„Raus aus der Pessimismusfalle!“
Die aktuelle repräsentative Konsumentenbefragung (500 Befragte durch IMAD) von Wirtschaftskammer Tirol, Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung (GAW) und TT zeichnet ein ambivalentes Bild: Die Zahlen sind besser als die Stimmung. Vor allem die Teuerung und die Weltpolitik dämpfen die Konsumlaune.
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Das Konsumklima verharrt im zweistelligen Minusbereich – eine nachhaltige Erholung ist nicht in Sicht. Fast die Hälfte der Befragten (49 %) hat pessimistische Erwartungen, was die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der nächsten zwölf Monate betrifft; nur 8 % sind optimistisch. „Fast jede/r zweite Tiroler:in blickt pessimistisch in die Zukunft. Uns fehlt ein positives Zukunftsnarrativ“, so Stefan Garbislander, Leiter der Abteilung Wirtschaftspolitik, Innovation und Nachhaltigkeit der WK Tirol. Ein Lichtblick: Die eigene Lebenssituation wird besser eingeschätzt – ein Drittel beurteilt sie optimistisch, 12 % pessimistisch.
Anhaltender Preisdruck
Die Mehrheit erwartet eine neue Teuerungswelle 2026, mit sinkenden Preisen rechnen gerade einmal 1,5 % der Befragten. Treiber sind Energie und Dienstleistungspreise. „Die Teuerung wird von 49 % als Sorge gesehen, während die allgemeine Wirtschaftslage nur von 18 % als besorgniserregend betrachtet wird. Das liegt vor allem daran, dass der Arbeitsmarkt nach wie vor relativ stabil ist“, kommentiert Stefan Jenewein von der GAW. Für das heurige Jahr erwartet Jenewein eine Inflationsquote von rund 3,5 %, für 2026 erachtet er 2,5 % als realistisch.
Trübe Aussichten bei Wirtschaftslage
Bei der Bewertung der aktuellen Wirtschaftslage halten sich Optimisten und Pessimisten die Waage; der saldierte Trend ist jedoch erstmals seit Corona wieder negativ. Kritischer ist der Blick in die Zukunft: Nur 14 % erwarten in den kommenden 12 Monaten eine Besserung, 32 % eine Verschlechterung. Das gesamtwirtschaftliche Misstrauen wirkt als Bremse für Investitionen und Konsum.
Haushalte zufrieden, Unsicherheit hoch
Trotz negativer Stimmung bleibt die Zufriedenheit mit der eigenen finanziellen Lage hoch: rund drei Viertel sind sehr bzw. eher zufrieden. Die Erwartungen für die nächsten 12 Monate ändern sich kaum – mehr als die Hälfte rechnet mit Stagnation, ein Drittel sogar mit einer Verschlechterung. Die negative Grundstimmung schlägt sich somit auch hier nieder.
Stabiler Arbeitsmarkt
Die Bevölkerung rechnet mit steigender Arbeitslosigkeit; der Saldo ist deutlich negativ. Ein Viertel der Befragten fühlt sich persönlich weniger sicher im Job. Garbislander relativiert: „Die Arbeitslosigkeit befindet sich derzeit auf dem gleichen Niveau wie in Jahren mit guter Wirtschaftslage. Dass sie bislang trotz schwacher Konjunktur nicht wesentlich gestiegen ist, liegt am Fachkräftemangel, der hier für einen Ausgleich sorgt.“
Sparen statt Konsumieren
Rund zwei Drittel halten den Zeitpunkt für größere Anschaffungen weder für gut noch für schlecht. Die Kaufbereitschaft in der mittleren Preisklasse (400–800 €) liegt auf Vorjahresniveau. Die weiteren Aussichten sind jedoch gedämpft: 40 % der Befragten geben an, in Zukunft weniger ausgeben zu wollen. „Diese Zurückhaltung wird weiterhin den Konsum bremsen“, so Garbislander. Die Sparneigung bleibt im Gegenzug dazu ausgeprägt: rund 70–75 % halten aufgrund der großen Unsicherheiten Sparen für ratsam. Garbislander warnt: „Die Sparquote ist unnatürlich hoch – sie beträgt ca. 13 % des verfügbaren Einkommens. Das ist zu hoch für eine Volkswirtschaft.“
Fazit
Das Konsum-Barometer zeigt somit eine paradoxe Mischung: Die harten Zahlen sind nicht so schlecht wie die gefühlte Stimmung. „Wir müssen aus der Pessimismusfalle herauskommen“, erklärt Garbislander. Jenewein bringt es auf den Punkt: „Wirtschaft ist Psychologie“ – und ohne eine positive Grundhaltung dürfte die hohe Sparneigung das Wachstum weiter dämpfen. Konkrete politische Impulse zur Entlastung der Haushalte und Vertrauen schaffende Maßnahmen sind daher jetzt gefragt.
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Die KI ist im Alltag angekommen
KI ist in Tirol angekommen: Drei Viertel der Befragten nutzen bereits KI-Tools — beruflich, privat oder gemischt. Die Stimmung ist ambivalent: Chancen für Standort und Effizienz stehen der Sorge um Arbeitsplätze gegenüber.
75 % der Tiroler:innen gaben an, KI-Anwendungen zu nutzen; etwa ein Drittel hauptsächlich beruflich, ein Drittel eher privat, der Rest gemischt. Unterschiede in der Nutzung zeigen sich vor allem in Hinblick auf Alter und Ausbildungsniveau: „Speziell bei Jüngeren und Menschen mit höherer Bildung ist die KI im Alltag und Berufsleben angekommen“, so Stefan Garbislander.
Licht und Schatten für den Arbeitsmarkt
29 % befürchten Arbeitsplatzverluste durch KI, 44 % rechnen mit einem Gleichgewicht zwischen Verlusten und neuen Arbeitsplätzen. Nur 6 % sehen klare Netto-Beschäftigungsgewinne, also neue Jobs durch KI. „Die Betroffenheit in den Branchen ist sehr unterschiedlich – aber es gibt kaum Bereiche der Wirtschaft, in denen die KI ungenutzt bleibt“, erklärt Garbislander.
Boost für den Standort
Auch wenn die Befragten die Auswirkungen für den Arbeitsmarkt skeptisch sehen, erwarten doch 43 %, dass KI die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts stärkt. Die KI bringt für viele Betriebe enorme Erleichterungen im administrativen Bereich, aber auch Veränderungen in der Arbeitswelt mit sich.
Teuerung / steigende Lebenshaltungskosten: 50 % Weltpolitische Lage: 48 %.
Migration: 22 %
Klimawandel: 29 %
Arm-Reich-Schere: 24 %
Wirtschaftslage allgemein: 18 %
KI-Folgen: 5 %
3 Fragen an Stefan Garbislander
Das Konsumklima ist nach wie vor im negativen Bereich. Welche Probleme bringt das für den Standort Tirol?
Das Hauptproblem ist, dass die negative Stimmungslage zu einer deutlichen Zurückhaltung beim Konsum führt. Damit fehlt ein wesentlicher Motor für den Konjunkturaufschwung. Konsum macht rund die Hälfte der gesamten Wertschöpfung aus – das spürt fast jede Branche. Für viele Betriebe bedeutet das geringere Einnahmen und damit auch weniger Spielraum für Investitionen und neue Arbeitsplätze.
Was kann die Politik in dieser Phase machen?
Sie muss alles tun, um die Unsicherheit zu verringern: die hohe Inflation senken und Vertrauen in die Wirtschaftspolitik schaffen. Die Menschen brauchen das Gefühl, dass es wieder bergauf geht – erst dann lösen sie ihre Kaufzurückhaltung. Dass jetzt Vorschläge der Wirtschaftskammer zum Bürokratieabbau umgesetzt werden, ist ein erfreulicher erster Schritt. Weniger Bürokratie kostet nichts, bringt aber belebende Effekte.
Sehen Sie auch positive Ansätze in der Konsumentenbefragung?
Ja, eindeutig. Trotz der gedämpften Stimmung sind die Menschen mit ihrer eigenen Lebens- und Finanzsituation überwiegend zufrieden. Auch die stabile Kaufbereitschaft im mittleren Preissegment ist ein positives Zeichen – vor allem für das Weihnachtsgeschäft. Und wir sehen, dass die Tirolerinnen und Tiroler keine Berührungsängste bei der Nutzung Künstlicher Intelligenz haben. Diese Offenheit ermöglicht es den Betrieben, KI-Tools gezielt einzusetzen und damit an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen.