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Wachstumsbremse Bürokratie lösen

„Salzburgs Betriebe leiden unter einem bürokratischen Korsett, das sie massiv einengt und das gleichzeitig als Wachstumsbremse wirkt“, betonte WKS-Präsident Peter Buchmüller heute bei einem Pressegespräch in der Wirtschaftskammer Salzburg.

Lesedauer: 6 Minuten

Aktualisiert am 11.09.2025

Ein Gutteil dieser teils überbordenden Bürokratie komme aus Brüssel und werde leider allzu oft durch Gold Plating der heimischen Gesetzgebung sogar noch verstärkt. „Aber auch der heimische Amtsschimmel braucht dringend eine Diät. Österreich muss der Regulierungswut endlich Einhalt gebieten und den eigenen Gesetzes- und Vorschriftendschungel, der immer komplexer wird, durchforsten. Unnötige Bürokratie bindet finanzielle und personelle Ressourcen, die man effizienter einsetzen kann“, bekräftigt Buchmüller. Angesichts der demografischen Entwicklung und des dadurch drohenden Arbeitskräftemangels sei ein maßvoller Bürokratieaufwand für die Wirtschaft, die Bevölkerung, aber auch für die Verwaltung und Behörden existenziell. Laut Schätzungen der KMU Forschung Austria kostet die Bürokratie in Österreich jährlich zwischen 10 und 15 Mrd. €, diese Zahlen entsprechen zwischen 2,6% und 3,8% des Bruttoinlandsprodukts (BIP). 

Eine Studie von Deloitte, an der kürzlich 500 heimische Industriebetriebe teilgenommen haben, hat ergeben, dass eine überbordende Bürokratie zu den wichtigsten Beweggründen zählt, Investitionen ins Ausland zu verlagern. Ein schlanker Staat mit einer effizienten Verwaltung ist die Grundlage für einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort. „Aufgrund der angespannten Budgetlage ist der Bürokratieabbau ein fast kostenneutraler Hebel, um die Wirtschaft wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu bringen“, ist Buchmüller überzeugt. Allerdings müssten notwendige rechtsstaatliche Regulierungen von unnötigem Ballast, der über Bord geworfen werden kann, unterschieden werden.

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© WKS/Neumayr WKS-Präsident KommR Peter Buchmüller (links) und Dr. Christoph Fuchs, Leiter der WKS-Stabstelle Wirtschafts- und Standortpolitik, präsentierten die Umfrage und die Vorschläge.

WKS-Umfrage: 80% von unverhältnismäßiger Bürokratie betroffen 

Die Wirtschaftskammer Salzburg hat eine Blitzumfrage mit dem Titel „Bürokratieabbau JETZT!“ durchgeführt, an der 959 Unternehmen teilgenommen haben. Die Frage: „Wurde Ihr Unternehmen in der letzten Zeit mit unverhältnismäßiger Bürokratie konfrontiert?“, beantworteten 80% der Betriebe mit „Ja“. „Das ist ein sehr hoher Wert. Bedenkt man außerdem die hohe Bereitschaft der Unternehmen, an der WKS-Umfrage teilzunehmen, unterstreicht das insgesamt, dass der hohe Aufwand für die Bewältigung der anfallenden Bürokratie in vielen Betrieben ein Reizthema ist“, erklärt Christoph Fuchs, Leiter der WKS-Stabstelle Wirtschafts- und Standortpolitik.

Je nach Unternehmensgröße ist jedoch die Betroffenheit unterschiedlich stark ausgeprägt: 

  • Ein-Personen-Unternehmen (EPU) sind mit 59% weniger betroffen
  • Bei Unternehmen mit bis zu 50 Arbeitnehmern liegt der Anteil bereits bei 87%
  • während in Betrieben ab 50 Arbeitnehmern sogar jedes Unternehmen, das teilgenommen hat, über unverhältnismäßig hohen Bürokratieaufwand klagt.

Auch zwischen den Branchen zeigen sich größere Unterschiede. Am stärksten betroffen sind die Sparten Bank und Versicherung (94%), vor der Industrie (92%) sowie der Transportwirtschaft und dem Handel (jeweils 87%).

Wo sind bürokratische Belastungen am größten?

Knapp mehr als die Hälfte der Befragten (51%) sehen in Steuern und Abgaben die größten bürokratischen Belastungen, gefolgt von Datenschutz und Sicherheit (44%) und Arbeitsrecht sowie Arbeitnehmerschutz (41%). Anders sieht es bei der Betrachtung nach Firmengröße aus:

  • EPU sehen sich überdurchschnittlich stark von Steuern und 
    Abgaben sowie Datenschutz und Datensicherheit betroffen.
  • Für Unternehmen mit bis zu 50 Arbeitnehmern stellen Arbeitsrecht und Arbeitnehmerschutz die größte bürokratische Herausforderung dar.
  • In Unternehmen ab 50 Arbeitnehmern stehen hingegen Beauftragte und 
    Sicherheitsvorschriften an erster Stelle der Belastungen.

Noch einmal unterschiedlich fällt die Betrachtung nach Sparten aus. „Banken und Versicherungen sind naturgemäß stärker von Datenschutz und Sicherheit betroffen als Betriebe anderer Sparten, während die Industrie sich mit mehr bürokratischem Aufwand für Genehmigungen von Produkten und Anlagen, statistischen Erhebungen sowie im Bereich Umwelt, Abfall und Klimaschutz konfrontiert sieht. Unternehmen des Gewerbes und Handwerks wiederum orten einen hohen Aufwand bei öffentlichen Vergaben und Förderungen“, analysiert Fuchs.

Bürokratie bindet 10.000 Menschen in Salzburger Betrieben

Um die Einhaltung staatlicher Vorschriften gewährleisten zu können, müssen die Unternehmen ein hohes Maß an personellen und zeitlichen Ressourcen aufwenden. Durchschnittlich entfallen 13% der Gesamtarbeitszeit von Unternehmerinnen und Unternehmern sowie Angestellten in den Betrieben auf die Bewältigung der bürokratischen Vorgaben. Hochgerechnet sind es geschätzt rund 10.000 Personen (Vollzeitäquivalente) in der Wirtschaft, die mit rein administrativen Tätigkeiten beschäftigt sind. 


Wenn der Amtsschimmel reitet – kuriose Beispiele aus der Praxis

Im Zuge der WKS-Umfrage hatten Unternehmen die Möglichkeit, Beispiele für unverhältnismäßige Bürokratieaufwände zu nennen. Im Folgenden einige der Nennungen:

  • Tonnagebeschränkung
    Während in Kärnten mit einer Dauerbewilligung eine Tonnagebeschränkung von 50 Tonnen gilt, ist sie in Salzburg mit 44 Tonnen begrenzt. Bei einem genannten Beispiel konnte ein Transportunternehmen mit 50 Tonnen Schadholz aus Kärnten, die für die Verarbeitung im Lungau vorgesehen waren, nur bis zum Katschbergtunnel fahren. Vor der Landesgrenze mussten sechs Tonnen abgeladen werden.
  • Zweimalige Baubewilligung
    Ein Wohngebäude mit drei Vollgeschoßen wurde um 9 cm niedriger gebaut als bewilligt. Die Behörde stellte fest, dass dies keine geringfügige Abweichung darstellt, sodass der Bauträger für das bereits errichtete Gebäude nochmals um eine Baubewilligung inklusive Originalplan in dreifacher Ausfertigung ansuchen musste.
  • Genehmigung eines Tellerlifts
    Als im Flachgau ein bestehender Babylift durch einen Tellerlift ersetzt werden sollte, meldete sich die Landesumweltanwaltschaft mit einer Auflage: Der Betrieb soll erst ab einer Mindestschneelage von einem halben Meter Naturschnee ermöglicht werden. Derartige Auswüchse an Bürokratie sind Bremsklötze für Investitionen der Wirtschaft. 
  • Überprüfung von Hüpfburgen
    Die jährliche Überprüfung von zwei Hüpfburgen kostet zweimal 250 €. Bei Einnahmen von 2 € pro Kind müssten 250 Kinder hüpfen, damit die Kosten für die Überprüfung eingespielt werden.

Was es jetzt braucht – Lösungsansätze aus der Wirtschaft

„Als regionale Interessenvertretung wollen wir vorrangig Vereinfachungen in der Landesgesetzgebung ins Visier nehmen und in Abstimmung mit dem Land Salzburg versuchen, für die Unternehmen einen effizienten Ordnungsrahmen zu finden, der mit einem schlanken und klaren Regelwerk auskommt“, betont WKS-Präsident Buchmüller. Auf Landesebene werden bei Gesetzes- bzw. Verordnungsvorhaben in den Erläuterungen die Folgekosten für die Verwaltung, allerdings kaum für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Unternehmen angeführt. Dies wäre jedoch notwendig, um bei der Gesetzgebung ein Bewusstsein für eine effiziente Verwaltung zu schaffen. „Die WKS bringt bereits jetzt bei Begutachtungsverfahren aktiv Vorschläge ein, um Gold Plating und Überregulierungen im Landesrecht aufzuzeigen“, sagt Fuchs. 

Mit einer neuen Anlaufstelle in der WKS (E-Mail: buerokratieabbau@wks.at), bei der Überregulierungen und überbordende Bürokratie gemeldet werden können, kann diese Vorgehensweise noch weiter verstärkt werden. 

Damit die Flut an Genehmigungs-, Dokumentations-, Berichts- und Meldepflichten für Unternehmen eingedämmt wird, schlägt die WKS folgende Maßnahmen auf Landesebene vor: 

  • Folgekostenabschätzung für Landesgesetze
    Für neue und novellierte Landesgesetze und Verordnungen sollten in den Erläuterungen nicht nur die Kosten für die Verwaltung, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Unternehmen verpflichtend erhoben und transparent ausgewiesen werden.
  • Neues Deregulierungspaket
    Das Paket soll auf Bestandsnormen des Landes im Hinblick auf Gold Plating, Doppelgleisigkeiten, Zielkonflikte und Gutachtenflut abgestellt werden. Gerne bringt sich die WKS auch in den im Arbeitsprogramm der Landesregierung vorgesehenen Deregulierungsprozess ein.
  • Beauftragter für Deregulierung
    Ein weisungsfreier Deregulierungsbeauftragter sollte in der Landesamtsdirektion installiert und mit folgenden Kompetenzen ausgestattet werden:
    • Begleitende Kontrolle bei der Beschlussfassung von Gesetzen und Verordnungen zur Sicherstellung einer bürokratieschonenden Legistik (sog. „Legistik-TÜV“) 
    • Einbindung bei landesinternen Verwaltungsstruktur- und Aufgabenreformen
    • Einbindung bei der Digitalisierung von Verwaltungsverfahren, insbesondere bei „Massen“-Verfahren oder in den Bewilligungsverfahren zu Investitionen der Wirtschaft
    • Etablierung eines „Bürokratie-Index“ etwa durch die Auswertung der Verfahrensdauer (im Benchmark zu anderen Bundesländern) und die Einführung eines digitalen „Bürger-Feedback-Systems“ nach Abschluss von Verwaltungsverfahren
    • Erstellung eines jährlichen Berichtes an den Salzburger Landtag über die Fortschritte beim Bürokratieabbau (Ex-post-Evaluierungen)

Im Wettbewerbsranking des Internationalen Instituts für Managemententwicklung sei Österreich vom 16. (2020) auf den 26. Rang (2025) zurückgefallen. Das wird meist mit der überbordenden Bürokratie und den hohen Steuern begründet. „Wir brauchen deshalb beim Bürokratieabbau endlich deutliche Ergebnisse und Entlastungen für die heimischen Unternehmen auf europäischer, nationaler, aber auch auf regionaler Ebene. Die Betriebe warten schon viel zu lange darauf. Eine Verringerung der regulatorischen Belastung befreit die Betriebe von unnötigen Fesseln und hebt die Wettbewerbsfähigkeit“, resümiert Buchmüller. 

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Foto 2: WKS-Präsident KommR Peter Buchmüller (links) und Dr. Christoph Fuchs, Leiter der WKS-Stabstelle Wirtschafts- und Standortpolitik, präsentierten die Umfrage und die Vorschläge. © WKS/Neumayr