
Politische und rechtliche Rahmenbedingungen und Geschäftschancen im Kontext Nachhaltigkeit
Strategien, nachhaltiges Finanzwesen, Corporate Social Responsibility und Legal Compliance
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Strategien, die eine nachhaltige Entwicklung unterstützen
Das Klimaschutzabkommen von Paris, der European Green Deal mit seinem „Fit for 55“-Paket sowie nationale und regionale Klima- und Energiepläne verpflichten Österreich zur CO2-Reduktion, zu mehr Energieeffizienz und zum Ausbau der erneuerbaren Energie. Ziel dieser politischen Initiativen und den daraus entstehenden rechtlichen Vorgaben ist es, den Klimawandel so weit wie möglich zu stoppen. Zu den wichtigsten Inhalten des Green Deals der Europäischen Union zählen die Themen Erderwärmung und Rohstoffverknappung. Diese Probleme sollen durch ein Bündel von Maßnahmen gelöst werden – die Erderwärmung durch den Umstieg auf erneuerbare Energie und die Rohstoffverknappung durch Materialinnovationen oder intelligente Produktentwicklungen, die schon vorab auf Wiederverwertung abzielen.
EU-Taxonomie und nachhaltiges Finanzwesen
Ein wesentlicher Fokus des European Green Deals ist es, die Finanzströme innerhalb der Mitgliedstaaten zukünftig verstärkt in nachhaltige wirtschaftliche Investitionen zu lenken. Damit hat die EU-Kommission auch den Banken eine wesentliche Rolle im Übergang zu einer nachhaltigeren Wirtschaft zugewiesen. Umweltfreundliche und nachhaltige Tätigkeiten, Technologien und Unternehmen sollen im Bereich der Finanzierung zusätzlich forciert und so ein weiterer Beitrag zum Ziel der Klimaneutralität geleistet werden.
Mit der Taxonomie-Verordnung werden Kriterien festgelegt, wann eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig bzw. „sustainable“ einzustufen ist. Daran könnten sich in Zukunft weitere rechtliche, finanzielle oder praktische Konsequenzen knüpfen und auch die Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmen und Hausbank beeinflusst werden.
Unter dem Titel „Sustainable Finance“ werden unternehmerische Investitionen über deren Finanzierung bei den Banken bzw. über den Kapitalmarkt in Richtung Nachhaltigkeit gelenkt. Ein nachhaltiges Finanzwesen bezieht sich auf die Berücksichtigung umweltbezogener, sozialer und rechtlicher Erwägungen (sogenannter „ESG-Faktoren“) bei Finanzierungsentscheidungen, was zu mehr Investitionen in längerfristige und nachhaltige Aktivitäten führen soll.
EU-Lieferkettengesetz
Im April 2020 kündigte EU-Justizkommissar Didier Reynders einen europäischen Entwurf für ein umfassendes EU-Lieferkettengesetz an. Dieses EU-Lieferkettengesetz soll u.a. vorsehen, dass Unternehmen zur Achtung von Menschenrechten und Umweltstandards in ihren gesamten Wertschöpfungsketten verpflichtet sind. Weiters soll es Klagemöglichkeiten für Betroffene geben. Im März 2021 forderte das Europäische Parlament zudem, dass die EU-Regelung alle Stufen der Lieferkette umfassen und zivilrechtliche Haftung der Unternehmen miteinschließen soll.
Die Europäische Kommission (EK) hat am 23.2.2022 einen Entwurf für eine neue Richtlinie über Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 (= Whistleblower-Richtlinie) veröffentlicht. Im Rat wurde bereits im Dezember 2022 eine allgemeine Ausrichtung erzielt. Das Europäische Parlament hat am 1. Juni 2023 seine Position angenommen. Damit stehen alle Verhandlungspositionen für den sogenannten Trilog fest.
WKÖ Position: Die österreichische Wirtschaft bekennt sich zu nachhaltigem, verantwortungsvollem und zukunftsfähigem Wirtschaften. Sie unterstützt in diesem Sinne die Intentionen der Initiative, den internationalen Menschenrechts- und Umweltschutz durch einen kohärenten Rechtsrahmen zu verbessern.
Im Sinne einer praktikablen und realistischen Herangehensweise muss die aktuelle Ausgestaltung überarbeitet werden, um dieser komplexen Materie gerade in diesen schwierigen Zeiten für die europäische Wirtschaft zu gerecht zu werden. Es bedarf sorgfältiger Abwägungen, um die Ziele des nachhaltigen Wirtschaftens mit Europas Wettbewerbsfähigkeit in Einklang zu bringen. Wir setzen uns für eine praxistaugliche Lösung mit Augenmaß ein, die gleiche Wettbewerbsbedingungen schafft, Rechtssicherheit für Unternehmen bietet, dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspricht und die Europäische Union als wirtschaftsfreundlichen Standort auch in der Zukunft sichert.
- Webinar-Nachschau der Außenwirtschaft: 27.4.2022 | LIEFERKETTENGESETZ - Auswirkungen auf österreichische Unternehmen
- Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) − WKO.at
- WKÖ Pressemeldung zur Position im Europäischen Parlament: WKÖ Kopf: „EU-Lieferkettengesetz braucht noch Nachbesserungen“ | Wirtschaftskammer Österreich, 1.6.2023 (ots.at)
- WKÖ Pressemeldung zur Position im Rat: : WKÖ Kopf: Lieferkettengesetz ist nach wie vor unausgegoren | Wirtschaftskammer Österreich, 1.12.2022 (ots.at)
CSR – Corporate Social Responsibility
Professionelle und transparente Kommunikation zu sämtlichen CSR-Themen eines Unternehmens (CSR – Corporate Social Responsibility) basierend auf internationalen Management- und Nachhaltigkeitsstandards (GRI, ISO 26000 uvm.) wird für Unternehmen immer wichtiger und von deren Anspruchsgruppen auch eingefordert. Seit dem Jahr 2015 gewinnen die Agenda 2030 und die 17 globalen Nachhaltigkeitsziele als Kompass für unternehmerisches Handeln zusätzlich an Bedeutung. Aber nicht nur Betriebe, auch Städte und Gemeinden sind gefordert, an der Umsetzung der nationalen, europaweiten und globalen Nachhaltigkeitsziele mitzuwirken.
Nachhaltigkeitsberichterstattung nach dieser Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)
Die Informationspflicht über Nachhaltigkeitsaspekte gilt aktuell nur für ganz bestimmte Unternehmen von „öffentlichem Interesse“ und ab 500 Mitarbeitern. Durch die kommenden Änderungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wird der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen deutlich ausgeweitet werden:
Die CSRD führt detailliertere Berichtspflichten ein und legt fest, dass alle große Unternehmen und alle an geregelten Märkten notierten Unternehmen mit Ausnahme von Kleinstunternehmen über Nachhaltigkeitsthemen wie Umweltrechte, soziale Rechte, Menschenrechte und Governance-Faktoren berichten müssen. Es wird auch eine Prüfungspflicht für die Nachhaltigkeitsberichterstattung eingeführt und die Veröffentlichung in einem digitalen und maschinenlesbaren Format im Lagebericht vorschrieben. Die Berichterstattung muss künftig nach verbindlichen Standards erfolgen. Die Standards werden mit Unterstützung der Europäische Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) von der Europäischen Kommission als delegierte Rechtsakte beschlossen werden.
Die Anwendung der neuen Regelungen erfolgt in vier Phasen:
- 1.1.2024 CSRD gilt für Unternehmen, die derzeit dem NFRD unterliegen (Anforderungen gelten für Geschäftsjahre, die am/nach dem 1.1.2024 beginnen, erste Reporting 2025
- 1.1.2025 CSRD gilt für große Unternehmen, die derzeit nicht dem NFRD unterliegen (GJ 2025, erste Berichterstattung 2026)
- 1.1.2026 CSRD gilt für gelistete KMU (Berichterstattung für GJ 1.1.2026, erste Berichterstattung 2027 Opt-out möglich bis 2028)
- 1.1.2028 CSRD gilt für Unternehmen aus Drittländern (Anforderungen gelten für GJ ab dem 1.1.2028, erste Berichterstattung im Jahr 2029)
Weitere Unternehmen könnten im Rahmen der Lieferkette und bei Bankgeschäften dazu angehalten sein, über Nachhaltigkeitskriterien zu berichten.
Der Rechtsakt wurde von Rat und dem Europäischen Parlament im November 2022 angenommen. Die CSRD wurde nach der Unterzeichnung durch die Präsidentin des Europäischen Parlaments und den Präsidenten des Rates im Amtsblatt der Europäischen Union am 14.12.2022 veröffentlicht und tritt − 20 Tage danach – mit Anfang Jänner 2023 in Kraft. Die neuen Vorschriften müssen 18 Monate später von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden.
Den im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Text finden Sie hier: Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen
Aktuell nicht rechtlich verpflichtete Unternehmen können aber bereits jetzt freiwillig Nachhaltigkeitsberichte erstellen. Wenden Sie sich dazu gerne an die CSR-Expert Group des Fachverbandes Unternehmensberatung und IT.
Außerdem gibt es die Möglichkeit, einzelne Nachhaltigkeitsaktivitäten in Form von Medienberichten, z.B. in Social Media Kanälen zu kommunizieren. Kontaktieren Sie dahingehend gerne die Kommunikationsprofis des Fachverbandes Werbung und Marktkommunikation.
Ausgezeichnete Nachhaltigkeitsberichterstattung wird auch prämiert.
Weitere Infos zur CSRD finden Sie in den FAQs.
EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards; ESRS)
Die Europäische Kommission veröffentlichte am 31.7.2023 den ersten delegierten Rechtsakt zu den Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards; ESRS) . Dazu zählen bereichsübergreifende Standards sowie Standards für die Offenlegung von Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten. Die Standards wurden von der Europäischen Beratergruppe für Rechnungslegung (EFRAG) ausgearbeitet und als delegierte Rechtsakte durch die Europäische Kommission beschlossen.
Der von der Europäischen Kommission verabschiedete Delegierte Rechtsakt wird formell in der zweiten Hälfte des Augusts 2023 an das Europäische Parlament und den Rat zur Prüfung übermittelt. Die Prüfungsfrist beträgt zwei Monate und kann um weitere zwei Monate verlängert werden. Das Europäische Parlament oder der Rat können den Delegierten Rechtsakt ablehnen, dürfen ihn jedoch nicht ändern.
Dieser Rechtsakt ergänzt die Richtlinie (EU) 2022/2464 vom 14. Dezember 2022 über die Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), nach der Großunternehmen und börsennotierte Unternehmen verpflichtet sind, regelmäßig Berichte über ihre Sozial- und Umweltrisiken sowie über die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf Mensch und Umwelt zu veröffentlichen. Details auf der Seite der EU-Kommission: The Commission adopts the European Sustainability Reporting Standards (europa.eu)
- ESRS
- ANNEX I ESRS
- ANNEX II ESRS
- Questions and Answers on the Adoption of European Sustainability Reporting Standards
Förderungen für mehr Nachhaltigkeit
Viele Unternehmen erkennen bereits die ökonomischen Potenziale eines umweltverträglichen Wirtschaftens und investieren in nachhaltige Geschäftsprozesse, Produkte und Dienstleistungen. Der Umstieg auf ein nachhaltiges Wirtschaften wird von staatlicher Seite mit zahlreichen Beratungs- und Investitionsförderungen unterstützt.
Im Fördermanager der WKO finden Sie die wichtigsten Förderungen für die österreichischen Unternehmen.
Gefördert werden auch klimafreundliche Mobilitätslösungen für die Umstellung von Transportsystemen, Fuhrparks und Flotten auf alternative Antriebe und Kraftstoffe: klimaaktiv mobil Förderangebote
Für die Erstellung konkreter Konzepte und für die Planung von Maßnahmen bieten die Wirtschaftskammern geförderte Energieberatungen und Umweltberatungen an.
Durch Umweltförderungen werden Projekte unterstützt, die einen positiven Einfluss auf die Umwelt haben und schonend mit natürlichen Ressourcen umgehen.
Weitere Infos zu Unterstützungen in Form von betrieblichen Umweltförderungen.
Geschäftschancen national und international
Für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen ergeben sich durch die gesteigerte Nachfrage bei den Konsument:innen viele neue Absatzmöglichkeiten. Das gilt sowohl auf regionaler, nationaler aber auch auf internationaler Ebene.
Österreichische Unternehmen sind weltweit aktiv und die Marke Österreich steht für Qualität, Innovationskraft, aber auch für gesellschaftliche Verantwortung. Auf den Weltmärkten bieten sich vielfältige Chancen und zahlreiche Risiken. Vorausschauendes und nachhaltiges Wirtschaften kann langfristig neue Märkte entwickeln und trägt zum guten Ruf Österreichs als verantwortungsvoller Partner bei. Als Beispiel ist hier u.a. der Bereich Green Tech zu nennen, in dem die österreichische Wirtschaft weltweit führend ist.
Die AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA unterstützt österreichische Unternehmen auf ihrem Weg in den Export und bei allen Fragen rund ums Auslandsgeschäft. Sie finden Ansprechpartner in den rund 100 Stützpunkten im Ausland (Übersicht der AußenwirtschaftCenter) sowie in dem in Wien ansässigen Hauptsitz.
Die Themen Nachhaltigkeit, Compliance, CSR, Wirtschaft und Entwicklung werden von der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA immer wieder beleuchtet. Hier geht es zu Veranstaltungen rund um diese Themen.
Internationalisierungsoffensive go-international (Förderprogramm)
Wer Kräfte bündelt, erreicht mehr und kommt schneller ans Ziel. Wer sich im Auslandsgeschäft viel vornimmt, nützt daher am besten die
„All-inclusive-Angebote“ von mehr als 160 Branchenfokusprogrammen.
Zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Markt und oft regional gebündelt unterstützt die AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA in
45 Schlüsselbranchen den Markteintritt oder die Expansion österreichischer Exporteur:innen und Investor:innen mit maßgeschneiderten Leistungspaketen.
Von Fachleuten vor Ort erstellte Studien versorgen Unternehmen mit wertvollem Markt- und Branchenwissen. Expert:innenforen informieren über Geschäftschancen und Rahmenbedingungen. Auslandsveranstaltungen mit starkem B2B-Fokus unterstützen bei der Geschäftsanbahnung im Zielmarkt. Branchen-Manager:innen betreuen Firmen in Österreich, und Expert:innen in den AußenwirtschaftsCentern unterstützen vor Ort.
Dazu gibt es Startgeld für Mutige! Das Förderprogramm go-international erleichtert Ihnen den Sprung über die Grenze und ist Teil der Internationalisierungsoffensive des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort und der Wirtschaftskammer Österreich.
Stand: 16.08.2023