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Aigner
© Kolarik

Interview mit Roland Aigner (Altstadtverband): "Salzburg ist kein Museum“

Die Mozartstadt genießt nach Ansicht von Roland Aigner, dem Geschäftsführer des Alt­­stadt­­verbandes, international einen hervor­­ragenden Ruf. Bei der Identifikation der Salzburgerinnen und Salzburger mit ihrer Stadt gebe es hingegen noch Luft nach oben.  

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 02.12.2025

Sie sind seit etwas mehr als zwei Jahren Geschäftsführer des Altstadtverbandes. Wie sieht Ihre erste Bilanz aus? 

Es ist uns trotz schwieriger Rahmenbedingungen gelungen, die Sichtbarkeit der Altstadt als Wirtschafts- und Lebensraum zu steigern. Wir haben Dialoge gestartet und neue Projekte ins Leben gerufen. Ich glaube, wir haben die zwei Jahre intensiv genutzt, um Dinge zu optimieren und weiterzuentwickeln, wobei die Basis dafür schon da war.

Wie schlägt sich Salzburg, wenn man vergleichbare Städte im Ausland betrachtet?

Vom Renommee her sind wir eine Weltkulturstadt. Obwohl Salzburg eine Kleinstadt wie Regensburg oder Padua ist, wird es in einem Atemzug mit Paris, Rom, London oder Wien genannt. Wirtschaftlich können manche mithalten, aber ich kenne keine andere Stadt in dieser Größe, die kulturell ganz vorne dabei ist. Das betrifft nicht nur die Hochkultur, die etwa 4.000 Veranstaltungen pro Jahr decken die gesamte Bandbreite von der Subkultur bis zu den Festspielen ab. 

Marketingprofi Roland Aigner (57) ist seit Mitte Oktober 2023 Geschäftsführer des Altstadtverbandes Salzburg.
© WKS/Kolarik Marketingprofi Roland Aigner (57) ist seit Mitte Oktober 2023 Geschäftsführer des Altstadtverbandes Salzburg.

Es wird oft behauptet, dass die Stadt Salzburg von Overtourism betroffen ist. Sehen Sie das auch so? 

In Städten wie Venedig, Paris oder London gibt es dieses Problem, in Salzburg hingegen definitiv nicht. Die subjektive Wahrnehmung ist aber oft eine andere. Das liegt hauptsächlich an großen Touristengruppen, die Staus und Ärger verursachen. Wenn 50 Leute vor Mozarts Geburtshaus stehen, ist das wahnsinnig viel, auf dem Resistenzplatz fallen sie gar nicht auf. Man sollte schauen, dass man die Gruppengrößen verkleinert, etwa, indem man Kontingente einführt.

Sind Sie mit dem Branchenmix in der Innenstadt zufrieden?

Wir haben einen sehr soliden und vielfältigen Branchenmix. Dazu gehören internationale Top-Marken, die nur in eine Stadt kommen, wenn das Umfeld passt. Es gibt aber auch sehr viel Kreatives und Besonderes. Wir brauchen keine Fast Fashion und keine großen Konzerne, die nicht langfristig denken. Wir brauchen junge, kreative, inhabergeführte Unternehmen, die der Stadt etwas geben.

Können sich junge Unternehmer die Mieten in der Altstadt überhaupt leisten?

In der Altstadtzone eins ist das natürlich ein gewisses Hindernis. Wir haben aber zum Glück auch andere Zonen, die leistbar sind. Im Kaiviertel oder in der Linzer Gasse treffen kreative Unternehmer mit spannenden Konzepten auf junge Communities.

Kritiker meinen, dass es zu viele Souvenirläden für Touristen gibt. Teilen Sie diese Ansicht?

Wir wissen, dass es in der Innenstadt 500 Shops, 100 Handwerksbetriebe sowie 300 kulinarische Genussadressen. gibt und dass 30% des Umsatzes von den Touristen kommt. Das ist eine kaufkräftige Zielgruppe, die ein gewisses Sortiment braucht. Die Läden findet man vor allem dort, wo sich die Touristen aufhalten, da haben wir eine gewisse Ballung. Eines muss man aber schon festhalten: Die Getreidegasse ist international bekannt und hat eine enorme Strahlkraft, auch wenn dort ein paar Geschäfte sind, die manchen nicht passen.

Neben dem Verkehr ist vor allem die Zahl der Veranstaltungen in der Altstadt ein heißes Thema. Wie ist da Ihre Position? 

Es braucht Veranstaltungen – und zwar vor allem für die Salzburgerinnen und Salzburger. Aus meiner Sicht sollte es ein breites Spektrum geben, dazu gehören Sportveranstaltungen ebenso wie Musikveranstaltungen. Ein Paradebeispiel ist der Marathon, der sowohl für die Wertschöpfung als auch für das Image der Stadt viel bringt. Veranstaltungen, bei denen die Stadt nur als Kulisse genutzt wird, sind dagegen verzichtbar. Bei unseren eigenen Veranstaltungen stehen Schwerpunkte wie Handwerk, Kulinarik oder Urbanität im Vordergrund. So bringen wir etwa mit Jazz & The City ein ganz neues Lebensgefühl in die Stadt.  Das ist wahrscheinlich das größte Musikfestival in Europa mit freiem Eintritt. Wir haben viele Gäste aus dem Ausland, die sagen: So etwas gibt es sonst nirgends auf der Welt.

Roland Aigner ist passionierter Radfahrer. Verbote für den Pkw-Verkehr lehnt er aber ab.
© WKS/Kolarik Roland Aigner ist passionierter Radfahrer. Verbote für den Pkw-Verkehr lehnt er aber ab.

Ein Leuchtturmprojekt des Altstadtverbandes ist das House of Talents. Was kann man sich darunter vorstellen?

Das House of Talents ist eine Gewerbefläche am Anton- Neumayr-Platz, wo wir jungen Handwerkern einen Raum und Unterstützung zur Verfügung stellen. Wir entwickeln mit den Unternehmern ein Geschäftsmodell, das sie dann eineinhalb oder zwei Jahre lang erproben können. Das Projekt ist in Österreich in dieser Form neu. Wir beleben damit ein ganzes Stadtviertel und sprechen gezielt eine junge, urbane Zielgruppe an.

Was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre?

Unsere Intention ist, dass sich die Salzburgerinnen und Salzburger mehr mit der Stadt identifizieren und die vorhandene Infrastruktur nützen, also zum Beispiel mehr lokal einkaufen. Wir Salzburger wissen das, was wir haben, oft nicht richtig zu schätzen. Deshalb wünsche ich mir, dass die Menschen die Stadt wieder mehr erleben und schätzen lernen und sich damit selbst etwas Gutes tun. Salzburg hat nicht zuletzt deshalb so eine Strahlkraft, weil es eine lebendige Stadt ist. Die Altstadt Salzburg zählt zweifelsohne zu den schönsten der Welt. Sie ist aber kein Museum, sondern ein urbaner, lebenswerter und attraktiver Lebens- und Wirtschaftsraum.