Sorgfaltspflichten

Pflichten zur Verhinderung der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Lesedauer: 6 Minuten

Die Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten sind risikobasiert bei bestimmten Anlässen zu ergreifen und können situationsbedingt in ihrer Intensität variieren.

Zu welchen Anlässen sind die Maßnahmen zu ergreifen? 

Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten sind risikobasiert zu ergreifen bei: 

  1. Begründung einer Geschäftsbeziehung;
  2. Ausführung gelegentlicher Transaktionen;
  3. Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung, ungeachtet etwaiger Ausnahmeregelungen, Befreiungen oder Schwellenwerte;
  4. Zweifeln an der Richtigkeit oder Eignung erhaltener Identifikationsdaten. 

Welche Maßnahmen sind im Allgemeinen zu ergreifen?

Die Sorgfaltspflichten bestehen grundsätzlich in: 

  1. der Feststellung und Überprüfung der Identität des Auftraggebers auf Grundlage von aktuellen Dokumenten, Daten oder Informationen stammend von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle:
    1. bei natürlichen Personen in erster Linie durch Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises;
    2. bei juristischen Personen und Personengesellschaft durch Vorlage eines Registerauszugs und amtlichen Lichtbildausweises der vertretungsbefugten Personen;
  2. der Feststellung und Überprüfung der Identität des wirtschaftlichen Eigentümers:
    1. bei juristischen Personen, Trusts, Gesellschaften, Stiftungen und ähnlichen Rechtsvereinbarungen auch in Maßnahmen zum Verständnis über die Eigentums- und Kontrollstruktur des Auftraggebers;
    2. bei Rechtsträgern gem. § 1 WiEReG haben die Berufsberechtigten einen Auszug aus dem Register der wirtschaftlichen Eigentümer gem. § 9 oder § 10 WiEReG als Nachweis der Registrierung der wirtschaftlichen Eigentümer einzuholen. Das vom Bundesministerium für Finanzen zur Verfügung gestellte Handbuch zur Einrichtung und Nutzung des Registers der wirtschaftlichen Eigentümer bietet Ihnen eine entsprechende Hilfestellung (siehe: Handbuch für Verpflichtete zur Einrichtung des Registers (bmf.gv.at))
  3. der Feststellung und Überprüfung der Identität des Vertreters eines Auftraggebers sowie des Vorliegens der Vertretungsbefugnis;
  4. Bewertung und angemessenen Informationseinholung über Zweck und angestrebte Art der Geschäftsbeziehung;
  5. der kontinuierlichen Überwachung der Geschäftsbeziehung einschließlich der Überprüfung der getätigten Transaktionen zur Prüfung, ob die Kenntnisse über den Auftraggeber und seine Geschäftstätigkeit aktuell sind;
  6. der Einrichtung und Anwendung angemessener Risikomanagementsysteme einschließlich risikobasierter Verfahren zur Feststellung von Auftraggebern und wirtschaftlichen Eigentümern als politisch exponierter Personen (PEP)

Die konkrete Ausgestaltung der Sorgfaltspflichten finden Sie in § 14 der Bilanzbuchhaltungsberufe-Ausübungsrichtlinie

Können auch vereinfachte Maßnahmen ergriffen werden? 

Ja, Berufsberechtigte können gegenüber Auftraggebern vereinfachte Sorgfaltspflichten anwenden, wenn sie sich vergewissert haben, dass Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen tatsächlich mit geringerem Risiko verbunden sind.

Faktoren für ein potenziell geringeres Risiko sind beispielsweise: 

  • Auftraggeber aus Geschäftsbereichen mit niedrigem Risiko gemäß innerbetrieblicher Risikoanalyse;
  • öffentlich börsennotierte Unternehmen, die Offenlegungspflichten unterliegen, welche angemessene Transparenz hinsichtlich des wirtschaftlichen Eigentümers gewährleisten;
  • öffentliche Verwaltungen oder Unternehmen;
  • Produkte, bei denen das Risiko aufgrund von Beschränkungen der elektronischen Geldbörse oder von Transparenz der Eigentumsverhältnisse gesteuert werden;
  • Auftraggeber mit Sitz in:
    • Mitgliedstaaten der EU;
    • Drittländern mit gut funktionierenden Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung;
    • Drittländern mit den Anforderungen der FATF-Empfehlungen entsprechenden Systemen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung laut glaubwürdigen Quellen;
    • Drittländern mit schwach ausgeprägter Korruption und anderen kriminellen Tätigkeiten laut glaubwürdigen Quellen. 

Vereinfachte Sorgfaltspflichten bestehen:

  • in der Feststellung und Überprüfung der Identität des wirtschaftlichen Eigentümers und Vertreters durch Einholung von Informationen aus einer einzigen verlässlichen, glaubwürdigen und unabhängigen Quelle;
  • in der Bewertung des Zwecks und der Art der Geschäftsbeziehung auf Grundlage von Annahmen, wenn das betreffende Produkt oder die betreffende Dienstleistung für einen einzigen Zweck zugeschnitten sind. 

Wann besteht eine Pflicht zu verstärkten Maßnahmen? 

Berufsberechtigte müssen gegenüber Auftraggebern auf jeden Fall verstärkte Sorgfaltspflichten anwenden:

  • bei ungewöhnlichen Transaktionen ohne offensichtlichen oder rechtmäßigen Zweck oder ungewöhnlich großen oder komplexen Transaktionen;
  • bei Geschäftsbeziehungen zu oder Transaktionen mit politisch exponierten Personen, ihren Familienangehörigen und politisch exponierten Personen bekanntermaßen nahestehenden Personen;
  • bei Auftraggebern mit Sitz in Drittländern:
    • welche die international anerkannten Standards zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nur unzureichend umgesetzt haben;
    • bei denen ihrem Wesen nach ein erhöhtes Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung besteht;
    • in denen laut glaubwürdiger Quelle ein erhöhtes Risiko der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung anzunehmen ist.  

Faktoren für ein potenziell höheres Risiko sind hingegen beispielsweise:

  • außergewöhnliche Umstände einer Geschäftsbeziehung;
  • juristische Personen oder Rechtsvereinbarungen, die als Instrumente für private Vermögensverwaltung dienen;
  • Unternehmen mit nominellen Anteilseignern oder als Inhaberpapieren emittierten Aktien;
  • bargeldintensive Unternehmen;
  • ungewöhnlich oder übermäßig kompliziert erscheinende Eigentumsstruktur des Unternehmens gemessen an der Art der Geschäftstätigkeit;
  • Banken mit Privatkundengeschäft;
  • Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen ohne persönliche Kontakte und Sicherungsmaßnahmen (z. B. elektronische Unterschrift);
  • Eingang von Zahlungen unbekannter oder nicht verbundener Dritter,
  • Produkte oder Transaktionen, die Anonymität begünstigen könnten;
  • Neuartigkeit von Produkten, Geschäftsmodellen, Vertriebsmechanismen, oder genutzter bzw. in Entwicklung begriffener Technologien für neue bzw. bereits bestehende Produkte;
  • Auftraggeber mit Sitz in:
    • Ländern, deren Finanzsysteme laut glaubwürdigen Quellen nicht über hinreichende Systeme zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verfügen;
    • Ländern, gegen die beispielsweise von der EU oder den Vereinten Nationen Embargos oder ähnliche Maßnahmen verhängt wurden;
    • Länder, die terroristische Aktivitäten finanziell oder anderweitig unterstützen oder in denen bekannte terroristische Organisationen aktiv sind;
    • Drittländer, in denen Korruption oder andere kriminelle Tätigkeiten laut glaubwürdigen Quellen signifikant stark ausgeprägt sind. 

Verstärkte Sorgfaltspflichten bestehen unter anderem in: 

  • der Erforschung von Hintergrund und Zweck bei ungewöhnlichen Transaktionen;
  • der Erforschung der Herkunft des Vermögens oder der im Rahmen der Transaktion verwendeten Mittel und einer verstärkten kontinuierlichen Überwachung bei politisch exponierten Personen bis mindestens zwölf Monate nach Verlust des PEP-Status;
  • der Erforschung von Hintergrund und Zweck von Geschäftsbeziehungen und Transaktionen ohne offensichtlichen wirtschaftlichen oder erkennbaren rechtmäßigen Zweck bei natürlichen und juristischen Personen mit Niederlassung in Drittländern unter schriftlicher Aufzeichnung der Ergebnisse nach § 52c BiBuG.

Was muss ich tun, wenn ich die Sorgfaltspflichten nicht erfüllen kann?

Im Falle der Nichterfüllbarkeit der Sorgfaltspflichten nach § 46 Z 1, 2 und 4 (Feststellung und Überprüfung der Identität des Auftraggebers, des wirtschaftlichen Eigentümers oder der Bewertung und angemessenen Informationseinholung über Zweck und angestrebte Art der Geschäftsbeziehung) gegenüber Auftraggebern sind Berufsberechtigte nach § 48 BiBuG 2014 verpflichtet:

  1. eine Geschäftsbeziehung nicht zu begründen;
  2. eine bestehende Geschäftsbeziehung zu beenden;
  3. eine Transaktion nicht auszuführen;
  4. eine Verdachtsmeldung nach § 52a Abs. 3 BiBuG 2014 an die Geldwäschemeldestelle unter Beachtung der Voraussetzungen der Meldeverpflichtungen in Erwägung zu ziehen.

Die ersten drei Verpflichtungen gelten nicht, wenn die Berufsberechtigten nach § 52a Abs. 9 im Wissen sind, dass der Auftraggeber ihre Rechtsberatung bewusst für den Zweck der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung in Anspruch nimmt. In diesem Fall hat nach Begründung der Geschäftsbeziehung oder Durchführung der Transaktion umgehend eine Verdachtsmeldung an die Geldwäschemeldestelle zu erfolgen. 

Von wem sind die Sorgfaltspflichten zu erfüllen? 

Die Sorgfaltspflichten sind grundsätzlich von den Berufsberechtigten selbst zu erfüllen.

52 BiBuG 2014 ermöglicht allerdings die Erfüllung der Pflichten nach § 46 Z 1-3 BiBuG 2014, d.h. die Feststellung und Überprüfung der Identität des Auftraggebers, des wirtschaftlichen Eigentümers und des Vertreters sowie die damit verbundenen Pflichten durch qualifizierte Dritte, d.h. solche: 

  • die unter Art. 2 der Richtlinie 2015/849 (4. Geldwäsche-Richtlinie) fallen;
  • ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der EU haben oder Sorgfalts-, Aufbewahrungs- und Aufsichtspflichten entsprechend Richtlinie 2015/849 unterliegen;
  • ihren Sitz nicht in Ländern mit hohem Risiko haben. 

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist risikobasiert unter Anwendung angemessener Maßnahmen zu prüfen.

Die endgültige Verantwortung verbleibt beim Berufsberechtigten, der beim Dritten umgehend Kopien der eingeholten Dokumente, Daten oder Informationen einholen kann. 

Wann sind die Maßnahmen zu ergreifen?

Die Feststellung und Überprüfung der Identität des Auftraggebers und des wirtschaftlichen Eigentümers haben vor Begründung einer Geschäftsbeziehung oder Ausführung einer Transaktion zu erfolgen bzw. können im Falle eines geringen Risikos während der Begründung einer Geschäftsbeziehung erfolgen, wenn dies notwendig ist, um den normalen Geschäftsablauf nicht zu unterbrechen. In diesem Fall sind die betreffenden Verfahren so bald wie möglich nach dem ersten Kontakt abzuschließen.

Die Sorgfaltspflichten sind nicht nur gegenüber neuen, sondern zu geeigneter Zeit risikobasiert auch auf bestehende Auftraggeber anzuwenden.

Wenn sich bei einem Auftraggeber maßgebliche Umstände ändern, sind die Sorgfaltspflichten umgehend zu erfüllen.

Im Falle von politisch exponierten Personen bzw. von Personen, die im Laufe einer Geschäftsbeziehung zu PEP geworden sind, ist die Zustimmung der Führungsebene vor Begründung bzw. vor Fortführung der Geschäftsbeziehung einzuholen.

Wenn Berufsberechtigte hingegen Kenntnis, einen Verdacht oder einen berechtigten Grund zur Annahme haben, dass ein meldepflichtiger Sachverhalt nach § 52a BiBuG 2014 vorliegt, und sie vernünftigerweise davon ausgehen können, dass die Anwendung der Sorgfaltspflichten die Verfolgung der Begünstigten einer verdächtigen Transaktion behindern könnte, ist die Umsetzung der Sorgfaltsmaßnahmen gegenüber Kunden auszusetzen und stattdessen die Geldwäschemeldestelle umgehend mittels Verdachtsmeldung zu informieren.

Stand: 03.11.2023