Struktur statt Stillstand – was Österreichs Wirtschaft jetzt braucht
Die Sparte Information und Consulting lud kürzlich zu einem „Future Insight“-Event ins Kavalierhaus Klessheim, bei dem Ökonomin Monika Köppl-Turyna über Arbeitsmarkt, Pensionssystem und Digitalisierung sprach.
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„Die Prognose zeigt uns für 2026/27 ein Wachstum zwischen 0,8% und 1,1% bei einer weiterhin recht hohen Inflation. Man merkt aber deutlich, dass die Wirtschaft noch schwächelt – vor allem die Industrie“, betonte Marco Riebler, Leiter der Lokalredaktion Salzburger Nachrichten, in seinen einführenden Worten.
Auf seine Frage: „Kann Österreich wieder auf Wachstumskurs kommen?“, skizzierte Köppl-Turyna ein klares Bild: „Wir haben kein konjunkturelles-, sondern ein strukturelles Problem.“ Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in Pension, während zu wenige Junge nachrücken. Gleichzeitig hat Österreich aktuell die höchste Quote an offenen Stellen in Europa – ein deutliches Zeichen für den Arbeitskräftemangel. Die Expertin plädierte dafür, ältere Arbeitnehmer stärker einzubinden: „Es ist sinnvoll, nicht nur länger zu arbeiten, sondern auch mehr – gerade im Alter zwischen 50 und 60 Jahren.“
Reformbedarf im Pensionssystem
„An einer Pensionsreform führt kein Weg vorbei, da ist es nicht fünf vor, sondern nach zwölf“, erklärte die Expertin. Bis 2027 sollen die Pensionsausgaben des Bundes auf 35,2 Mrd. € steigen. Die aktuellen Maßnahmen kritisierte Köppl-Turyna als unzureichend: Sie empfiehlt eine schrittweise Anhebung des Pensionsantrittsalters und die Einführung kapitalgedeckter Komponenten, um die Nachhaltigkeit des Systems zu sichern, und stellt Vergleiche mit Schweden und Dänemark an.
Teilzeitarbeit als Wachstumsbremse
Die hohe Teilzeitquote wirke wie eine Bremse für die Wirtschaft: Sie verringert das Arbeitsvolumen und belastet den Sozialstaat. „Die Anreize in Österreich sind schlicht falsch gesetzt“, konstatiert die Ökonomin. Steuerprogression, einkommensabhängige Leistungen und fehlende Kinderbetreuung verhindern, dass viele Eltern Vollzeit arbeiten können. „Wenn man ein ganzes Leben in Teilzeit gearbeitet hat, endet das oft in Altersarmut“, warnte sie. Eine Ausweitung der Betreuungsangebote sei daher nicht nur familienpolitisch, sondern auch wirtschaftlich dringend notwendig.
Die Digitalisierung habe positive Effekte auf die Wertschöpfung und das nationale Bruttoinlandsprodukt: EcoAustria prognostiziert in einer jüngst durchgeführten Studie ein Wachstumspotenzial von rund 100 Mrd. € BIP durch digitale Technologien – ein Wert, der nur mit einer beschleunigten und offenen Digitalisierungsstrategie ausgeschöpft werden könne.
Digitalisierung und KI
Besonders die künstliche Intelligenz spiele eine Schlüsselrolle: „Im Vergleich zu führenden Ländern wie Dänemark, USA und Schweden hat Österreich ein Aufholpotenzial von rund 22%“, erläuterte Köppl-Turyna.
KI werde in Österreich zunehmend relevant und durchdringt alle Wirtschaftsbereiche. Besonders stark betroffen seien wissensintensive und hochtechnologische Branchen – darunter Maschinenbau, Pharma, IT-Dienstleistungen, Finanz- und Versicherungssektor, aber auch Rechtsberatung und Wirtschaftsprüfung. Je höher der Bildungsabschluss, desto stärker sei die statistische Betroffenheit einzelner Personen.
Österreichs Herausforderung liege jedoch darin, die Potenziale systematisch zu nutzen: „Unterstützungsangebote für Unternehmen, der Ausbau digitaler Kompetenzen in Bildung und Weiterbildung, leichterer Zugang zu Risikokapital und eine stärkere europäische Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung sind zentrale Hebel“, bekräftigte die Ökonomin.
Zudem berücksichtigt die Studie die Implikationen des EU-AI-Acts: Regulierung schafft Klarheit und Vertrauen, kann aber bürokratische Aufwände erhöhen und Wettbewerbsnachteile gegenüber außereuropäischen Unternehmen erzeugen.
„Ein modernes Bildungssystem sei entscheidend, um Fachkräfte auf die digitale Zukunft vorzubereiten. Nur so können junge Menschen die Chancen von KI und Technologie effektiv nutzen und die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs sichern“, resümierte Köppl-Turyna. Es gehe ihr nicht nur um mehr Tempo, sondern auch um mehr Richtung und Struktur, damit Österreichs Wettbewerbsfähigkeit gesichert sei.