Neue Vorschriften für entwaldungsfreie Lieferketten
EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) sieht umfassende unternehmerische Sorgfaltspflichten vor
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Die EU-Entwaldungsverordnung − auch EU Deforestation Regulation bzw. EUDR − soll dem Waldabbau zugunsten landwirtschaftlicher Flächen Einhalt gebieten. Denn bis zu 90 Prozent der globalen Entwaldung gehen laut der Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) auf Rodungen für die Landwirtschaft zurück. Angetrieben werden diese vor allem durch die Nachfrage nach Palmöl, Soja und Kakao auch in Europa. Neben dem Inverkehrbringen, der Bereitstellung und der Ausfuhr dieser und weiterer Rohstoffe gelten die Vorschriften auch für daraus hergestellte Erzeugnisse.
Die Verordnung Nr. 2023/115 ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten. Am 2. Oktober 2024 hat die EU-Kommission einen Vorschlag veröffentlicht, der vom Parlament und dem Ministerrat noch genehmigt werden muss. Es wird vorgeschlagen, den Geltungsbeginn von 30. Dezember 2024 auf 30. Dezember 2025 zu verschieben (für Kleinst- und Kleinunternehmen auf 30. Juni 2026). Damit hat die EU-Kommission in letzter Minute den massiven Forderungen der Wirtschaft, der Mitgliedstaaten und von Drittstaaten nachgegeben, die dringend auf eine Verschiebung gepocht haben, um mehr Zeit für die Vorbereitung zu haben.
Nähere Informationen zur EU-Entwaldungsverordnung erhalten Sie im folgenden FAQ-Bereich sowie im Rückblick auf unser Webinar zu entwaldungsfreien Lieferketten.
Häufige Fragen zu entwaldungsfreien Lieferketten
Die Verordnung betrifft das Inverkehrbringen, die Bereitstellung auf dem EU-Markt und die Ausfuhr der Rohstoffe, Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalmen, Soja, Holz, Kautschukk, Holzkohle aber auch daraus hergestellte Erzeugnisse, wie z.B. Reifen, Schokolade, Leder oder Holzrahmen u.a.m. Im Anhang I der Verordnung sind diese relevanten Rohstoffe sowie daraus hergestellten Erzeugnisse genau aufgezählt. Diese dürfen nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn sie nicht mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen. Entwaldungsfrei sind Flächen nur dann, wenn seit dem 31. Dezember 2020 keine Umwandlung des Waldes zum Zwecke der landwirtschaftlichen Nutzung erfolgt ist.
Kernelement der neuen Verordnung ist eine Verbotsregelung. Relevante Rohstoffe und relevante Erzeugnisse dürfen nach Art. 3 der VO nur dann innerhalb der EU in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder aus der EU ausgeführt werden, wenn die folgenden drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind
- sie sind entwaldungsfrei,
- sie wurden gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes hergestellt – d.h. sie müssen legal sein – und
- für sie liegt eine Sorgfaltserklärung vor.
Die Verordnung unterscheidet beim Kreis der Sorgfaltspflichtigen zwischen „Markteilnehmer“ (Operator) und „Händler“ (Trader). Markteilnehmer sind alle natürlichen oder juristischen Personen, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse in Verkehr bringen oder ausführen. Im Gegensatz dazu ist Händler jede Person in der Lieferkette mit Ausnahme des Marktteilnehmers, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse auf dem Markt bereitstellt. Unter Bereitstellen ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines relevanten Erzeugnisses zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit, zu verstehen. Das Unterscheidungskriterium zwischen Markteilnehmer und Händler ist, ob ein Unternehmen entweder das relevante Erzeugnis auf dem Markt bereitstellt (dann Händler) oder es in den Verkehr bringt bzw. ausführt (dann Marktteilnehmer).
Marktteilnehmer und Händler müssen nachweisen, dass die Erzeugnisse sowohl entwaldungsfrei (also auf Flächen erzeugt, die nicht nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet wurden), als auch legal (im Einklang mit allen im Erzeugerland geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften) sind. Die Unternehmen werden verpflichtet, genaue geografische Koordinaten der Grundstücke zu erheben, auf denen die von ihnen bezogenen Erzeugnisse erzeugt wurden, damit diese auf Einhaltung der Vorschriften überprüft werden können. Eine vereinfachte Sorgfaltspflicht gilt für relevante Rohstoffe und Erzeugnisse aus Ländern, die von der EU-Kommission als Länder mit geringem Risiko eingestuft wurden.
Kommen Marktteilnehmer und Nicht-KMU-Händler zu dem Ergebnis, dass die relevanten Erzeugnisse verordnungskonform sind, übermitteln sie vor dem Inverkehrbringen, der Bereitstellung oder der Ausfuhr über das von der EU-Kommission errichtete Informationssystem eine Sorgfaltserklärung. KMU-Händler dürfen relevante Erzeugnisse nur dann auf dem Markt bereitstellen, wenn sie Informationen über An- und Verkäufer sammeln und dokumentieren.
Die EU-Holzhandelsverordnung Nr. 995/2010 wird mit Wirkung vom 30. Dezember 2024 aufgehoben. Allerdings gilt die EU-Holzhandelsverordnung für eine Übergangszeit von drei Jahren bis zum 31. Dezember 2027 weiterhin für Holz und Holzerzeugnisse, die vor dem 29. Juni 2023 erzeugt und ab dem 30. Dezember 2024 in Verkehr gebracht wurden.
Trotz vieler Kritikpunkte an der Komplexität der Umsetzung der Verordnung für die Unternehmen und der noch vielen offenen Fragen auch zu den zum Teil nicht eindeutigen Formulierungen im Rechtstext wird am Zeitplan der Umsetzung festgehalten. Die Wirtschaftskammer Österreich begrüßt Bemühungen im Zeichen des Green Deal zur Vermeidung von Waldrodungen für den Konsum von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Agrarrohstoffe müssen frei von Entwaldung oder Waldschädigung weltweit produziert werden. Die umfangreichen komplexen Sorgfaltspflichten, die dafür aber auch KMU entlang der Lieferkette in Österreich treffen, stellen eine unverhältnismäßige bürokratische Belastung für die Unternehmen dar. Die Wirtschaftskammer Österreich fordert eine praxisgerechte Umsetzung der Verordnung in Österreich und Hilfestellung seitens der nationalen Behörde zu einem gemeinsamen Verständnis und einer möglichst einfachen, praxisnahe Handhabung im Vollzug und bei der Kontrolle.
Die Verordnung Nr. 2023/115 ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten. Am 2. Oktober 2024 hat die EU-Kommission einen Vorschlag veröffentlicht, der vom Parlament und dem Ministerrat noch genehmigt werden muss. Es wird vorgeschlagen, den Geltungsbeginn von 30. Dezember 2024 auf 30. Dezember 2025 zu verschieben (für Kleinst- und Kleinunternehmen auf 30. Juni 2026). Damit hat die EU-Kommission in letzter Minute den massiven Forderungen der Wirtschaft, der Mitgliedstaaten und von Drittstaaten nachgegeben, die dringend auf eine Verschiebung gepocht haben, um mehr Zeit für die Vorbereitung zu haben. Hinweis: Da es sich derzeit noch um einen Vorschlag handelt, der noch beschlossen werden muss, bleibt es vorläufig immer noch beim Geltungsbeginn 30. Dezember 2024.
Rückblick Webinar Entwaldungsfreie Lieferketten | 16. Januar 2024
Weitere Informationen
- Bundesamt für Wald: EUDR − Entwaldungsfreie Produkte
- Verordnungstext
- Informationen der Europäischen Kommission zu entwaldungsfreien Lieferketten
- Fragen und Antworten der Kommission zur Verordnung
- EU-Online Observatorium Entwaldung und Wald
- Präsentation der EU Kommission zur Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten
- Expertengruppe / EU-Plattform gegen Entwaldung
- FAQ-Dokument der EU-Kommission
- Leitlinien der EU-Kommission
- Factsheet der EU-Kommission für KMU
- WKÖ-Trefelik: Längere Frist für EU-Entwaldungsverordnung bietet Chance zur Nachbesserung − WKO
WKÖ Gewerbe und Handwerk: Österreich muss als „entwaldungsfrei“ eingestuft werden − WKO
Stand: 04.10.2024