Industrietag 2025: Rezession vorüber? Industrie muss weiterkämpfen
Beim Industrietag der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Salzburg bei der Ramsauer GmbH & Co KG in Strobl stand die schwierige konjunkturelle Situation der heimischen Industrie im Mittelpunkt. IHS-Chef Holger Bonin beleuchtete die Gefahr einer weiteren Deindustrialisierung.
Lesedauer: 4 Minuten
Die beiden Wirtschaftsforschungsinstitute WIFO und IHS haben kürzlich in ihren Herbstprognosen das Ende der längsten Wirtschaftsflaute nach dem Zweiten Weltkrieg verkündet. Für die Industrie ist das aber kein Grund zur Entwarnung, denn dort gilt vielfach immer noch die Alarmstufe rot. „Bei dem prognostizierten schwachen Wachstum kann man ohnedies noch nicht von einem Aufschwung reden. In der Industrie stecken wir hingegen immer noch in einer Rezession. Die Gründe dafür sind internationaler Natur, aber auch hausgemacht“, warnte Peter Unterkofler, Obmann der WKS-Sparte Industrie und IV-Präsident beim 22. Salzburger Industrietag, der bei der international erfolgreichen Ramsauer GmbH & Co KG in Strobl stattfand. Das stiftungsgeführte Unternehmen zählt zu den führenden Herstellern von Dicht- und Klebstoffen in Europa und feiert heuer bereits sein 150-Jahr-Jubiläum.
Industrie bleibt Sorgenkind
Holger Bonin, der als Leiter des Instituts für höhere Studien (IHS) zu den einflussreichsten Ökonomen Österreichs zählt, kam in seiner Keynote mit dem Titel „Quo vadis Österreichs Wirtschaft – Deindustrialisierung oder neue Wachstumsstärke?“ zu einem ähnlichen Befund wie Unterkofler: „Nach einer langen Rezession dürfte die heimische Wirtschaft heuer und im kommenden Jahr erstmals wieder leicht wachsen. Das ist erfreulich, aber überhaupt kein Grund zur Entwarnung, denn die Industrie in Österreich bleibt das große Sorgenkind. In vielen Bereichen schrumpft die Produktion, wertvolle qualifizierte Arbeitsplätze werden abgebaut, Marktanteile im internationalen Geschäft schrumpfen. Damit die Industrie wieder nachhaltig auf die Erfolgsspur kommt, braucht es viel mehr als Entlastungen bei den Schmerzpunkten Arbeits-, Energie- und Bürokratiekosten. Die Industriepolitik, der Föderalismus und Sicherheit gebende Institutionen müssen mutig runderneuert werden.“
Wenn die Schmerzpunkte der Industrie von der Politik nicht vehement angegangen werden, dann werde die Deindustrialisierung noch schneller voranschreiten, verdeutlichte Unterkofler.
Tausende wertvolle - weil gutbezahlte - Jobs in der Industrie sind in den vergangenen Jahren vermutlich für immer verlorengegangen. „Man hört immer wieder von der Politik: ‚Ihr werdet schon nicht absiedeln.‘ Aber darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass zukünftige Investitionsentscheidungen nicht in Werken bei uns getroffen werden, sondern an anderen attraktiveren Standorten. Dann verlieren wir Wertschöpfung, die wir nicht mehr zurückbekommen.“
Deshalb brauche es laut dem Spartenobmann und IV-Präsident eine Trendumkehr im österreichischen Mindset. Denn wenn die Grundstimmung in der Bevölkerung wieder positiver werde, werde auch der Konsum wieder anspringen. Zudem könne man auf einem guten Fundament aufbauen von der guten Ausbildung, über die leistungsfähige Forschungslandschaft bis zu erfolgreichen Betrieben: „Wir müssen jetzt Rahmenbedingungen schaffen, damit sich Leistung wieder lohnt. Wenn sich Leistung wieder lohnt, dann wird auch wieder investiert. Wenn investiert und geforscht wird, dann wird es nachhaltig wieder aufwärts gehen.“
Weg mit dem bürokratischen Korsett
Ein Dauerbrenner ist der Bürokratieabbau, in den jetzt Bewegung kommen könnte, weil es sich um eine kostenneutrale Möglichkeit handelt, Betriebe zu entlasten. „Es gibt viele einfache Maßnahmen, die für die Betriebe sofort Erleichterung bringen, beispielsweise beim Einreichen englischsprachiger Dokumente oder bei Nostrifikationen. Sowohl im Land Salzburg, im Bund als auch auf EU-Ebene wurde die Bereitschaft für Verwaltungsvereinfachungen signalisiert. Jetzt muss aber rasch geliefert werden,“ forderte Unterkofler.
WKS-Präsident KommR Peter Buchmüller verwies in der Talkrunde ebenfalls auf die bürokratischen Belastungen, die die Wirtschaft wie ein Korsett lähmen: „Bei einer Blitzumfrage der WKS gaben 80 % der befragten Unternehmerinnen und Unternehmern an, von überbordender Bürokratie betroffen zu sein. Hochgerechnet sind in Salzburg geschätzt rund 10.000 Personen (Vollzeitäquivalente) in der Wirtschaft mit rein administrativen Tätigkeiten beschäftigt.“ Deshalb habe die WKS Vorschläge für Deregulierung in der Landesverwaltung gemacht. Landeshauptfrau Karoline Edtstadler habe den Ball dankenswerterweise aufgegriffen.
Wenn ein Genehmigungsverfahren vier Mal so lang dauere wie der Bau eines Kraftwerks mit hunderten Naturschutzmaßnahmen, wie das zuletzt in Stegenwald der Fall war, dann bestehe Handlungsbedarf, ist Landeshauptfrau Karoline Edtstadler überzeugt: „Wir brauchen hier nicht nur Biotope für Libellen, wir müssen Salzburg wieder zu einem Biotop für Unternehmer machen.“ Deshalb habe die Landesregierung bei der Entbürokratisierung bereits zahlreiche Maßnahmen gesetzt und etwa die Mitsprache der Landesumweltanwaltschaft bei Genehmigungsverfahren eingeschränkt. „Diesen Weg werden wir konsequent weiter gehen. So wird ein neues Deregulierungsteam bestehende Gesetze durchforsten, ein Hausverstands-Check für neue Gesetze eingeführt und der verstärkte Einsatz der Künstlichen Intelligenz in der Verwaltung für schnellere Verfahren vorbereitet. Diese Maßnahmen sollen helfen, den Wirtschaftsstandort Salzburg weiter abzusichern und auszubauen“, bekräftigte Edtstadler.
Die Salzburger Industrie in Kürze:
- 8,01 Mrd. € abgesetzte Produktion inkl. Bau (vorläufige Zahlen 2024, BSI-Statistik)
- 70 % Exportintensität (vorläufige Zahlen 2024, BSI-Statistik)
- 340 Mio. € F&E-Ausgaben (2023)
- 18.193 Industriebeschäftigte (Eigenpersonal nach Kammersystematik, 2024, BSI-Statistik)
- 635 Lehrlinge (7,9 % der Salzburger Lehrlinge, 2024, Kammersystematik)
- 385 aktive Spartenmitglieder (2024)
Bilddownload: © WKS/Neumayr
Foto 1: Sie sprachen über die schwierige Situation der Industrie (v. l.); WKS-Präsident Peter Buchmüller, Spartengeschäftsführerin Anita Wautischer, Ökonom Holger Bonin (IHS), Spartenobmann und IV-Präsident Peter Unterkofler, Landeshauptfrau Karoline Edtstadler und die beiden Ramsauer-Geschäftsführer Kornelius Kurz und Lukas Lingenhel.
Foto 2: Die Ramsauer GmbH & Co KG auch Strobl gehört zu den führenden Herstellern von Dicht- und Klebstoffen in Europa und feiert heuer sein 150-jähriges Bestehen.
Foto 3: Beim Industrietag (v. l.): Spartengeschäftsführerin Anita Wautischer, Ökonom Holger Bonin (IHS), Spartenobmann und IV-Präsident Peter Unterkofler und Kornelius Kurz (Ramsauer GmbH).