhin Copilot in Echtzeit Lösungsvorschläge liefert. Das System sammelt Daten und nutzt KI, um Fehler frühzeitig zu erkennen und so Produktionsausfälle zu verhindern.
KI-Assistent hilft Neukunden
Comtrix in Tillmitsch hat sich für seine Kunden eine besondere Hilfestellung überlegt. Das Unternehmen ist auf Softwarelösungen im Speditionsbereich spezialisiert. Nutzer hat man im gesamten DACH-Raum und darüber hinaus. Die Herausforderung? Vor allem Neukunden, die sich mit der Comtrix-Software „4ward“ noch nicht auskennen, suchen Rat beim Unternehmen. Geschäftsführer Florian Stessl wollte seine Mitarbeiter entlasten. Daher beauftragte er die Wiener IT-Firma Datasol mit der Entwicklung eines KI-Assistenten. Heraus kam „Trixi“, die in die 4ward-Software vor rund sechs Monaten implementiert wurde und seitdem Hilfe bietet. Noch heuer wird sie erweitert und soll dann auch Hilfestellung zu allen Daten geben, die mit „4ward“ erfasst werden.
Mit KI einfach Energie sparen
Die KWB Energiesysteme GmbH in St. Margarethen an der Raab setzt seit neuestem auf eine eigene smarte Software namens „Clee“. Dabei handelt es sich um ein Energiemanagementsystem, das selbstlernend ist und lokal in Form einer speziellen Hardware-Box ins eigene Zuhause installiert wird. Die Software lernt das Gebäude mit der Zeit kennen und setzt Energie nur dort ein, wo es auch wirklich Sinn macht. Laut KWB lassen sich mit „Clee“ alle Energieflüsse im Haus – von der eigenen Photovoltaikanlage über Wärmepumpen bis zur Biomasseheizung – zentral steuern und optimieren. Auf diese Weise soll möglichst viel kostenlose Sonnenenergie genutzt und der Zukauf von externer Energie minimiert werden.
KI in der Automobilindustrie
Magna Steyr gehört zu den Vorreitern im deutschsprachigen Raum, wenn es um den Einsatz von KI in der Industrie geht. Seit 2020 setzt Magna KI als Unterstützung bei der Instandhaltung von Produktionsanlagen ein. Der Grund: Ausfälle von Maschinen können zu teuren Stillständen ganzer Fertigungslinien führen. Im EU-geförderten Projekt „Suspicion“ arbeitet Magna Steyr an der Analyse von Sensordaten aus Robotersystemen. Diese Sensoren übermitteln Daten, die mit Hilfe von künstlichen neuronalen Netzen und maschinellem Lernen ausgewertet werden, um Muster und Warnhinweise für bevorstehende Störungen oder Schäden zu identifizieren. Auf diese Weise können Ausfälle vorhergesagt werden und Mitarbeiter rechtzeitig eingreifen.
Roboterhund hat alles im Blick
Am Verbund-Standort in Mellach sind nicht nur Beschäftigte im Einsatz, sondern auch der Roboterhund Zerberus. Während bei manchen Mitarbeitern anfangs Skepsis herrschte, ist das Hightech-Gerät, das seit Ende 2023 im Einsatz ist, mittlerweile unersetzbar geworden. Anzutreffen ist der Roboterhund auf seinen Inspektionsrunden. Während dieser erfasst er visuell Messgeräte wie Messuhren oder Füllstände. Diese werden anschließend mithilfe von KI ausgewertet und auf einem Dashboard dargestellt. Mitarbeiter müssen somit keine langen Rundgänge mehr machen. Das langfristige Ziel von Zerberus ist aber primär ein anderes: Potenziell gefährliche Arbeiten, die derzeit von Menschen ausgeführt werden, sollen von ihm übernommen werden. Immerhin ist der Roboter im Alarmfall einsatzfähig.
Patientensicherheit erhöhen
Das Grazer Unternehmen Predicting Health will den Krankenhausalltag revolutionieren. Es bietet mit dem Personalized Risk Tool ein KI-basiertes System zur automatisierten Risikobewertung im Krankenhaus. Es analysiert bestehende Patientendaten aus elektronischen Gesundheitsakten – wie Laborwerte, Medikamente und Pflegedokumentationen – ohne zusätzlichen Aufwand für das Personal. Das System berechnet individuelle Risikoprofile für Komplikationen wie Delir, Mangelernährung, Schluckstörungen oder Sturzgefahr. Diese betreffen immerhin zehn Prozent der aufgenommenen Patienten. Dadurch können Mitarbeiter potenzielle Probleme frühzeitig erkennen und gezielt präventive Maßnahmen einleiten.